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Nr *5

J U GEN D

1902

A. Schmidhammer

Der Rerold aus Scklarattenlancl!

Ich will das Ungeheuer tödtcn,

Das gierig trinkt von Eurem Blut,
will Eure bleichen Wangen r ö t h e n
Und trocknen Eure Thränenfluthl —

Von dort, wo ferne Berge blauen,
Hat mich das Glück zu Euch gesandt:
Ich führ' Euch in die seligen Auen, —
— Der Herold aus Schlaraffenland!"

K iK'kuck

SJ

Das verTcbwundene Lickt

oder

Der Vetter als Medizin

Eheliches Brausebad in drei Douchen
von Georg Hirth

Sprechende: Rechtsanwalt Sausewind und Gat-
tin; der Better. — Das Brettl stellt für die l. und
ii Szene das Wohnzimmer dar, links eine Berbiudungs-
thüre nach deni Boudoir der Gnädigen, rechts ein Erker-
fenster nach der Straße zu, im Hintergrund eine Thüre nach
dem Borplatz. Die 2. Szene auf der Straße. — Der Un-
sinn kann zunächst freihändig gespielt werden, d. h. die
verehrt. Darsteller können sich ihren Dialog nach Erfahrung
und Laune selber zurechtmachcn und beliebig — versalzen.

^orch! von der Straße tönt ei» Rlingen,
wie silberner Drompctenschall. —

Die Schläfer an die Fenster springen,
Geweckt vom lauten wiederhall.

Und seht! — Durch rcgcngrauc Gaste
Da reitet — ist's ein toller Traum? —
Ein Bursch, mit lachender Grimasse,
Auf weißem Roß im Purpurzaum.

Bunt ist sein wams und bunt die Rappe,
wie Eines, der zum Feste zieht;

Und seines Gaules Hufgcklappe
Schlägt flott den Takt zu seinem Lied:

„Heraus! aus Euren finstren Mauern,
wo Uloth und Sorge grämlich spinnt!
Aus Eures Rerkers kalte» Schauern!
Ul i r n a ch! m i r n a ch! m i t w c i b u n d R i n d I

I.

„Ich Hobe diese Komödie sott. Seit zwei Jahren
hast Du mir versprochen, mich auf den Bai parö
mitzunehmen, ich habe mir den feschesten Domino
hergerichtet, aber jedesmal hast Du die unglaub-
lichsten Ausreden, und das Sonderbarste ist, das;
Du an den kritischen Abenden selbst ausgehst,
im Frack natürlich, und erst gegen Morgen nach
Hause kommst. Ich wette, das; Du die weiße
Kravatte, — las;' einmal sehen, — Isie kämpfenl
— wirklich, ich wußte ja, daß Du sie iu der Brust-
tasche versteckt hattest... Was? Eine Fe st sitz-
ung? Das ist doch ein miserabler Trost für mich,
wenn ich hier fest sitzen muß. Meinst Du, ich
merke es nicht, wie Deiner Sitzungen immer mehr
werden? Anfangs waren es in der Woche eine,
höchstens zwei, und nun darf ich froh sein, wenn
Du mir ivöcheutlich einen Abend widmest. Ich

glaube nicht mehr an Deine Sitzungen-aber

warte nur, ich werde mich revanchiren. In der
Verlassenheit wachsen de»; Fraucuherzen
Flügel."

Bei den letzten ironisch geflöteten, fast gesun-
genen Worten spitzt der Herr Rechtsanwalt die
Ohren. Hatte die kleine Frau das in einem Ro-
man gelesen, oder hatte sie den Satz selbst ge-
drechselt, um ihn als Bombe in seine cifersuchts-
lose Seele zu werfen? — Eifersuchtslos? In
den paar Sekunden, die er brauchte, um auf diesen
überraschenden Frontalangriff die rechte Abwehr
zu finden, kommt es ihm zum ersten Male zum
Bewußtsein, daß er schon seit einiger Zeit von
der Neidkrankheit der Liebenden (denn er liebt sie
noch in der Reserve), nicht mehr ganz frei ist.
Aber eingebildet und zaghaft, wie fast alle Män-
ner, und namentlich die superklugen „Erfahrenen",
bei der ersten klaren Regung dieser süßgiftigen
Herzaffektion sich erweisen, thut er so, als ob er-
den Wink mit dem Zaunpfahl nicht gesehen hätte.

„Du hast Recht, liebes Kind, ich werde ver-
suchen, meine Vereinsabende zu beschränken; aber
die juristische Gesellschaft kann ich heute nicht
schwänzen, ich habe Klingenberg fest versprochen,
mich bei der Debatte für seine Thesen ins Zeug
zu legen."

Roch einige Lamentos ihrer-, einige nichtige
Wichtigkeiten seinerseits. Nicht einmal das rührt
ihn, daß sie ganz allein das Haus hüten niuß.
da ihre Lotte Ballurlanb hat. „Sie hätte sich
ja Jemanden einladen können," meint
der Hartgesottene.

Fast widerwillig gibt sie ihm den thräncn-
fcuchten Abschiedskuß. Da läutet es — also doch
ein Besuch, und noch dazu ein recht fescher und
unterhaltlicher, Frau Mary's leiblicher Vetter
Walthcr, „von der Leimruthe", wie er sich selbst
nennt im Hinblick auf seine hohe Semesterzahl.

Dem Herrn Rechtsanwalt bleibt das noth-
gedrungene Grüßgott fast im Halse stecken. Ge-
rade der muß kommen, den er im Verdachte des
Naschens hat; der einzige Mann außer ihm, den
sein Weiberl duzt und der sich als ihr Vetter und
Jugendgespicl unerhörte Vertraulichkeiten heraus-
zunehmen liebt. Die Situation ist verzweifelt,
der Ehemann in Schwulibus. Dableiben kann
er nun nicht, ohne sich lächerlich zu machen; den
Strauchdieb mitnehmen kann er auch nicht, denn
was soll der angehende Frauenarzt in der — jurist-
ischen Gesellschaft!? Also stramme Haltung, sich
nichts anmerken lassen! Aber das ist ja kaum
nothwendig, da man gar nicht mehr auf ihn
„merkt;" die kleine Frau, die eben noch mit ihm

Programm der ^enlers-llneipe de» ^flünebner IlünTtler-Sätiflerverefns 1900

Alois Kolb (München)

„Her zu mir alle, ihr Liebeskräftigen, Wer aber liebesfeige ist, der gehe hin und ersäufe sich Seinem Tode will ich ein Tanzlied singen.
Ich wist Euch umarmen. In veilchenfarbener Tinte. Sela. (o,t„ Julius Bierbaum,

„Crunltenes tded zur Harfe")
Register
Kuckuck: Herold aus Schlaraffenland
Arpad Schmidhammer: Zeichnung zum Gedicht "Der Herold aus Schlaraffenland"
Alois Kolb: Programm der Tenierskneipe des Münchner Künstlersängervereins 1900
Georg Hirth: Das verschwundene Licht
 
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