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Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 1
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Rubensohn, Otto: Aus griechisch-römischen Häusern des Fayum
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0028
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Rubensobn, Aus griechisch-römischen Häusern des Fayum.

19

Kopf zum Vorschein kommen, bilden einen Bestandteil dieses Diadems. Chiton und
Mantel bilden auch die Tracht der Göttin, beide Gewandstücke sind weiß. Sie hat
kurz gelocktes Haar, aus dem in der Höhe der Schläfen zwei Widderhörner hervor-
schauen. Der Halsausschnitt des Chiton ist mit einer Borte verziert, auf die Schleifen
oder Rosetten mit herunterhängenden verschiedenfarbigen Bändern gesetzt sind, die
also aufgenäht zu sein scheinen. Das Motiv kehrt bei einem Mumienporträt des Kairener
Museums (unpubliziert) wieder. Um den Hals trägt auch die Göttin ein Halsband, das
vorn mit einem Schmuckstück geziert zu sein scheint, seine Formen sind nicht mehr
deutlich zu unterscheiden. Die mit Sandalen bekleideten Füße ruhen auf einem
Schemel ganz gleich dem ihres Genossen. In der gesenkten Rechten hält die Frau
einen Blütenzweig, mit der linken Hand, an deren Fingern ebenfalls zwei Ringe
sichtbar werden, faßt sie ein Büschel Ähren. An der linken Schulter ruht ein Szepter,
dessen oberes Ende im Rahmen verschwindet. Der Kopfschmuck ist auch hier
nicht mehr ganz deutlich, es scheint das ägyptische Göttinnendiadem in etwas
verkümmerter Form zu sein. Beide Gottheiten haben Nimbus und Strahlenkranz,
von deren ehemaliger Vergoldung nur die Unterlage übrig geblieben ist.
Über der Thronlehne, zwischen den Köpfen der beiden Gottheiten, erscheint
eine kleine nach links stehende oder schreitende Figur. Vom Kopf ist nur noch
der dunkle Haarschopf zu erkennen, das Gesicht ist zerstört. Die rechte Hand hält
einen Stab, der an seinem oberen Ende mit einer länglichen Öse endet, und gleich-
zeitig einen Gegenstand, der wie eine Geißel aussieht; in der linken Hand erscheint
das Lebenszeichen. Unten in der Mitte vor dem Thron, zwischen den beiden Fuß-
schemeln, steht ein kleiner Widder nach rechts hin gewandt.
Die künstlerische Bedeutung des Bildes ist außerordentlich gering. Von
einer koloristischen Wirkung kann bei den stumpfen Farbentönen nie die Rede
gewesen sein, die Zeichnung ist ungeschickt und unfein. Die Perspektive ist arg
mißlungen, die Faltengebung der Gewänder steif, unnatürlich und von einem beinahe
kindlichen Schematismus. Die Umrißlinien, die die nackten Arme und Hände
begrenzen, sind plump und erscheinen z. T. wie mit dem Lineal gezogen. Am
besten sind verhältnismäßig noch die Gesichter gelungen, denen insbesondere die
großen runden, schwärmerisch nach oben gerichteten Augen mit den geschwungenen
Augenbrauen Ausdruck verleihen. Die Benennung der dargestellten Gottheiten ist
durch die Attribute und die äußeren Fundumstände gegeben. Der Gott mit dem
Krokodil auf der Hand muß Suchos oder eine Hypostase dieses Wassergottes des
Fayums sein. Da das Bild in Tebtynis gefunden ist, so ist es sicherlich Σοκνεβτΰνις,
die Gestalt des großen Gottes, unter der er, wie wir aus den Tebtynis-Papyri wissen,
in Tebtynis verehrt wurde23. Das Hauptheiligtum von Tebtynis war, wie ich einer
freundlichen Mitteilung Grenfells entnehme, geweiht dem Soknebtynis, der Isis, dem
Harpokrates und dem Sarapis. Letzterer ist hier offenbar nur ein συνναος θεός, die
eigentliche Göttertrias bilden die drei erstgenannten Gottheiten. Isis mit dem

23) Vgl. Grenfell and Hunt, Tebtynis-Papyri I, S. J72 u. ö.
 
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