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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 27
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Idar-Oberstein und seine Industrie
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0215
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Journal der Galdschmiedekunst

Amtliches Organ des Verbandes Deutscher
der Goldschmiede-Innungen zu BERLIN, BRAUNSCHWEIG,
KOLBERG, LEIPZIG, LIEGNITZ und SCHWEIDNITZ, der
der Goldschmiede-Werkgenossenschaft BERLIN (E. G. m. b.H.),
GÖRLITZ u. STETTIN und der Vereine der Juweliere, Gold-u.
und WESTFALEN, KÖLN, MÜNCHEN, WIESBADEN,



3uweiiere, Gold- und Silberschmiede,
CHEMNITZ, GERA-ALTENBURG, GLEIWITZ, GLOGAU,
Innung pfälz.Gold- u. Silberarbeiter (Sitz: NEUSTADT a.H.),
der Freien Vereinigungen der Gold- und Silberschmiede zu
Silberschmiede von BADEN, WÜRTTEMBERG, RHEINLAND
WÜRZBURG und des Regierungsbezirks FRANKFURT a. O.

LEIPZIG, Reidissfrasse 18-20

:: :: Erscheint jeden Sonnabend :: ::
in zwei sich abwechselnden Ausgaben.

29. Juni 1907.

28.
Jahrgang.


Nachdruck aller Artikel ohne Genehmigung der Redaktion ist verboten.

Idar-Oberstein und seine Industrie.

Abseits von den eigentlichen Zentren unserer Bijou-
terie-Industrie, fern von Pforzheim, Hanau und Gmünd,
geradezu versteckt durch hohe Felsen und anmutige
Wälder liegt ein Städte-Schwesterpaar, das recht eng
mit unserer ganzen Industrie verwandt ist und in dem
schon seit langem eine ziemliche Anzahl von Betrieben
darin wetteifern, ebenfalls ihre Erzeugnisse in alle Welt
zu verbreiten, um auch dort einen Beweis von dem
Fleiss und der Intelligenz der Einwohner dieser beiden
Städte zu geben. Oberstein-Idar, diese beiden Städte
im Grossherzoglich Oldenburgischen Fürstentum Birken-
feld, die „Perlen der Nahe“ genannt, liegen, ganz von der
Rheinprovinz umschlossen, am Südostabhang des Huns-
rück an der Nahe, die unmittelbar bei Oberstein den
mit starkem Naturgefäll beschenkten Idarbach aufnimmt,
wodurch insbesondere in der mit dem gleichen Namen
Idar bezeichneten Stadt die so aufblühenden Achat-
schleifereien ihre Niederlassungsberechtigung fanden.
In beschaulicher Abgeschiedenheit liegt dieses Fleckchen
Erde, bei dem sich in selten vorkommender Weise
Romantik und erhabene Naturschönheiten mit dem ha-
stenden, nimmerruhenden Weltgetriebe, der Industrie,
vereinen, und gleichsam als fürchte die graue Vorzeit,
den Schimmer altehrwürdigen Glanzes zu verlieren,
schliessen die Felsen und Tannenwälder diese gewerbs-
reichen Städtchen von allen Seiten ein und gestatten
nur dem Gebirge ihre Wässer in den engen Flussbetten
gen Tal zu wälzen, um tausenden von Menschen im
Kampfe ums Dasein unterstützend zur Seite zu stehen.
Oberstein-Idar, diese Schwesterstadt mit ihren ins-
gesamt etwa 13 —14 000 Einwohnern, ist geschichtlich
ebenso berühmt geworden, als es romantisch einen Platz
an erster Stelle einnimmt, und obwohl es hier zu weit
führen würde, alle die denkwürdigen Tage von Freud
und Leid deren Bevölkerung ins Gedächtnis zurückzu-
rufen, so legen die die Stadt einschliessenden Berge

nebst Burgen und Schlossruinen, insbesondere auch das
„Alte Schloss“, welches schon im 11. Jahrhundert ge-
standen haben soll, und das neue Schloss, welches im
Jahre 1855 durch einen Brand vollständig zerstört wurde,
nichts destoweniger auch die in einer unserer Abbil-
dungen ersichtliche, sagenumwobene „Felsenkirche“
ein beredtes Zeugnis ab, welche schweren Zeiten schon
diese beiden Städtchen mitgemacht haben. Und wenn
man nun in der Neuzeit sieht, welche Unmenge von
unermüdlichem Industriefleiss in diesen beiden Orten
zur Betätigung kommt, so müssen wir mit wahrer Hoch-
achtung auf dieses gewerbsreiche Stückchen Land her-
niedersehen, und wenn es auch seither etwas neben-
sächlich neben den anderen Industriestädten unserer
Branche betrachtet wurde, so hat doch die Zeit gelehrt,
dass diese Nichtbeachtung in manchen Fällen ungerecht-
fertigt erschien.
Wie schon eingangs erwähnt, hat die günstige Lage
und das starke Gefälle des Idarbaches eine geschickte
Vorbedingung geschaffen zur Gründung von Steinschlei-
fereien, dabei noch riesig begünstigt durch die Felsen-
gebilde der Umgebung, die im Süden aus dem Bunt-
sandsteingebiet des rheinischen Gebirgssystems besteht,
von der Nordseite von Rotliegendem bedeckt wird, das
vielfach von Porphyren und Metaphyren durchsetzt ist.
Die letzteren sind ein schwarzes, bräunliches oder
graues Gestein, in dessen Spalten und Klüften die Fund-
stätten der „Achate“ lagern, die für Oberstein und Idar
Lebenserwerb werden sollten. In dem Metaphyr bildeten
sich in sekundärer Zeit, wie bei fast allen vulkanischen
Gesteinsarten älterer Perioden, beim Erstarren derselben
grosse und runde Hohlräume, hervorgerufen durch
entweichende Gase. Diese Gesteine wurden durch ein-
dringendes Wasser zersetzt, Kieselsäure aus denselben
ausgelaucht und diese füllte zumeist die Hohlräume
als wasserhaltige Kieselsäure (Opal), als feinkörnige

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