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1902

JUGEND

Nr, 12

Hus der

lustigen Ecke des „Schwarzen Unlust"

Pfarrer-Kakhl: „Sagen S' amal, poch-
chürden, soll dös g'schimpft sein oder g'lobt: Der
Lehrer hat nämli z» mir gsagt, i waar aa so
a ,inneium religionis‘."

Uon der Reise des Prinzen Heinrich

ward folgende Probe urwüchsiger Kentucky-Sitten
mitgetheilt:

„Als der Zug des Prinzen um 2 Uhr Nachts bei
der Wasserstation Somerset hielt, forderte eine lär-
mende Menge schreiend, das; der Prinz sich zeige.
Junge Burschen schlugen schließlich gegen die
Fenster des Zuges, so das; Alle aus dem Schlafe
erwachten."

Das Fensterin scheint also auch in Kentucky ge-
bräuchlich zu sein. Vielleicht haben die Burschen
dazu gesungen:

Heinrich bist stolz
Oder kennst uns net,

Oder sau dös
Deine Fenster net?

Der Spezialkorrespondent der „Tägl. Rund-
schau" berichtete:

„Prinz Heinrich hatte bisher dieZudringlichkeit
der Photographen geduldig ertragen, doch aus
Looky Mountain war ein übersrecher Camerabold.
Der Prinz stellte sich ihm bereitwillig, jedoch die
Stellung gefiel nicht; der Photograph sagte: Mister
Prinee, treten Sie nach rechts, Mister Priuee, jetzt
mehr nach vorn, Mister Priuee, noch weiter rechts
u. s. w.; das war denn doch zu viel. Der Prinz
wurde unwillig und sagte: .Weil, jetzt habe ich
schon fünfmal die Stellung gewechselt für
Sie und nun machen Sie Schluß!'"

Je mehr die Sach' man überlegt,

Sich auch die Ueberzeugung regt.

Daß dies — es ist doch sonnenklar —

Ein Photograph der „Woche" war!

* *

Die Universität Cambridge hat den Prinzen
Heinrich zum Ehrendoktor der Rechte ernannt.

Wenn der Prinz wegen des amerikanischen
Doktortitels nur keine Unannehmlichkeiten in
Deutschland kriegt!

Ultra montes!

Der Prälat und Professor der Kirchengeschichte
au der Wiener theologischen Faeultät Dr. Alberp
Ehrhard hat ein gelehrtes, aussehenerregendes
Werk veröffentlicht unter dem Titel: „Der Katho-
lizismus und das zwanzigste Jahrhundert
im Lichte der kirchlichen Entwicklung der
Neuzeit." Gegen das Buch, das eine Versöhnung
des Katholizismus mit dem modernen Culturgeiste
zu seiner Tendenz gemacht hat und sich ziemlich un-
verhohlen gegen die Präponderanz der Jesuiten
ausspricht, wendet sich nun das klerikale Wiener
„Vaterland" in einem wüthenden Artikel, dessen
Schluß folgendermaßen lautet: „Mit unserer vollen
Zustimmung begrüßen wir das mächtige Her-
vortreten der päpstlichen Centralgewalt.
Römisch wollen wir sein vom Scheitel bis
zur Sohle, römisch bis in's Mark der Kno-
chen hinein. Mehr als je muß die Romani-
tiit das unterscheidende Merkmal, dieaus-
zeichnende Distinetion, die Parole der Ka-
tholiken s ein."

Und ein derartiges Papier nennt sich ganz un-
genirt, mit geradezu eynischer Frechheit — „Vater-
land"! **i.

Celegramm an Kitchener

Fangen Sie sofort Dewet, damit wir
ihn gegen Lord nietiiuen austauFchen

können. Cbamberlaüi

..Treue Diener“

»ci der Uebergäbe des neuen Ausstellungsbaues
in Düffeldorf an die Künstler sagte Minister von
Rheinbaben in seiner Rede unter Anderm: „Der
Kaiser habe auf die wahren Ideale hingewiesen
und vor falschen Zielen der Kunst gewarnt. Wer
das pflege, was wahr und echt in der
Kunst ist, sei ein treuer Diener des
Kais e rs."

lieber der Künste inneres Wesen
traben wir allerhand schon gelesen,
tllanchen herrlichen Gallimathias,

Manchen Blödsinn von arger Drastik
Börten wir schon über die fürnehme Trias
Malerei, Baukunst und Plastik,

Theils von verrückten Schreibergesellen,

Theils auch von wesentlich anderen Stellen,
Sachen, von denen wir wenig erbaut waren,
Sachen — einfach zum Ausderhautfahren!

Aber nun ist — ich sag' es offen —

Alles Bisherige übertroffen.

Excellenz, krerr Minister von Rheinbaben,

Muß von der Kunst keinen blaffen Schein haben,
Wenn er vermeint, des Künstlers Ziel sei,

Daß er so eine Art von Lakai in Civil sei!

Patte er Recht, der lserr von Rheinbaben,

Ließen die Künstler sich besser gleich eingraben.
Aber der lrerr an der Mündung der Düffel
Irrte sich, Gott sei Dank, doch ein Bissel!

Mag auch ein Künstler den Kaiser ehreir,
lvird er sich doch seiner Meinung wehren,

Und sein Urtheil für sich allein haben,

Mit der Erlaubnis; des perrn von Rheinbaben!
Denn in der Kunst ist der Künstler weiser
Als die Minister und als die Kaiser.

Und es ist eben kein schönes Ereigniß,

Kriegt ein Künstler von oben das Zeugniß,

Daß mit Gehorsam und Diciplin er
Sich gefügt hat als treuer Diener,

!Die dies vermeint in der Stadt am Rhein haben,
Excellenz perr Minister von Rheinbaben!

Hl-lii-Kl

Als Landmann Minister wurde, war er
ein unbeschriebenes Blatt. Jetzt ist cs — selbst
mit dem schärfsten Mikroskop — nicht mehr
möglich, auf demselben nur das kleinste weiße
Fleckchen zu entdecken.

„Je dehnbarer, desto bester I

Ein M ü » ch n e r L e h r e r ging mir seinem
kleinen Jungen über die Straße.

Da begegnete ihnen ein Kaminfeger.

„Gelr, Vater, dös ist der Kultusmini-
ste r>" rief das Bubcrl.

An dem Denkmal, das die dankbaren Lehrer
ihren wohlwollenden Gönnern errichten, füllt
auf, daß die drei Dargcstcllten Brillen-
träger sind. —

Na, sic haben sich eben die Auge» ver-
dorben — bei ihren gemeinschaftlichen Ar.
beiten im Dunkeln.

Eines schönen Tages kamen die Städter in
die „Krämerei Landmann", um dorr ihren Be-
darf an Lehrkräften zu decken. „Aber warum
wollen Sie gerade von den rhcuercn 7" meinte
der biedere Besitzer der Handlung, „nehmen
Sic doch von diese» hier, da gehen mehr
auf's Pfund!"")

*) Der Kultusminister hatte im Landtag erklärt, die
mit der Zeit eiutreteudeVerkürzung derStädtc
und deren dadurch entstehender Mehraufwand
solle durch Vermehrung der weiblichen Lehrstellen
wettgemocht werden; die feien billiger.

>93
Register
Arpad Schmidhammer: Illustrationen zum Text "Landmann-Plutarch"
Ki-Ki-Ki: "Treue Diener"
Monogrammist Frosch: Aus der lustigen Ecke des "Schwarzen Aujust": Die Pfarrer-Kathl
Plutarch [Pseud.]: Landmann-Plutarch
Si.: Ultra montes
[nicht signierter Beitrag]: Telegramm an Kitchener
[nicht signierter Beitrag]: Von der Reise des Prinzen Heinrich
 
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