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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 34.1918

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I. Teil: Abhandlungen
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Berenson, Bernard: Eine Wiener Madonna und Antonellos Altarbild von S. Cassiano
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https://doi.org/10.11588/diglit.6169#0051
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Rinc Wiener Madonna und Antonellos Altarbild von S. Cassiano.

41

in Venedig malte. Ob sie früher
entstanden sein kann, brauchen
wir gar nicht zu erörtern; denn
ein ernsthafter Kenner wird diese
Frage nie stellen. Das Gesicht
der Madonna und Typus und
Bewegung des Kindes haben so-
viel Ähnlichkeit mit Gesichtern
und Figuren, die Bellini um
1475 malte, daß sie wahrschein-
lich schon den Einfluß zeigen,
den der Venezianer auf den Sizi-
lianer ausgeübt hat. Aus alldem
können -wir mit großer Wahr-
scheinlichkeit den Schluß ziehen,
daß unsere Madonna im Jahre
1475 entstanden ist, und wir wer-
den später sehen, daß dieser
Umstand einige Bedeutung hat.

Über diese zeitlichen und
formalen Fragen hinaus finden wir
in der Wiener Madonna nichts,
was uns hinderte, das Bild An-
tonello zuzuschreiben. Auch ist
meiner Ansicht nach in seiner
Qualität nichts, was dieser unserer
Behauptung widerspräche. Wenn
ich die Verputzungen und den
Mangel an Glanzlichtern in Be-
tracht ziehe, so rinde ich die
Modellierung der Fleischteile für
jeden der größeren Künstler des
Quattrocento gut genug und eines
Antonello nicht unwürdig. Das
Bild zeigt die Großzügigkeit, die
Breite und die sorgfältige Durch-
führung jener Entwicklungsstufe,
die wir bei einem Werke erwar-
ten müssen, das zwischen der
Syrakusaner «Verkündigung» und
dem Dresdener «Sebastian» ent-
standen ist. Die Draperien sind
so folgerichtig und geschmack-
voll wie in jedem seiner ande-
ren Werke und an dem Halstuch
ist die Art bemerkenswert, wie

es in uns die Empfindung von Gewicht und Form des Kopfes der Jungfrau wachruft. Eben-
sowenig kann ich irgendetwas in der Art der Zeichnung finden, was Antonello ausschließen
würde.

xxxiv. 6

Fig.;

Antonello da Messina, St. Sebastian.
Dresden, königl. Gemäldegalerie.
 
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