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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 4
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Engelmann, Richard: Zu den Phoenissen des Euripides
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0194
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Engelmann, Zu den Phoenissen des Euripides.

I85

zum Kampfe sich anschickenden Brüdern sichtbar ist, auf Menoikeus oder, wie Benn-
dorf will, auf Tydeus gedeutet werden muß (Benndorf, Gjölbaschi 189, 193, Anm. i),
hängt davon ab, ob die betreffende Figur einen Helm trägt oder nicht. Das ist nach
der Abbildung, wahrscheinlich auch auf dem Original, wegen des trümmerhaften
Zustandes schwer zu entscheiden.· Über die betreffende Figur einer rotfigurigen
Vase aus dem Perserschutt der Akropolis s. u. S. 187. Daß nach Apollodor III 6, 7
Menoikeus vor die Mauer geht und sich an der Höhle des Drachen tötet (εαυτόν
προ των πυλών άπέσφαςεν), während er bei Eurip. Phoen. sich auf der Mauer über
dem Grabe tötet (v. 1012, 1098, 1320), so daß der Leichnam herabstürzt, ist ein
Unterschied, dem geringe Bedeutung zukommt. Das Grabmal wurde außerhalb der
Mauer, unweit des Neistischen Tores, gezeigt, und daran konnte also die Überliefe-
rung ohne weiteres anknüpfen, während Euripides, der die Stadt als von den Feinden
umzingelt darstellt, seine Dichtung nach den angenommenen Verhältnissen einrichten
mußte. Wird doch auch bei Euripides selbst die Höhle oder Wohnung des Drachen
am Fuße der Burgmauer als die eigentliche Opferstätte bezeichnet2.
Und unser Vasenbild? Ich denke, es wird mir leicht eingeräumt werden,
daß die innerhalb des sog. Tempels liegende nackte Jünglingsfigur deutlich vom
Maler als aus der Höhe herabgestürzt bezeichnet ist. Die Lage der Arme, des
Kopfes, das Fehlen jeder Waffe, ja man kann sagen, auch der Umstand, daß gar
keine Wunde angegeben ist, zeigt das Bestreben des Malers, den speziellen Fall
zu charakterisieren und dafür zu sorgen, daß man den Toten nicht etwa als einen
im Kampf Gefallenen auffassen kann; deshalb hat er sogar davon abgesehen, die
Wunden anzudeuten, die sich Menoikeus selbst beigebracht hat (σφάςας έμαυτόν v.
1013 und v. 1098 πύργων έπ’ άκρων στάς μελα'νδετον ξίφος λαιμών διήκε). Also Menoikeus,
der für die Stadt in den Tod geht und sich von der Mauer in die Tiefe stürzt; das
tempelförmige Gebäude muß entweder als ein nach Art eines Grabmales gestaltetes
Heiligtum des Drachen aufgefaßt werden, oder, was mir wahrscheinlicher ist, der
Künstler ist von dem in Theben unweit des Neistischen Tores und der Kampfstätte
der Brüder befindlichen Grabmal des Menoikeus ausgegangen (Paus. IX 25, I Θηβαίοις
δε τών πυλών έστιν εγγύτατα τών Νηιστέων Μενοικέως μνήμα του Κρέοντος), ohne sich des
Widerspruches bewußt zu werden, daß er die Leiche des Menoikeus in seinem erst
später zu errichtenden Grabmal ausgestellt sein läßt. Die beiden darin aufgehängten
Räder erinnern dann wohl daran, daß die Pferdezucht in Theben ganz besonders
gepflegt wurde. Für den Gebrauch, Räder in Tempeln und ähnlichen Orten aufzu-
hängen, führt Passeri Verg. Aen. VII 183 an:

multaque praeterea sacris in postibus arina
captivi pendent currus curvaeqtie seeures usw.

aber auch in der bildenden Kunst sind Beispiele nicht selten. (Mon. d. Inst. II
Taf. 12, VI, VII Taf. 11 u. a.) Daß in Eurip. Phoen. Kreon den Leichnam seines

2) Eurip. Phoin. 938:
δει τόνδε θαλάμαις, ού δράκων δ γηγενης
Jahrbuch des archäologischen Instituts XX.

έγένετο Διρκης ναμάτων έπίσκοπος,
σφαγέντα φόνων αίμα γη δούναι χοάς.
 
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