1897
Nr. 1
turnen mrö HMauten
Rittmeister von Hausen: „Was haben Sic
da für ein wunderhübsches Bouquet in der Hand,
Herr Kamerad!"
Lieutenant von Müller: „Finden Sie?
Kleine Artigkeit für eine Dame."
v. Hausen: „Das machen Sie recht, immer
galant. Ich habe Sie schon oft mit solchen zar-
ten Aufmerksamkeiten kommen sehen! '
v. Müller: „Grundsatz, Herr Rittmeister.
Kleine Geschenke sind das beste Mittel, bei den
Weibcrsi Eingang zu finden."
v. Hausen: „So? Glauben Sie wirklich?"
v. Müller: „Aber gewiß. Am sichersten
wirkt der Schmuck. Gegen Brillanten gibt es
keine Vertheidigung. ^n dem Funkeln liegt
etwas Berauschendes fiir das weibliche Herz.
Brillanten sind freilich ein bischen thcuer, aber
Blumen in bescheidenem Maste, das leiste ich
mir, und ich versäume niemals, wo ich regel-
recht belagere, mit ein paar Rosen, einem Veilchen-
straust, oder auch schliestlich einem grasten Bou-
quet sozusagen Bresche zu legen."
v. tz ausen: „Diese Taktik pastt ganz zu Ihrer
Liebhaberei, den Damen Komplimente zu machen.
Ich bin oft erstaunt gewesen, wie schon Sie zu
schmeicheln verstanden. Die Engel flattern nur
so von Ihren Lippen, und die Göttinnen nicht
»nnder.
v. Müller: „Herr Rittmeister befolgen da
eine andere Taktik?^
v. Haufen: „Nun wahrhaftig, ich denke, es
heißt sich selber schon vor dem Kampfe zum
«leger erklären, lvenil man einer Dame sagt, sie
sei schon. Wenn ich der Gegenliebe sicher bin, dann
lobe ich gern, vorher aber hüte ich mich wohl."
v. Müller: „Herr Rittmeister haben aller-
dings einen sehr gefährlichen Ruf."
v. Hausen: „Lieber Himmel, ich bin nur
alter als Sie und habe mehr Erfahrung. Es
gab eine Zeit, wo ich noch viel Geld hatte, da-
mals habe ich den Damen groste Geschenke ge-
macht. Aber es waren nicht die feinsten Damen,
und zudem mustte ich sehen, dast zwar die Bril-
lanten genommen, aber nicht die Herzen gegeben
wurden. Ich erinnere mich da eines bildschönen
Kameraden, der noch dazu den Titel Hoheit
führte. Er war in eine Primadonna verliebt
und opferte ihr das Dreifache seines regelmästigen
prmzlrchen Zuschusses. Die Primadonna nahm
zur Lehre dicircn und konnte das um so leichter,
als ich mein Vermögen zum größten Thcile ver-
lor. Seitdem ich keine Ke mplimente mehr mache
und weder Diamanten noch Blumen überreiche,
habe ich viel mehr Glück beim schönen Geschlecht.
Jetzt bekomme ich die Bluinen."
v. Müller: „Interessant. Aber sollte das
Nicht Zufall sein? Wie erklären sich Herr Ritt-
meister das?'
v. Hausen: „Aber, mein Bester, haben Sie
den» jemals gesehen, dast sich eine Dame über
ein Kompliment gefreut hätte, weniges von
einem ihr glcichgiltigen Munde kkam?"
v. Müller: „Allerdings, da konnten Sie
Recht haben."
v. Hausen: „Wenn sic den Herrn nicht liebt,
so kan» er sich heiser reden mit Schmeicheleien,
ohne dast es sic rührt. Im Gegentheil, sie findet
ihn fad. Wenn sic ihn aber liebt, so braucht er
ihr keine Komplimente zu machen, denn sie findet
alles, tvas er vorbringt, entzückend."
v. Müller: „Also wäre jede Schmeichelei
überflüssig?"
v. Hausen: „In der That. Völlig über-
flüssig. Denn selbst wenn ich als wohlbestallter
Liebhaber schmeichle, sage ich doch eigentlich nur
mir selbst Komplimeutc. Ich sage mir damit, was
für ein verfluchter Kerl ich bm. Indessen findet
das Schmeicheln zuweilen darin seine Entschuldig-
ung, dast das Weibchen einen Trost bedarf, wenn
es fürchtet, nicht mehr geliebt zu werden."
v. Müller: „Und die Blumen?"
v. Hausen: „Sind von Nebel, ebenso wie
oie Komplimente. Die Damen nehmen die
Sträuste und lachen über den Geber. Niemals
darf ein Weib merken, dast man es liebt."
v. Müller: „Danach wäre die beste Taktik
den Weibern gegenüber, möglichst grob zu sein."
v. Hausen: „Halt, mein Bester! freveln Sie
nicht! Die Frauen sind ein edles, zartes Ge-
schlecht. Dazu ein wenig mehr vom Gefühl, als
vom Verstand geleitet. Sie folgen eiiffach ihrem
Herzen. Deshalb soll ein kluger Mann ab-
wartcu, was die Frau thut, und so lange er
wartet, soll er fein artig sein und so thun, als
hätte er kein Herz. Bemerkt die Frau ihn dann
und fängt an, ihn auszuzeichnen, so komntt alles
Ändere ganz von selbst."
v. Müller: „Wieso von selbst? Die An-
näherung must doch vom Manne kommen."
v. Hausen: „Gewist; aber nicht eher, als der
Erfolg sicher ist. Und unter allen Umständen
darf der Mann lvcder schmeicheln noch Geschenke
machen. Selbst wenn die Frau, wie sie ivohl
thut, Geschenke als Zeichen der Liebe verlangt,
darf der Mann sie nicht geben. Schenkt er, so
gewinnt sie die Oberhand, schenkt er aber nicht,
io fürchtet sic, noch nicht genug geliebt zu wer-
ben, und verdoppelt ihre Zärtlichkeit. Nur in
der Ehe darf der Mann schenken und schmeicheln:
da ist es aut, da ist es wohlangebracht, da
dekorirt es die Hauptsache."
v. Müller: „Soll der Mann also wie ein
Filz vor der Dame stehen, die er liebt? Pstü
Teufel, welche Ritterlichkeit wäre das! Sie wird
ihn verachtcil. Mit einem gewisse» Lächeln, das
so schlimm ist, wie ein Fußtritt, wird sic ihm
die Thiire weisen."-
v. Hausen: „Das heißt recht unverständig
gesprochen und ohne Kenntnist der Welt cjc-
urtheilt. Merken Sie sich, junger Mann: nie-
mals wird der Geizige verachtet. Noch keinem
Menschen hat es geschadet, wciin die Gesellschaft
ihn für einen ganz gemeinen Schmutziaii er-
klärte. Im Gegentheil, maii umschmeichelt ihn,
hofft immer, er werde doch noch einmal etwas
hcrausrückcn oder zum mindesten seine Erben
reich inachen, verehrt ihn darum und Hält ihn
für klüger als andere Leute."
v. Müller: „Aber in der Liebe! Aber vor
der Dame seines Herzens! Wie steht der Kerl da?"
v. Hausen: „Äußer dem schonen splendiden
Prinzeir diente iioch ein Kamerad von mir im
Regiments der mir als Gegenstück zu jenem
merkwürdig war. Ich weist nicht, ob er wirk-
lich kein Geld hatte, oder ob er geizig war,
genug, er gab nichts aus, fiir Weiber erst recht
nichts. Eine reiche Wittwe war in ihn verliebt.
Sie schenkte ihm zuerst Blumen, dann einmal
eine Reitpeitsche mit goldenem Griff, dann andere
elegante Sachen. Es ivurde sogar behauptet,
sie bezahlte st,ne Schulden, das heistt angebliche
Schuloen. Die ganze Sehnsucht der Dame war
nun darauf gerichtet, auch von ihm Geschenke zu
erhalten, als Beweise seiner Liebe, an der sie
ztvciselte. Sie nrachte ihm Sceiien, er aber blieb
zähe. Endlich schenkte er ihr zum Geburtstage
eine Brache aus Elfenbein, wofür er stinf Mark
opserte. Und was denken Sie? Die Dame,
glücklich und stolz, legte ihre Brillantbrochen bei
Seite und trug nur noch scm miserables Geschenk.
Glauben Sie mir: das Geld thut nichts zur
Liebe, es ist ganz unmöglich, Liebe zu kaufen,
und wahrhaft geliebt, Heist geküßt werden nach
Niemer Erfahrung nur die armen Teufel."
1 v v. Müller: „Aber wo ist denn da nur ein
vernünftiger Grund?"
v. Hausen: „Vernünftige Gründe gibt eS
in der Liebe nicht. Das Weib liebt oder liebt
nicht; westhalb, bas weiß keil, Mensch und sie
selber nicht. Sehen Sie, verehrtesterHerrKamerad,
ein jedes Liebespaar besteht aus zwei Personen,
von denen die eine liebt und die andere sich das
gefallen läßt. Sollteii Sie ciiiinal die Person
sein, die sich's gefallen läßt, so können Sie dreist,
wenn Sie es doch einmal nicht lassen können,
Blumen bringen und von Göttinnen und Engeln
reden. Eher liicht, und vielleicht auch dann iioch
nicht." August Niemann.
Re^nictk.
Nr. 1
turnen mrö HMauten
Rittmeister von Hausen: „Was haben Sic
da für ein wunderhübsches Bouquet in der Hand,
Herr Kamerad!"
Lieutenant von Müller: „Finden Sie?
Kleine Artigkeit für eine Dame."
v. Hausen: „Das machen Sie recht, immer
galant. Ich habe Sie schon oft mit solchen zar-
ten Aufmerksamkeiten kommen sehen! '
v. Müller: „Grundsatz, Herr Rittmeister.
Kleine Geschenke sind das beste Mittel, bei den
Weibcrsi Eingang zu finden."
v. Hausen: „So? Glauben Sie wirklich?"
v. Müller: „Aber gewiß. Am sichersten
wirkt der Schmuck. Gegen Brillanten gibt es
keine Vertheidigung. ^n dem Funkeln liegt
etwas Berauschendes fiir das weibliche Herz.
Brillanten sind freilich ein bischen thcuer, aber
Blumen in bescheidenem Maste, das leiste ich
mir, und ich versäume niemals, wo ich regel-
recht belagere, mit ein paar Rosen, einem Veilchen-
straust, oder auch schliestlich einem grasten Bou-
quet sozusagen Bresche zu legen."
v. tz ausen: „Diese Taktik pastt ganz zu Ihrer
Liebhaberei, den Damen Komplimente zu machen.
Ich bin oft erstaunt gewesen, wie schon Sie zu
schmeicheln verstanden. Die Engel flattern nur
so von Ihren Lippen, und die Göttinnen nicht
»nnder.
v. Müller: „Herr Rittmeister befolgen da
eine andere Taktik?^
v. Haufen: „Nun wahrhaftig, ich denke, es
heißt sich selber schon vor dem Kampfe zum
«leger erklären, lvenil man einer Dame sagt, sie
sei schon. Wenn ich der Gegenliebe sicher bin, dann
lobe ich gern, vorher aber hüte ich mich wohl."
v. Müller: „Herr Rittmeister haben aller-
dings einen sehr gefährlichen Ruf."
v. Hausen: „Lieber Himmel, ich bin nur
alter als Sie und habe mehr Erfahrung. Es
gab eine Zeit, wo ich noch viel Geld hatte, da-
mals habe ich den Damen groste Geschenke ge-
macht. Aber es waren nicht die feinsten Damen,
und zudem mustte ich sehen, dast zwar die Bril-
lanten genommen, aber nicht die Herzen gegeben
wurden. Ich erinnere mich da eines bildschönen
Kameraden, der noch dazu den Titel Hoheit
führte. Er war in eine Primadonna verliebt
und opferte ihr das Dreifache seines regelmästigen
prmzlrchen Zuschusses. Die Primadonna nahm
zur Lehre dicircn und konnte das um so leichter,
als ich mein Vermögen zum größten Thcile ver-
lor. Seitdem ich keine Ke mplimente mehr mache
und weder Diamanten noch Blumen überreiche,
habe ich viel mehr Glück beim schönen Geschlecht.
Jetzt bekomme ich die Bluinen."
v. Müller: „Interessant. Aber sollte das
Nicht Zufall sein? Wie erklären sich Herr Ritt-
meister das?'
v. Hausen: „Aber, mein Bester, haben Sie
den» jemals gesehen, dast sich eine Dame über
ein Kompliment gefreut hätte, weniges von
einem ihr glcichgiltigen Munde kkam?"
v. Müller: „Allerdings, da konnten Sie
Recht haben."
v. Hausen: „Wenn sic den Herrn nicht liebt,
so kan» er sich heiser reden mit Schmeicheleien,
ohne dast es sic rührt. Im Gegentheil, sie findet
ihn fad. Wenn sic ihn aber liebt, so braucht er
ihr keine Komplimente zu machen, denn sie findet
alles, tvas er vorbringt, entzückend."
v. Müller: „Also wäre jede Schmeichelei
überflüssig?"
v. Hausen: „In der That. Völlig über-
flüssig. Denn selbst wenn ich als wohlbestallter
Liebhaber schmeichle, sage ich doch eigentlich nur
mir selbst Komplimeutc. Ich sage mir damit, was
für ein verfluchter Kerl ich bm. Indessen findet
das Schmeicheln zuweilen darin seine Entschuldig-
ung, dast das Weibchen einen Trost bedarf, wenn
es fürchtet, nicht mehr geliebt zu werden."
v. Müller: „Und die Blumen?"
v. Hausen: „Sind von Nebel, ebenso wie
oie Komplimente. Die Damen nehmen die
Sträuste und lachen über den Geber. Niemals
darf ein Weib merken, dast man es liebt."
v. Müller: „Danach wäre die beste Taktik
den Weibern gegenüber, möglichst grob zu sein."
v. Hausen: „Halt, mein Bester! freveln Sie
nicht! Die Frauen sind ein edles, zartes Ge-
schlecht. Dazu ein wenig mehr vom Gefühl, als
vom Verstand geleitet. Sie folgen eiiffach ihrem
Herzen. Deshalb soll ein kluger Mann ab-
wartcu, was die Frau thut, und so lange er
wartet, soll er fein artig sein und so thun, als
hätte er kein Herz. Bemerkt die Frau ihn dann
und fängt an, ihn auszuzeichnen, so komntt alles
Ändere ganz von selbst."
v. Müller: „Wieso von selbst? Die An-
näherung must doch vom Manne kommen."
v. Hausen: „Gewist; aber nicht eher, als der
Erfolg sicher ist. Und unter allen Umständen
darf der Mann lvcder schmeicheln noch Geschenke
machen. Selbst wenn die Frau, wie sie ivohl
thut, Geschenke als Zeichen der Liebe verlangt,
darf der Mann sie nicht geben. Schenkt er, so
gewinnt sie die Oberhand, schenkt er aber nicht,
io fürchtet sic, noch nicht genug geliebt zu wer-
ben, und verdoppelt ihre Zärtlichkeit. Nur in
der Ehe darf der Mann schenken und schmeicheln:
da ist es aut, da ist es wohlangebracht, da
dekorirt es die Hauptsache."
v. Müller: „Soll der Mann also wie ein
Filz vor der Dame stehen, die er liebt? Pstü
Teufel, welche Ritterlichkeit wäre das! Sie wird
ihn verachtcil. Mit einem gewisse» Lächeln, das
so schlimm ist, wie ein Fußtritt, wird sic ihm
die Thiire weisen."-
v. Hausen: „Das heißt recht unverständig
gesprochen und ohne Kenntnist der Welt cjc-
urtheilt. Merken Sie sich, junger Mann: nie-
mals wird der Geizige verachtet. Noch keinem
Menschen hat es geschadet, wciin die Gesellschaft
ihn für einen ganz gemeinen Schmutziaii er-
klärte. Im Gegentheil, maii umschmeichelt ihn,
hofft immer, er werde doch noch einmal etwas
hcrausrückcn oder zum mindesten seine Erben
reich inachen, verehrt ihn darum und Hält ihn
für klüger als andere Leute."
v. Müller: „Aber in der Liebe! Aber vor
der Dame seines Herzens! Wie steht der Kerl da?"
v. Hausen: „Äußer dem schonen splendiden
Prinzeir diente iioch ein Kamerad von mir im
Regiments der mir als Gegenstück zu jenem
merkwürdig war. Ich weist nicht, ob er wirk-
lich kein Geld hatte, oder ob er geizig war,
genug, er gab nichts aus, fiir Weiber erst recht
nichts. Eine reiche Wittwe war in ihn verliebt.
Sie schenkte ihm zuerst Blumen, dann einmal
eine Reitpeitsche mit goldenem Griff, dann andere
elegante Sachen. Es ivurde sogar behauptet,
sie bezahlte st,ne Schulden, das heistt angebliche
Schuloen. Die ganze Sehnsucht der Dame war
nun darauf gerichtet, auch von ihm Geschenke zu
erhalten, als Beweise seiner Liebe, an der sie
ztvciselte. Sie nrachte ihm Sceiien, er aber blieb
zähe. Endlich schenkte er ihr zum Geburtstage
eine Brache aus Elfenbein, wofür er stinf Mark
opserte. Und was denken Sie? Die Dame,
glücklich und stolz, legte ihre Brillantbrochen bei
Seite und trug nur noch scm miserables Geschenk.
Glauben Sie mir: das Geld thut nichts zur
Liebe, es ist ganz unmöglich, Liebe zu kaufen,
und wahrhaft geliebt, Heist geküßt werden nach
Niemer Erfahrung nur die armen Teufel."
1 v v. Müller: „Aber wo ist denn da nur ein
vernünftiger Grund?"
v. Hausen: „Vernünftige Gründe gibt eS
in der Liebe nicht. Das Weib liebt oder liebt
nicht; westhalb, bas weiß keil, Mensch und sie
selber nicht. Sehen Sie, verehrtesterHerrKamerad,
ein jedes Liebespaar besteht aus zwei Personen,
von denen die eine liebt und die andere sich das
gefallen läßt. Sollteii Sie ciiiinal die Person
sein, die sich's gefallen läßt, so können Sie dreist,
wenn Sie es doch einmal nicht lassen können,
Blumen bringen und von Göttinnen und Engeln
reden. Eher liicht, und vielleicht auch dann iioch
nicht." August Niemann.
Re^nictk.