Fügers künstlerischer Entwicklungsgang.
Taf. XXIX} besonders charakteristisch. Ebenso wie
bei den Feldherrnbildnissen, zeigt sich hier auffallend
die Überwindung des barocken Schwunges und anderer-
seits ein Rest der früheren repräsentativen Auffassung.
Bei Batoni und Maron finden wir nahe verwandte Proben
in den Bildnissen hoher Persönlichkeiten. Führte der höfi-
sche Barockmaler unseren Blick durch allerlei gebrochene
Linien des gerafften Vorhanges und der überschneiden-
den Architekturstücke kreuz und quer in das Bild hinein,
so läßt Füger die schwere, kaum bewegte Draperie tief
herunterhängen, so daß die Gestalt sich nahezu flach
und reliefartig von diesem fast zu einförmiger Wand
gewordenen Hintergrund abhebt und nur ein kleiner
Ausblick auf einen Säulenschaft, bzw. eine Ecke der
Halle (wie bei Ertal und Kaiser Franz II.) sichtbar wird.
Die Gestalten sind fast bis zur Bewegungslosigkeit er-
starrt; der Kaiser hält in steifer Pose die Rechte in die
Hüfte gestemmt, der Kurfürst steht in gemessener Würde,
ruhig aus dem Bilde hervorblickend, vor seinem Thron-
sessel; nur die Kaiserin greift in etwas gezierter, je-
doch wirksamer Bewegung auf das Miniaturbildnis ihres
Gatten, welches an einer Brillantkette um ihren Hals
hängt. Auf eine sorgfältige Ausführung der Köpfe ist
besonderes Gewicht gelegt; der jugendliche Kaiser ist
ganz lebenstreu dargestellt, während die Gesichtsformen
der Kaiserin sichtlich verschönt und verjüngt sind. Bei
Abb. 346. Füger, Bildnis des Grafen Saurau.
Schabblatt von Pichler nach dem Original von Füger
in der Landesbildergalerie, Graz.
allen dreien wird die hoheitsvolle Miene zur Schau ge-
tragen, sowie die Distanz, die den Dargestellten vom Beschauer trennt. Die barocke Tradition klingt immer
noch in den satten Farbtönen nach. Beim Kaiserbild ist es ein Schwelgen in Rot und Gold, auch beim
Kurfürstenbildnis herrschen rote Töne vor, auf dem Porträt der Kaiserin, das größtenteils unfertig geblieben
ist, dominiert die blaue Farbe des nach romantisch-altertümlicher Mode geschnittenen Kleides.
Dieselbe Auffassung in vollendetster Form zeigt uns das 1790 datierte Miniaturporträt von Fügers
Gönnerin, der Königin Maria Caroline von Neapel (Abb. Leisching, Taf. XI), die, trotz der von dem Bilde
ausgehenden Atmosphäre der Unnahbarkeit, höchst lebendig auf den Beschauer blickt.
In jene Gruppe von Bildnissen vorwiegend repräsentativer Art gehört auch das Porträt von Fügers
Gattin in der Österreichischen Galerie. Es zeigt die feinen, etwas scharfen Züge der kränklichen Frau, die
Füger bald nach ihrer Verheiratung in einem Miniaturbildnis (Österreichische Galerie) angeblich als »Emilia
Galotti« porträtiert hatte; ihre idealisierten Züge hat er nach H. Raabs Meinung auch seinen mythologischen
Frauengestalten jener Zeit, Ariadne und Dido, verliehen. Ein Rötelentwurf zur Gestalt der Dido, eine der
reizvollsten Zeichnungen unseres Meisters, macht diese Behauptung nicht ganz unwahrscheinlich. Das große
Porträt kommt in der Wirkung den Miniaturen der Neunzigerjahre am nächsten. Es liegt eine ähnliche
duftige Atmosphäre um Kopf und Gestalt. Am nächsten scheint ihm in der Auffassung des Modelles das
Bildnis der Kaiserin Maria Ludovica zu stehen, wenn wir dabei von der starken Betonung des Hoheitlichen
absehen. Es ist derselbe pyramidale Aufbau der Gestalt und die gleichen duftigen Hüllen, welche um den
Körper wolkenähnlich flattern, sowie die nach romantischer Mode geschnittenen dunklen Atlaskostüme mit
den in breiten, silbrigen Pinselstrichen angegebenen Lichtreflexen.
Obwohl, wie wir gesehen haben, bei Fügers Bildnissen der Neunzigerjahre der Hauptakzent auf das
Dekorative der äußeren Erscheinung des Menschen gelegt wird und die besondere Stellung der Persönlich-
keit, die sie der Umwelt gegenüber einnimmt, betont ist, so sind uns andererseits eine Anzahl von Bei-
spielen aus eben derselben Zeit erhalten, in denen der individuelle Charakter stärker hervorgehoben, die Auf-
fassung eine einfachere und natürlichere geworden ist: Merkmale, die später immer ausgeprägter hervortreten.
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Taf. XXIX} besonders charakteristisch. Ebenso wie
bei den Feldherrnbildnissen, zeigt sich hier auffallend
die Überwindung des barocken Schwunges und anderer-
seits ein Rest der früheren repräsentativen Auffassung.
Bei Batoni und Maron finden wir nahe verwandte Proben
in den Bildnissen hoher Persönlichkeiten. Führte der höfi-
sche Barockmaler unseren Blick durch allerlei gebrochene
Linien des gerafften Vorhanges und der überschneiden-
den Architekturstücke kreuz und quer in das Bild hinein,
so läßt Füger die schwere, kaum bewegte Draperie tief
herunterhängen, so daß die Gestalt sich nahezu flach
und reliefartig von diesem fast zu einförmiger Wand
gewordenen Hintergrund abhebt und nur ein kleiner
Ausblick auf einen Säulenschaft, bzw. eine Ecke der
Halle (wie bei Ertal und Kaiser Franz II.) sichtbar wird.
Die Gestalten sind fast bis zur Bewegungslosigkeit er-
starrt; der Kaiser hält in steifer Pose die Rechte in die
Hüfte gestemmt, der Kurfürst steht in gemessener Würde,
ruhig aus dem Bilde hervorblickend, vor seinem Thron-
sessel; nur die Kaiserin greift in etwas gezierter, je-
doch wirksamer Bewegung auf das Miniaturbildnis ihres
Gatten, welches an einer Brillantkette um ihren Hals
hängt. Auf eine sorgfältige Ausführung der Köpfe ist
besonderes Gewicht gelegt; der jugendliche Kaiser ist
ganz lebenstreu dargestellt, während die Gesichtsformen
der Kaiserin sichtlich verschönt und verjüngt sind. Bei
Abb. 346. Füger, Bildnis des Grafen Saurau.
Schabblatt von Pichler nach dem Original von Füger
in der Landesbildergalerie, Graz.
allen dreien wird die hoheitsvolle Miene zur Schau ge-
tragen, sowie die Distanz, die den Dargestellten vom Beschauer trennt. Die barocke Tradition klingt immer
noch in den satten Farbtönen nach. Beim Kaiserbild ist es ein Schwelgen in Rot und Gold, auch beim
Kurfürstenbildnis herrschen rote Töne vor, auf dem Porträt der Kaiserin, das größtenteils unfertig geblieben
ist, dominiert die blaue Farbe des nach romantisch-altertümlicher Mode geschnittenen Kleides.
Dieselbe Auffassung in vollendetster Form zeigt uns das 1790 datierte Miniaturporträt von Fügers
Gönnerin, der Königin Maria Caroline von Neapel (Abb. Leisching, Taf. XI), die, trotz der von dem Bilde
ausgehenden Atmosphäre der Unnahbarkeit, höchst lebendig auf den Beschauer blickt.
In jene Gruppe von Bildnissen vorwiegend repräsentativer Art gehört auch das Porträt von Fügers
Gattin in der Österreichischen Galerie. Es zeigt die feinen, etwas scharfen Züge der kränklichen Frau, die
Füger bald nach ihrer Verheiratung in einem Miniaturbildnis (Österreichische Galerie) angeblich als »Emilia
Galotti« porträtiert hatte; ihre idealisierten Züge hat er nach H. Raabs Meinung auch seinen mythologischen
Frauengestalten jener Zeit, Ariadne und Dido, verliehen. Ein Rötelentwurf zur Gestalt der Dido, eine der
reizvollsten Zeichnungen unseres Meisters, macht diese Behauptung nicht ganz unwahrscheinlich. Das große
Porträt kommt in der Wirkung den Miniaturen der Neunzigerjahre am nächsten. Es liegt eine ähnliche
duftige Atmosphäre um Kopf und Gestalt. Am nächsten scheint ihm in der Auffassung des Modelles das
Bildnis der Kaiserin Maria Ludovica zu stehen, wenn wir dabei von der starken Betonung des Hoheitlichen
absehen. Es ist derselbe pyramidale Aufbau der Gestalt und die gleichen duftigen Hüllen, welche um den
Körper wolkenähnlich flattern, sowie die nach romantischer Mode geschnittenen dunklen Atlaskostüme mit
den in breiten, silbrigen Pinselstrichen angegebenen Lichtreflexen.
Obwohl, wie wir gesehen haben, bei Fügers Bildnissen der Neunzigerjahre der Hauptakzent auf das
Dekorative der äußeren Erscheinung des Menschen gelegt wird und die besondere Stellung der Persönlich-
keit, die sie der Umwelt gegenüber einnimmt, betont ist, so sind uns andererseits eine Anzahl von Bei-
spielen aus eben derselben Zeit erhalten, in denen der individuelle Charakter stärker hervorgehoben, die Auf-
fassung eine einfachere und natürlichere geworden ist: Merkmale, die später immer ausgeprägter hervortreten.
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