Nr. 25
JUGEND
1897
Der aufgeräumte IHrMiU
LdKir waren von der Hochzeitsreise zurück. Zum
afeSsS ersten Male dampfte der Kaffee in unserni
nagelneuen Meißener Geschirr und als ich die erste
Taffe uuigeworfen statte, bedauerte ein schmerz-
liches „Gl" die schöne, nagelneue, voti Taute
Luiniy gestickte Zmiebeltuusterdecke.
Nageine» war der Schlafrock meiner herzigen
kleinen Frau, und uägelneu das tfäubche», das
sich so putzig auf ihrem Lockenkopf ausnastin. Alles
war nagelneu im tfaus.
Nur meine Schreibstube statte ihr gatizcs In-
ventar aus meiner Junggesellenrxistonz sterüber-
genommen. And ich freute mich auf diese alten,
zersessenen und stalbblinden Möbel, auf all' das
Gerätst, das für mich längst ein so freundschaft-
liches Gesicht bekotnmcn hatte und ein Stück von
meiner Schaffensfreude aiismachte.
Der Kaffee war getrunken — in der neuen
Notiplusultra war er mcht sotidcrlich gut geworden
und schmeckte nach Blech. Aber so was empsttidet
ein Mensch kaum, der im neuen Heim der neuen Frau
gegenüber zuin ersten Male beim Frllststück sitzt.
Jetzt fing Nelly an mit einem fuitkeluden '
Schlüsselbund zu klirren unb äußerte die Absicht,
sich kopfüber in ihre nagelneuen Hausfrauen-
xflichten zu stürzen.
„Du wiist ja auch arbeiten wollen, Männi.
Mein Erstes war gestern Nachmittag noch, Deiti
Zimmer und Deinen Schreibtisch aufzuränmen."
„Du lieber Schatz. Ls war wohl sehr nölhig?"
„Entsetzlich I In den paar Wochen, die Du als
Junggeselle noch in dieser Wohnung verlebt hast,
mußt Du gehaust haben wie ein Indianer I"
Ich ging auf meine Stube. Donnerwetter! So
blitzblank hatte ich freilich nicht alles gehalten, in
jener wüsten Junggesellenzeit, wie mein Schreib-
tisch aussah I Daß ein Schreibtisch so anssehen
könne, hatte ich überhaupt nie geahnt!
Ich setzte mich behaglich in den alten Lederstuhl
unb machte mich zunächst über die Briefe her.
„Nellyl" — „Mas gibt's,' lieber Schatz?"
„Du hast ja Alles reizend gemacht, — aber den
Brieföffner kann ich nicht finden."
„Den Brieföffner — ach, das ist wohl das
lange vernickelte Ding, das aussieht, wie eine
große Stopfnadel?" — „So ähnlich."
„warte nur — wo ist er denn gleich? weißt
Du, Alles ist ja gut aufgehoben, aber— ach jaI
Ich weiß schon..."
Sie läuft hinaus und kommt tiach höchstens
zehn Minuten mit dom Brieföffner zurück.
„wo war er denn?"
„Im Besteckkörbchenl" Husch war sie wieder
draußen und klapperte mit Lonfiinreutöpfe». Und
ich machte die Briefe auf, einen nach dem andern.
Da kam ein, großes, dickes Kreuzband, mit Bind-
faden umwunden....
„Nelly!" — „was gibt's denn, lieber Schatz?"
„Die Hapierschecre?"
Ein triu,nphirendes Lächeln glitt jetzt über ihr
Gesichtchcn.
„Daß Ihr Männer doch gar nichts finden könnt!
Da hängt sie dicht vor Dir." — „wo?" — „Da!"
Nichtig, die Scheere hing dicht vor mir. Aber
ein großer „altdeutscher" Kalender hing darüber!
„Den Kalender habe ich Dir gestern gekauft."
„Lr ist reizend. Aber wo ist mein alter Kalender!"
„Den habe ich weggethan, er war schon ganz
vollgeschrieben l"
Fril% Burger (München)*
JUGEND
1897
Der aufgeräumte IHrMiU
LdKir waren von der Hochzeitsreise zurück. Zum
afeSsS ersten Male dampfte der Kaffee in unserni
nagelneuen Meißener Geschirr und als ich die erste
Taffe uuigeworfen statte, bedauerte ein schmerz-
liches „Gl" die schöne, nagelneue, voti Taute
Luiniy gestickte Zmiebeltuusterdecke.
Nageine» war der Schlafrock meiner herzigen
kleinen Frau, und uägelneu das tfäubche», das
sich so putzig auf ihrem Lockenkopf ausnastin. Alles
war nagelneu im tfaus.
Nur meine Schreibstube statte ihr gatizcs In-
ventar aus meiner Junggesellenrxistonz sterüber-
genommen. And ich freute mich auf diese alten,
zersessenen und stalbblinden Möbel, auf all' das
Gerätst, das für mich längst ein so freundschaft-
liches Gesicht bekotnmcn hatte und ein Stück von
meiner Schaffensfreude aiismachte.
Der Kaffee war getrunken — in der neuen
Notiplusultra war er mcht sotidcrlich gut geworden
und schmeckte nach Blech. Aber so was empsttidet
ein Mensch kaum, der im neuen Heim der neuen Frau
gegenüber zuin ersten Male beim Frllststück sitzt.
Jetzt fing Nelly an mit einem fuitkeluden '
Schlüsselbund zu klirren unb äußerte die Absicht,
sich kopfüber in ihre nagelneuen Hausfrauen-
xflichten zu stürzen.
„Du wiist ja auch arbeiten wollen, Männi.
Mein Erstes war gestern Nachmittag noch, Deiti
Zimmer und Deinen Schreibtisch aufzuränmen."
„Du lieber Schatz. Ls war wohl sehr nölhig?"
„Entsetzlich I In den paar Wochen, die Du als
Junggeselle noch in dieser Wohnung verlebt hast,
mußt Du gehaust haben wie ein Indianer I"
Ich ging auf meine Stube. Donnerwetter! So
blitzblank hatte ich freilich nicht alles gehalten, in
jener wüsten Junggesellenzeit, wie mein Schreib-
tisch aussah I Daß ein Schreibtisch so anssehen
könne, hatte ich überhaupt nie geahnt!
Ich setzte mich behaglich in den alten Lederstuhl
unb machte mich zunächst über die Briefe her.
„Nellyl" — „Mas gibt's,' lieber Schatz?"
„Du hast ja Alles reizend gemacht, — aber den
Brieföffner kann ich nicht finden."
„Den Brieföffner — ach, das ist wohl das
lange vernickelte Ding, das aussieht, wie eine
große Stopfnadel?" — „So ähnlich."
„warte nur — wo ist er denn gleich? weißt
Du, Alles ist ja gut aufgehoben, aber— ach jaI
Ich weiß schon..."
Sie läuft hinaus und kommt tiach höchstens
zehn Minuten mit dom Brieföffner zurück.
„wo war er denn?"
„Im Besteckkörbchenl" Husch war sie wieder
draußen und klapperte mit Lonfiinreutöpfe». Und
ich machte die Briefe auf, einen nach dem andern.
Da kam ein, großes, dickes Kreuzband, mit Bind-
faden umwunden....
„Nelly!" — „was gibt's denn, lieber Schatz?"
„Die Hapierschecre?"
Ein triu,nphirendes Lächeln glitt jetzt über ihr
Gesichtchcn.
„Daß Ihr Männer doch gar nichts finden könnt!
Da hängt sie dicht vor Dir." — „wo?" — „Da!"
Nichtig, die Scheere hing dicht vor mir. Aber
ein großer „altdeutscher" Kalender hing darüber!
„Den Kalender habe ich Dir gestern gekauft."
„Lr ist reizend. Aber wo ist mein alter Kalender!"
„Den habe ich weggethan, er war schon ganz
vollgeschrieben l"
Fril% Burger (München)*