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Nr. 9 (Redaktionsschluss: 19. Februar 1902)

JUGEND

1902

Consilium

Die Chirurgen: „Seien Sie ganz beruhigt! Es geschieht Ihnen nicht das Geringste — wir sind alle für Ihre Integrität!"
Der Chines': „Mir war's gnna!"

lüas $icb liebt, das neckt sieb!

Lin neues Brettllied mit altem Kehrreim

Wolf-Metternich sagte pathetisch:

Ich will

Im Umgang mit 2llbio»s Söhnen
den extravagante» „Iugendstil"

In Zukunft auf's Strengste vcrpöncn.

Man gibt sich wohl manchmal im Scherzi

einen Stoß —

Aber sonst ist im Ganzen die Stimmung famos!

Gleichwohl hat Herr Lhamberlain schamlos

erklärt,

Daß England viel sanfter verfahre,
wenn'» unten im Süden die Länder verheert,
Als Deutschland im Siebziger Iahrcl
Die Frechheit, die war in der Dhat grandios —
Aber sonst war im-Ganzen die Stimmung famos!

Helllodernd entfachte dies Bubenstück
Entrüstung im Süden und Norden
Und streng wies der Ranzler die Absicht zurück
Uns meuchlings die Ehre zu morden!

Da wurden die Jingos im Schimpfen erst groß —
Aber sonst war im Ganzen die Stimmung famos!

Und brachte in England Lord Lranborne daher
Eine neue heimtückische Lüge,

Daß Deutschland sich drüben über dem Meer
Mit Dnkcl Sam nicht vertrüge, —

Gleich stellten wir wieder als Schwindler

ihn bloß —

Aber sonst ist im Ganzen die Stimmung famos!

Sie pflegen auf uns dort tagaus und tagcin
Das Schlimmste zu schreiben und schwatzen
Und wir sind natürlich dann auch nicht zu fein,
wie fahren wie Hunde und Rayen
Mit grimmiger wuth auf einander dann los —
Aber sonst ist im Ganzen die Stimmung famos!

iiiiuh

Klassisches Zeugniss $um Protest
der deutschen Künstler in Rom

Das deutsche Klavier

Eduard: „Das Instrument scheint arg verstimmt
zu sein — ihr habt es aber auch riesig maltrütirt!"

fln fierrn Dr. Doyen In Paris,

al$ et die flindu-Zwillinge Doodica und Radicca
auseinandergeschnitten

Die Menschen, welche unterm Monde wandern,
Sind reich bedacht mit jeder Art von Pein —
Doch anznwachsen (Einer an den Andern,
Muß meiner Meinung nach das 21 ergfte fein!
Es geht ja noch, wenn Beide gleicher Neigung,
wenn Jedem recht ist, was der 2lndre thut,

Doch schlimm wird's, wenn verschiedneUeberzeugung
Die Beiden, ach! in Feindschaft bringt und Wuth!
Wenn Einer zn dem Freisinn beispielsweise,

Der 2lndre zur Agrarpartei gehört,

Der Eine auf die Oegetarierspeise,

Der Andere auf Wurst und Roastbeef schwört;
Wenn Einer Bier trinkt und der 2ludre Wasser,
Wenn Einer reich ist und der 2lndre arm,

Wenn Der verliebt ist, Der ein Weiberhasser,
Wenn Einer kalt will und der 2Iiti>re warm;
wenn Der ein Lump ist, Jener hoch moralisch,
wenn Der bescheiden, Jener arrogant,

Der ein Musikfeind, Jener musikalisch, ,

Der Katholik und Jener Protestant!
wenn Der vermählt ist, Jener aber ledig,

Der Gentleman und Jener ordinär,

Der nach Berlin will, Jener nach Venedig,

Der zum Livil und Der zum Militär!
wie müssen die sich sehnen nach Befreiung,

Nach Seligkeit auf eigene Fa;on!

wie müssen die sich sehnen nach Entzweiung

Und voller Inbrunst rufen: »DivorconsU

Ihr, Bert Doyen, erlöst die Siamesen

von dem Geschick, vor welchem Einem graust!

Und wenn sie nicht von Eurem Schnitt genesen,

Stirbt Jeder Zwilling doch' auf eigne Faust!

Biedermeier mit ei

Herausgeber :Dr. GEORG HIRTH; Redaktion : F. v. OSTINI, l)r. S. SINZHF.IMF.H, A. MATTHÄI, I-. LANGHEINRICH. Für die Redaktion verantwortlich: Dr. S. SINZHEIMEH-
G. HIRTH’s Kunstverlag, verantwortlich für den Inseratentheil: G. EICHMANN, sümmtlicli in München. Druck von KNORR & HIRTH, Ges. m. besehe. Haltung, München.

ALLE RECHTE VORUEHALTEN.
Register
Monogrammist Frosch: Das deutsche Clavier
Biedermeier mit ei: An Herrn Dr. Doyen in Paris
Monogrammist Frosch: Consilium
Hanns (Hans): Was sich liebt, das neckt sich!
[nicht signierter Beitrag]: Klassisches Zeugniss
 
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