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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 4.1899, Band 2 (Nr. 27-52)

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Nr. 28 (8. Juli 1899)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3779#0035
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Nr. 28

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Die tschechische Kornblume

Reuestens wird die Kornblume, die bisher von
den Tschechen als preußisches Abzeichen und als
„provokace" betrachtet worden, als „tschechische
Blume" proklamirt. Das Tschechenblatt„politik"
sagt hierüber, nachdem es auch noch die Sicheln
als slavisches Ligenthum beansprucht hat: „Die
Kornblume ist das Kind unserer slavischen Lrde
und Poesie, und unsere slavische Pflicht ist es, uns
zu schmücken mit ihrer blauen Blüthe..

was uns die Deutschen Alles rauben,
Zusammeuzähleu läßt sich's kaum!

So sagen sie: ('s ist nicht zu glauben)

Die Eiche sei ein deutscher Baum!

Daß sie uns einstens Eicheln stahlen
Zum Fraß — gibt das ein Recht zu prahlet:?

Deutsch sei die Fichte und die Linde,

Das Schwertgeklirr, der wogenprall
Und — was ich vollends komisch finde —
Deutsch sei sogar die Nachtigall,

Die doch unstreitig — tschechisch singt,

Daß uns vor Lust das Herz zerspringt!

Deutsch, sagen sie, sei auch die Rose,

Die Königin im Blumenreich,

Das Veilchen selbst, das anspruchslose,
Behaupten sie, sei deutsch, obgleich —
weil sie bescheiden — diese Blume
Ziemt als Symbol dem Tschechenthume!

Man sagt — kaum trau' ich meinem Ghre —
Daß deutsch des Kornes Blume sei.

Betrachtet unsre Tri colo re,
Kornblumenblau ist auch dabei.

Ich konstatire tief empört:

Man nimmt uns weg, was uns gehört!

Soll sich der Tscheche ruhig füget:

Der Deutschen Habgier? — Dreimal nein!
wir würden, wenn wir dies ertrüge::,
Erbärtnlich-feige Memmen sei::.

Es bleibt dabei: Uns die Lyanen,

Das Lyankali — den Germanen!

!Loki

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Den Thatcn des neuen Premierministers
in Frankreich, des Advokaten Wakdeck-
Nousseau, sieht man mit einigen Zweifeln
entgegen. Er hat zwar mit Glück einen Pro-
zeß geführt, in dem es sich um eine kolossale
Menge Guano handelte; damit ist aber
noch keineswegs gesagt, daß er sich in den
politischen Zuständen Frankreichs ebenso gut
zurechtfinden werde.

Graf Bülow

So, Herr von Bülow, das ist brav:

Zwei Jährchen erst und bist schon Graf!
Nicht lange dauert’s, bist Du Fürst —

Gib acht, dass Du nicht Herzog wirst!

Lentri-xetale Pädagogik

Da nach unzweifelhaft berechtigte:: Forder-
ungen der gesamtnte Schului:terricht von religi-
ösem Geiste durchtränkt sein soll, so müßte dies
mehr als bisher auch in den Absolutorialaufgaben
zum Ausdruck ko:nmen. wir gestatten uns einige
Ai:deutungen, wie das geschehe:: könnte:
Religion (Kirchengeschichte):

welche Eentrumsabgeordnete haben sich
in neuester Zeit am meisten Verdienste erwor-
ben und inwiefern?

Deutsch (Aufsatzthemen):

1. Ueber die Unzertrennlichst von Religion
und Politik.

2. „Jeder Arbeiter ist seines Lohnes werth."

Anwendung des Sprichwortes auf die Be-
amten-Earriöre gutgesinnter Abgeordneter.
E h e m i e:

Durch welches Verfahren ließe sich heut-
zutage eine Ketzer- oder Hexeuverbreunung
am schmerzhaftesten und billigsten bewerk-
stelligen ?

Algebra:

A. besitzt ein Vermögen von x+y Mark,
B. den 3. Theil desjenigen des A.

Von Gottes Gnade erleuchtet, vermacht A.
sein ganzes Kapital einem Kloster, B. eben-
falls, aber mit Abzug eines Legates an einen
Verwandten, das den vierten Theil des Ver-
mögens beträgt.

Um wieviel hat B. die Kirche und sein
Seelenheil geschädigt?

Um wie viel ist die Frömmigkeit des A.
größer als die des B. ?

Me viele Jahrhunderte Fegfeuer hat B.
zu erdulden?

(x — 100.000, y — 50.000, je 10 Mk.
Entzug — i Jahr Fegfeuer.)
Geometrie:

wie müßte durch Wahlkreisgeometrie
das Deutsche Reich eingetheilt werden,
wenn eine absolute Eentrums-Mehrheit im
Reichstag zu Stande kommen sollte?
Geographie:

1. Der Kirchenstaat eine geographische Noth-
we:digkeit!

2. Statistik der Güter zur todten Hand in
gut katholischen Ländern (Tirol, Spanien
u. s. w.) und Nachweis der kulturellen Ueber-
legenheit der in dieser Einsicht besonders ge-
segneten Landschaften.

G e sch i ch t e:

1. Der Selbstmord Luthers und seine Ursachen.

2. welche Geschichtslügen sind durch die
Ungläubigen über den frommen Papst Ale-
xander VI. (Borgia) verbreitet worden?

3. Die Blutthaten der Freimaurer in Peru
und Mexiko.

Literaturgeschichte:

wer ist größer:: Goethe oder Dr. Franz
Elasen? Und warum der Letztere?
Aesthetik:

1. wer ist schöner: Doktor Daller oder
Doktor Grterer?

2. Ueber den Genuß der sittlichen Entrüst-
ung vor Nuditäten.

3. was soll die Kunst?

U. s. w. U. s. f. .Kilian

an die Gurten herankoinnrt, sondern will seinen Platz vorne behaupten."

Ein Wort, das schier vergessen macht, wie jüngst noch ohne Grund und Noch
Uns dünkelhaftes Rrämerpack mit seinem plumpen Schwert gedroht,

Und wie wir uns gar still gedrückt so manchmal durch die Hinterthür —

Und war' dies Wort so wahr, wie schön, ich gäb' die rechte Hand dafür! michel


ISS
Register
Monogrammist Frosch: Zeichnung zum Gedicht "Graf Bülow"
Monogrammist Hummer: "Das deutsche Volk ist wie ein edles Vollblutpferd"
Loki: Die tschechische Kornblume
[nicht signierter Beitrag]: Den Thaten des neuen Premierministers...
Kilian: Centri-petale Pädaogik
[nicht signierter Beitrag]: Graf Bülow
 
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