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Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 2
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Pfuhl, Ernst: Das Beiwerk auf den ostgriechischen Grabreliefs, 1, Die Denkmäler
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0100
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Pfuhl, Das Beiwerk auf den ostgriechischen Grabreliefs.

91

viereckiger Basis erhebt sich ein glattes, oben gerade abgeschnittenes Spitzsäulchen* * * * * 193.
Sitzt nun darauf der Konus, so ist dies nur eine ausgebildete, nicht aber eine aus
zwei verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzte Form. Die Spitzsäule ohne
Aufsatz ist gleichbedeutend mit Schaft und Knauf, nicht nur mit dem seiner
bezeichnenden Form wegen oft allein erscheinenden Knaufe194. Hält man sich dies
gegenwärtig, so findet man in vielen, selbst viereckigen, Cippen die gleiche Zu-
sammengehörigkeit von Knauf und Schaft deutlich ausgedrückt. Die gleiche Grund-
form zeigen nun die asiatischen Phalloide, deren einfachste Bildung aus Schaft und
kugeligem Kopf sich zu allen Zeiten neben stärker stilisierten Formen erhalten hat’95.
Daß diese Grabaufsätze ursprünglich Phallen bedeuteten, ist gesichert durch Alfred
Kortes Nachweis, dem gegenüber die beliebten Einwände, die man aus dem Fehlen
der Hoden und aus der weitgehenden Stilisierung holte, durchaus hinfällig werden.
Wie früh man den Ursprung vergaß, tut wenig zur Sache.
Die Herleitung des Konus aus dem Phallos muß also als mindestens gleich-
berechtigt mit der aus dem Tumulus gelten. Jedenfalls ist der Phalloid älter und
erst seine starke Stilisierung erlaubte, ihn mit der jüngeren Form zu verschmelzen196.

DER ALTAR.
Über die auf den Grabreliefs dargestellten Altäre bedarf es nur weniger
Worte; weiteres ist im vorigen und in den beiden nächsten Abschnitten enthalten.
Die Reliefs scheiden sich in solche, auf denen der Altar dem Zusammenhang der
Szene nach als auf dem Grabe stehend zu betrachten ist, und in andere, wo er
außerhalb des Zusammenhanges als Symbol des Totenkultes erscheint. Bei der
Freiheit, mit welcher die Steinmetzen ihre Typen verwendeten, ist diese Scheidung
jedoch nicht streng durchzuführen. Zur ersten Gattung gehören alle die Reliefs,
welche den Toten am Altäre, meist selbst spendend oder Spende empfangend
zeigen, also die Mehrzahl der Reiterreliefs und andere von ähnlicher Typik. Der
Altar ist hier gewöhnlich mit dem Baume verbunden und oft nimmt die Schlange
Speise und Trank an; auf einem Reiterrelief umwindet sie statt des Baumes den
Altar197. Bemerkenswert ist eine makedonische Stele: im Bildfeld erscheint nur der

193) TV'öZ. sc. 1890 S. 76, 1899 S· 479 Abb. 2.
J94) Sind Spitzsäulen oder kleine Phalloide, ihrer
zwei nebeneinander, von zwei hellenistischen
Grabaltären aus Rhodos und aus Lykien abge¬
brochen? Benndorf-Niemann, Reisen I S. 26
Abbild. 22 und Brit. Mus. Cat. Nr. 724, Phot.
G. R. 669.
195) Altphrygisch: Athen. Mitt. 1899 T. I 1; alt¬
jonisch: Berlin Nr. Ii5if.; Kaiserzeit, aus
Smyrna, im Louvre: siehe Anm. 192.
19G) Vgl. Dragendorff, Thera II S. 103 Anm. 68.
Diese Andeutungen müssen hier genügen. Er-
schöpft ist das Thema keineswegs, so lange
nicht alle verwandten Denkmäler von den

Menhirs bis zu den heiligen Coni, Spitzsäulen,
Obelisken der Orientalen zusammenfassend kri-
tisch behandelt sind. Es sei nur noch auf die
als Grabmäler geltenden indischen Monumente
jRev. arch. 1877 T. 25 hingewiesen. An dem
einen ist eine nackte Frau in Relief dargestellt,
vgl. die Terrakotte bei Körte a. a. Ο. T. I 2
und ein vorgeschichtliches Kuppelgrab in Süd-
frankreich: die Innenseite der Schlußplatte,
welche die im Kreis gelagerten Toten ansahen,
zeigt eine rohe Frauengestalt (Montelius, Der
Orient und Europa S. 6of.).
197) Berlin Cat. Nr. 810; vgl. die von plastischen
Schlangen umwundenen Altäre, oben S. 85.
 
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