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Mai.
der kühlen Seite einer Mauer. Er ist zwar ganz winterhart,
und ein Busch von kräftigem, stämmigem Wuchs, und braucht
die Mauer weder zum Äalt noch zum Schutz; aber ich bin
dafür, den Gartenmauern die hübschesten Kleider anzuziehen,
die sie tragen können, und ich kenne keinen Strauch, der
ihnen besser steht. Außerdem ergibt es sich — da ein flacher
Mauerstrauch naturgemäß weniger Äolz treibt als ein runder
Busch, und da die Fronttriebe alle kurz geschnitten werden
müssen — daß dem übrig bleibenden Äolz viel mehr Kraft
zufließt, und dis Blütenschneebälle sehr viel größer werden.
Ich habe eine elf Fuß hohe Mauer gegen Norden mit
einem Schneeball zu beiden Seiten der Mauerpforte und
einer LIenmtw montana, die das Ganze oben krönt. Die
Beiden blühen zur selben Zeit, ihre Triebe freundschaftlich in ein-
ander verschlingend; und die Ungleichheit ihres Wesens macht
die Kameradschaft um so interessanter. Der Schneeball ist
ein hartholziger Geselle; sein Äauptstamm streckt sich mit
einer Art stocksteifer Geradheit empor, und nur die großen
weißen Bälle hängen mit einer gewissen Zwanglosigkeit von
den neugewachsenen Trieben herab. Die Clematis kommt
ihm mit einer ganz entgegengesetzten Wesensart entgegen, und
schwingt das schwere Lockengeflecht ihrer vielblumigen Guir-
landenmaffen um das Laupt ihres Gefährten; während hier
und dort ein vereinzeltes Blütenstrählchen auf eigene Land
sein Kränzlein windet. An der Südseite derselben Gartentür-
stehen zwei große Büsche von Lkois^n ternata, beladen mit
ihren orangeartigen Blüten. Strebepfeiler flankieren die
Gartentür auf dieser Seite, und vereinen sich über dem Tür-
bogen mit der Dicke der Mauer durch eine sanft ansteigende
Bedachung von breiten, flachen Steinen, in deren moosigen
Rissen und Spalten sich Grasnelken und ein paar kleine
Steinnelken angesiedelt haben, und sich als zartgefärbte Büschel
von ziemlich mattem, rosigem Ton abheben. Loch oben über
dem Ganzen hängt dieselbe weiße Clematis, von deren üppigen
Mai.
der kühlen Seite einer Mauer. Er ist zwar ganz winterhart,
und ein Busch von kräftigem, stämmigem Wuchs, und braucht
die Mauer weder zum Äalt noch zum Schutz; aber ich bin
dafür, den Gartenmauern die hübschesten Kleider anzuziehen,
die sie tragen können, und ich kenne keinen Strauch, der
ihnen besser steht. Außerdem ergibt es sich — da ein flacher
Mauerstrauch naturgemäß weniger Äolz treibt als ein runder
Busch, und da die Fronttriebe alle kurz geschnitten werden
müssen — daß dem übrig bleibenden Äolz viel mehr Kraft
zufließt, und dis Blütenschneebälle sehr viel größer werden.
Ich habe eine elf Fuß hohe Mauer gegen Norden mit
einem Schneeball zu beiden Seiten der Mauerpforte und
einer LIenmtw montana, die das Ganze oben krönt. Die
Beiden blühen zur selben Zeit, ihre Triebe freundschaftlich in ein-
ander verschlingend; und die Ungleichheit ihres Wesens macht
die Kameradschaft um so interessanter. Der Schneeball ist
ein hartholziger Geselle; sein Äauptstamm streckt sich mit
einer Art stocksteifer Geradheit empor, und nur die großen
weißen Bälle hängen mit einer gewissen Zwanglosigkeit von
den neugewachsenen Trieben herab. Die Clematis kommt
ihm mit einer ganz entgegengesetzten Wesensart entgegen, und
schwingt das schwere Lockengeflecht ihrer vielblumigen Guir-
landenmaffen um das Laupt ihres Gefährten; während hier
und dort ein vereinzeltes Blütenstrählchen auf eigene Land
sein Kränzlein windet. An der Südseite derselben Gartentür-
stehen zwei große Büsche von Lkois^n ternata, beladen mit
ihren orangeartigen Blüten. Strebepfeiler flankieren die
Gartentür auf dieser Seite, und vereinen sich über dem Tür-
bogen mit der Dicke der Mauer durch eine sanft ansteigende
Bedachung von breiten, flachen Steinen, in deren moosigen
Rissen und Spalten sich Grasnelken und ein paar kleine
Steinnelken angesiedelt haben, und sich als zartgefärbte Büschel
von ziemlich mattem, rosigem Ton abheben. Loch oben über
dem Ganzen hängt dieselbe weiße Clematis, von deren üppigen