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1900

JUGEND

Nr. 21

Sie schauderte, sie zitierte. So war ihr noch
nie gewesen. Sie öffnete den Mund und schloß
ihn wieder und schluckte; trocken war ihr der
Hals und inwendig alles trocken, verdurstet wie
Brachland.

Eine unendliche Sehnsucht füllte ihr Herz zum
Springen. Sie tappte durchs Dunkel zurück —
da war sie am Brandenburger Thor. Licht, Wagen,
Menschen; das ganze Nachtgetriebe der Groß-
stadt sauste vorüber. Sie schwankte und blieb
stehen — so hungrig, so müde!

Am Himmel blinkten die Sterne hell, aber
jetzt — halt! Die Leute spannten die Schirme
auf; wer keinen Schirm hatte, rannte eilig.

Tropfen, große warme Tropfen fielen beim
hellen Sterngeflimmer; ein plötzlicher Regenguß
rauschte mitten hinein in alles Blüh'n.

Nun kamen ihr auch Thränen.

Riesenhaft dehnte sich das graue Häusermeer
unterem Nachthimmel. Hoch ragten Mauern und
dunkel drohende Thürme. Im Geräusch der
Straße hörte Frida das Klappern der Scheeren,
das Schnurpsen des Seidenstoffs, das Rattern
der Maschine, das Hüsteln, das scheue Flüstern der
Mädchen-

Rrrrrr— alle Jubeljahr mal nach dem Jrune-
wald — rrrr— ja, die Augen, die Augen, ich
tveine längst nich mehr — rrrr— immer fidel,
so lange man jung is — und denn?!

Rrrrr— immer näh'n — bis in die Jrube —
rrrr— immer näh'n!-

Schweiß stand ihr auf der Stirn und doch
fröstelte sie.

Warum weinte sie nur so ungebärdig, so heiß,
so rebellisch, so — so reuevoll?

Sie wußte selbst nicht, was ihr so leid that.
Schluchzend lief sie im Frühlingsschauer.

Llara viebig

Die Aerztin

Ehemann: „Frau Doktor möchte meiner
Frau in ihrer schweren Stunde beistehen."

Diener: „Bedauere, Frau Doktor sind so-
rben selbst mit Zwillingen niedergekommen."

Neues von Serenissimus

Serenissimus hat einen verdienstvollen Groß-
industriellen in die Residenz befohlen, um ihm,
anläßlich seines 50. Geburtstages-, persönlich
Allerhöchst Seinen Hausorden zu verleihen.
Bei dieser Gelegenheit halten Serenissimus
folgende Ansprache:

„Meine Herren! Es giebt — äh — Ritter
des Schwertes, es giebt — äh — Ritter vom
Geiste, und es giebt — äh — Ritter der
Industrie, jawohl, — äh — der Industrie.
Bon den letzteren, meine Herren, steht — äh —
einer der Hervorragendsten vor Ihnen...

Aus dem lyrischen

TageöuZ des Leutnants von Lersewiß:

Lrühlingsfahrt

Himmlisch, im Lenz so mit reizender Frau
Rückjelehnt wagen zu wiegen,

Go durch erwachende Frühlingsau
Märzluft dahin zu fliegen!

Nichts als Natur, wohin auch blickt:
See oder fernes Ielände —

Allem Iewühl un Livil entrückt,

Ew'ges „Honneur" mal ein Ende!

Ehrfurcht ja schön, doch manchmal Last —
Sucht ja schon Rerls ignoriren,

Ilückt aber leider niemals fast:

Lauern auf Salutirenl

Hier nun von Allem keine Spur!

Einzig dahin jejeben

Zauber der stillen, reinen Natur,

Mensch unter Menschen leben!

Die 8üäakrikani8eke Uhr:

Reformen sind nur eine Frage der Zeit!
(Wir reproduzircn diesen Scherz nicht wegen
seiner Tendenz, sondern um die Leser der
„Jugend“ auch mit der politischen Caricatur
des Auslandes bekannt zu machen.)

In Amerika

„ ... * Zürn Kuckuck, ich glaube, ich werde
allein nach Europa reisen müssen; jetzt hat
mir schon der vierte, den ich zur Mitfahrt
einlud, geantwortet, seine Geschichte sei
noch nicht verjährt."

Schließlich trotzHaltung doch nich von Stein,
Fühlendes Herz im Busen!

Doppelt bedürftig sei Unser ein,

Der ja Verhältniß zu Musen.

Fein erzogen

Kleine Komtesse: „Mama, liegt heut
auf der Straße aber viel — — was das
Volk Dreck nennt!"
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