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Nr, 5

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1897

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-M ■

sehen wollen . . . Mama weint so laut,
wie wenn mein Leichenbegängniss wäre ...
Eduard ölknet den Mund ... er hat tei-
lende Zähne .... und sagt fürchterlich
feierlich Ja! . . . Nun denn, so sage ich
es ebenfalls feierlich: Ja! . . . Ja! . . .
Ja! . . . Und darauf muss man achtzehn
Jahre warten . . . Manche erleben es über-
haupt nicht . . .

Schutzgebrechen
Ein Filz, der für versuchten Raub
Die Bitte um ein Darleh’n hält,

Ist stets auf jener Seite taub,

Die heimlich birgt sein liebes Geld.

«3Rs»

Russisches Sprüchwort

Die Sippschaft der Frau kommt durch’s
Thor herein, die des Mannes durch’s Hinter-
pförtchen.

Der alte Stammgaff

Zwölf Mädels dienen im Eafe,

Drein ich nun dreißig Jahre geh’;

Sie könnten gar nicht hübscher sein,

Schau’n Allo keck und schnippisch d’rci»,

Sind immer sauber und blank und nett,

Die Käthe, Liese! und Babett,

Luise, Anna und Sophie,

Die Lilli, Tin! und Marie,

Die Fanny, Trudel und Irene —

Und wenn ich so im Sessel lehne,

Beschaulich auf das Gewimmel blickend,
Blauduftige Wölklein zur Decke schickend,

So soh’ ich gerne den Zwölfen zu,

Die emsig, ohne Rast und Ruh,

Den dichtgefüllten Raum durchschwirren,

Mit Löffclchen und Gläsern klirren,

Den „Schwarzen" in die Tassen schänken,

Die Durstigen mit Lognac tränken,

Die blanken Silberkannen schwingen,

Die „Fliegenden", die „Jugend" bringen,

Und Karten, Domino und Schach;

Geduldig große Münze wechseln
Und bald mit einem spröden „Ach!"

Dem blöden Lomplimontedrechseln
verliebter Pflastertreter wehrett,

Bald spöttisch Einem den Rücken kehren —

Am Ende sich’s doch gefallen lassend,

Wenn Einer den schlanken Leib umfassend,
Der ksolden in’s Dhr ein wörtleiti spricht —
Im Katechismus steht's wohl nicht.

So gaukeln sie hin, dis Stunde nutzend —
verliebt ist cs immer, dies hübsche Dutzend!
* * »

Wenn ich die flotten Mädels feh’,
wird mir um's alte kferz oft weh.

Dann schau’ ick) rückwärts im Gemüth,

Wie auch mein Waizen einst geblüht,
wie mich die Liefet und Marie,

Die Lene, Tini und Sophie,

Die längst kein irdisch Leid mehr drückt,

Mit durstigett Augen atigeblickt,

Und Manche es gar geduldig litt,
wenn ihr meine kfand um den Nacken glitt,
Ick; denke, wie viele ich kommen seh’n
In diesem braungerauchten Raum —

Und Alle sah id? sie wieder geh’n —
wohin? — Die Leute fragten kaum.

Und doch war’s oft des Fragens werth
Und hätte Manchem was gelehrt.

Sie gingen, wie die Blüthe geht,
wenn sie der wind vom Stengel weht,

Ins Unglück zehn, ins Glück nickst zweie —
Und And’re traten in die Reihe!

Sch’ ich die schmucke Käthe dort,

So denk’ ich an einen heimlichen Grt,
wo schwarze Erlen und hohe Rüstern
Und schlanke Pappeln im Nackstwind flüstern.
Die süße Mainacht athmct Lust,

Der Flieder steht im vollsten Blust,

D’raus Wellen schworen Duftes zich’n
Noch schwüler duftet der Jasmin,

Und — unvermeidlich bei solchem Fest —
Mondsilber glitzert int Geäst.

Und in der Büsche dutiklcr Lsttt,

Da küssen sich Zweie mit heißem Blut.

Sie küssen sich, daß die Lippen brennen;

Sie küssen sich, daß sie nicht athmen können.

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