Nr. 26
J U G t N D
1902
Populus niger — populus nigra
linker beifälligem Rauschen der Schwarzpappel Allee bringt der Landmann
seine Maare in der Dunkelheit endlich zum Markte.
3cb schwenke!
Der Abg. Heim sagte in der bayrischen Abgeord-
netenkammer, er brauche den Staatsdienst nicht; schlimm-
sten Falls gehe er zu Sedlmayr und schwenke Lasser.
Ein Schafskopf, der mir Höflichkeit
Will alles übcrrünchcn I
So sind wohl in Berlin die Leut',
Doch nicht bei uns in München.
Ich schimpfe, daß cs nur so saust,
Ich sage, was ich denke.
Seht her! wie grob ist diese Faust!
Ich schwenke, schwenke, schwenke.
Vvic schwitzte ich vor Acrgcr Blut
Einst über die Pennäler,
Die Rerlc brachte» mich in VVurh
Als meine schlimmsten E.uälcr.
Lausbuben ihr, ich werde krank,
wenn ich an euch nur denke!
Burscht alle mir den Buckel lang!
Ich schwenke, schwenke, schwenke.
Das
Krunnenvergisllingz-
Lau; Klibekl
Der Staatssekretär von
Richthofen hat auf einer
Soiräe dem Pimee-Corre-
spondenten Saunders ge-
sagt, daß Niemand mehr
zur Verhetzung Englands
mit Deutschland beigetragen
habe als Saunders.,
An den Abgeordneten Dr. Dcinhcird
Als der Referent Kohl die bekannte hocherfreu-
liche Aeußerung Sr. K. Hoheit des Prinzen Lud-
wig über die Simultanschule dem Plenum der Ab-
geordnetenkammer bekannt gab, rief der liberale
pfälzische Abg. vr. Deinhard: „Intolerant! . .“
Bei den Liberalen gab es höchst peinlich berührte
Gesichter über diese Kraftleistung eines Zraktions-
mitgliedes, das erst in den letzten Tagen
>2 000 Liter Wein an den königl. Hof ab-
geliefert und dabei kein schlechtes Geschäft
gemacht haben soll." Bayer. Kurier
Bedenk’: 12 000 Liier tdoin!
Da heihl's loyal und höflich fein
Und prlnzllch zu», Verrücken.
Denn das ist wahre LenlrumsMl':
Ze höher, Zreundchen, der Profit,
Ze krümmer Tel der stücken!
Crt-Crl
ein Sieg der katholischen Presse
Beim Eisenbcchnetat hat jüngst l>i'. Pichler den
Minister v. Crailsheim darüber zur Erklärung anf
gefordert, was für Zeitungen in der k. General
dlrection gehalten werden. Der Minister konnte zu
seinem großen Glück Nachweisen, daß Blätter aller
Richtungen dortselbst vorhanden sind. Eine genaue
Revision hat aber nun sogar ergeben, daß aus dem
Abort der k. Generaldirection mehr ultramon-
tane als liberale Blätter sich sandelt, ein Triumph,
der schlagend beweist, daß es mit der Jnseriorität
der Ultramontanen eitel Wind ist.
Ilse
(frei und frank nach wedekinds
Ich war ein Aind von >5 Jahren,
Lin unschuldsvolles, reines Aind,
2lls ich zum ersten Mal erfahren
lvie mieß die Ueberbrettl sind.
Ich sah es gähnend an und lachte,
Und sagte mir: Ls ist nichts d'ran.
Und dabei fing ich sachte, sachte
Itl süßen Schlaf zu fallen an.
Seit jener Zeit hass' ich sie alle,
Die Ueberbrettl groß und klein —
wenn ich dem Stumpfsinn einst verfalle,
Dann werd' ich auch beim Brettl fein.
Karl Lktlinger
Otto Eckmann f
Nun der lange schmerzlich vorausgesehene Heim-
gang dieses Trefflichen erfolgt ist, fällt es mir doch
schwer, die rechten Worte zu finden. Otto Eck-
mann, der feinbedächtige junge Hamburger, ist
uns schon in München viel mehr geworden als
eine Bereicherung der Malergilde. Als er vor
zwölf Jahren im Kunstverein mit einer stattlichen
Serie höchst bedentsamer Naturstudien hervortrat,
welche von selbständigem Empfinden und zielbe-
ivußtem Können glänzendes Zeugniß ablegten, da
sagten wir wohl: Ein neuer Maler, der seine eige-
nen Wege geht, ohne irgend einem malerischen
Problem auszuweichen. Von der eben in die Arena
tretenden Sezession wurde er selbstverständlich mit
offenen Armen ausgenommen. Aber bald zeigte
es sich, daß ihm der fleißige Naturbummel und
die Palette nicht genügten; die Sehnsucht nach
neuer künstlerischer Gestaltung des Lebens
packte ihn gewaltig. Ich gestehe ehrlich, daß ich
damals die Auflehnung Eckmann'S, Th. Th
Heine's und Peter Behrens' gegen die „nur-
malende" Muttersezession nicht ganz verstanden
habe; vielleicht wäre Manches anders geworden,
wenn man sich ernstlich um eine Verständigung
bemüht hätte. Genug, der Bruch trat ein, und
Eckmann gieng mit Begeisterung unter die Klein
künstler und Illustratoren, ja unter die Töpser,
Buchbinder und Tapezierer. 1896 führte uns die
„Jugend" wieder zusammen, zu deren besten För-
derern und Mitarbeitern Ott o Eckmann von allem
Anfang an gehörte. Dann kam seine Berufung
als Professor an die Kunstgewerbeschule in Berlin,
— in München konnte man damals einen so patenten
und moderne», durch und durch künstlerischen llni-
versalpoöten offiziell nicht brauchen!
Otto Eckmann gehörte zu den Hochbegabten,
in deren Händen Alles, was sie berühren, künst-
lerischen Sinn bekommt. An ihm habe ich wie an
wenig anderen bewahrheitet gefunden, daß das
spezifisch Künstlerische keineswegs — wie
Manche glauben — durch die angelernte Beherrsch-
ung der Natur und die Erweckung von Illusionen
der Natürlichkeit erschöpft ivird, sondern mehr noch
in seelischen Spannkräften und rein subjektiven Ge-
staltungstrieben begründet ist, welche von den
Phänomenen der Natur bis zu einem gewissen
Grade unabhängig sind. Mit anderen Worten:
Nicht die Natur verleiht dem geborenen Künstler
seinen Rhythmus, sondern sie muß sich umgekehrt
gefallen lassen, vom Künstler in seiner Weise be
seelt und stilisirt zu werden. Auch die bildende
Kunst hat, wie die Musik, ihre frei erfundenen
Melodien; in diesem Sinne war Otto Eckmann
ans dem besten Wege, ein großer Komponist zu
werden. Er wird uns unvergeßlich bleiben.
Georg Hirth.
Der neue ZZlutarch
„Schau, schau", sagte dev schwarzeAujust
gerührt zum schamhaften 2ldolf, „bist
halt doch a guata Aerl! Hab Di allweil an
lurhrischen Zipst g'schimpfk, und bei derSimul-
tanschulgschichr bist halt do wieder mci Spezll"
44o
J U G t N D
1902
Populus niger — populus nigra
linker beifälligem Rauschen der Schwarzpappel Allee bringt der Landmann
seine Maare in der Dunkelheit endlich zum Markte.
3cb schwenke!
Der Abg. Heim sagte in der bayrischen Abgeord-
netenkammer, er brauche den Staatsdienst nicht; schlimm-
sten Falls gehe er zu Sedlmayr und schwenke Lasser.
Ein Schafskopf, der mir Höflichkeit
Will alles übcrrünchcn I
So sind wohl in Berlin die Leut',
Doch nicht bei uns in München.
Ich schimpfe, daß cs nur so saust,
Ich sage, was ich denke.
Seht her! wie grob ist diese Faust!
Ich schwenke, schwenke, schwenke.
Vvic schwitzte ich vor Acrgcr Blut
Einst über die Pennäler,
Die Rerlc brachte» mich in VVurh
Als meine schlimmsten E.uälcr.
Lausbuben ihr, ich werde krank,
wenn ich an euch nur denke!
Burscht alle mir den Buckel lang!
Ich schwenke, schwenke, schwenke.
Das
Krunnenvergisllingz-
Lau; Klibekl
Der Staatssekretär von
Richthofen hat auf einer
Soiräe dem Pimee-Corre-
spondenten Saunders ge-
sagt, daß Niemand mehr
zur Verhetzung Englands
mit Deutschland beigetragen
habe als Saunders.,
An den Abgeordneten Dr. Dcinhcird
Als der Referent Kohl die bekannte hocherfreu-
liche Aeußerung Sr. K. Hoheit des Prinzen Lud-
wig über die Simultanschule dem Plenum der Ab-
geordnetenkammer bekannt gab, rief der liberale
pfälzische Abg. vr. Deinhard: „Intolerant! . .“
Bei den Liberalen gab es höchst peinlich berührte
Gesichter über diese Kraftleistung eines Zraktions-
mitgliedes, das erst in den letzten Tagen
>2 000 Liter Wein an den königl. Hof ab-
geliefert und dabei kein schlechtes Geschäft
gemacht haben soll." Bayer. Kurier
Bedenk’: 12 000 Liier tdoin!
Da heihl's loyal und höflich fein
Und prlnzllch zu», Verrücken.
Denn das ist wahre LenlrumsMl':
Ze höher, Zreundchen, der Profit,
Ze krümmer Tel der stücken!
Crt-Crl
ein Sieg der katholischen Presse
Beim Eisenbcchnetat hat jüngst l>i'. Pichler den
Minister v. Crailsheim darüber zur Erklärung anf
gefordert, was für Zeitungen in der k. General
dlrection gehalten werden. Der Minister konnte zu
seinem großen Glück Nachweisen, daß Blätter aller
Richtungen dortselbst vorhanden sind. Eine genaue
Revision hat aber nun sogar ergeben, daß aus dem
Abort der k. Generaldirection mehr ultramon-
tane als liberale Blätter sich sandelt, ein Triumph,
der schlagend beweist, daß es mit der Jnseriorität
der Ultramontanen eitel Wind ist.
Ilse
(frei und frank nach wedekinds
Ich war ein Aind von >5 Jahren,
Lin unschuldsvolles, reines Aind,
2lls ich zum ersten Mal erfahren
lvie mieß die Ueberbrettl sind.
Ich sah es gähnend an und lachte,
Und sagte mir: Ls ist nichts d'ran.
Und dabei fing ich sachte, sachte
Itl süßen Schlaf zu fallen an.
Seit jener Zeit hass' ich sie alle,
Die Ueberbrettl groß und klein —
wenn ich dem Stumpfsinn einst verfalle,
Dann werd' ich auch beim Brettl fein.
Karl Lktlinger
Otto Eckmann f
Nun der lange schmerzlich vorausgesehene Heim-
gang dieses Trefflichen erfolgt ist, fällt es mir doch
schwer, die rechten Worte zu finden. Otto Eck-
mann, der feinbedächtige junge Hamburger, ist
uns schon in München viel mehr geworden als
eine Bereicherung der Malergilde. Als er vor
zwölf Jahren im Kunstverein mit einer stattlichen
Serie höchst bedentsamer Naturstudien hervortrat,
welche von selbständigem Empfinden und zielbe-
ivußtem Können glänzendes Zeugniß ablegten, da
sagten wir wohl: Ein neuer Maler, der seine eige-
nen Wege geht, ohne irgend einem malerischen
Problem auszuweichen. Von der eben in die Arena
tretenden Sezession wurde er selbstverständlich mit
offenen Armen ausgenommen. Aber bald zeigte
es sich, daß ihm der fleißige Naturbummel und
die Palette nicht genügten; die Sehnsucht nach
neuer künstlerischer Gestaltung des Lebens
packte ihn gewaltig. Ich gestehe ehrlich, daß ich
damals die Auflehnung Eckmann'S, Th. Th
Heine's und Peter Behrens' gegen die „nur-
malende" Muttersezession nicht ganz verstanden
habe; vielleicht wäre Manches anders geworden,
wenn man sich ernstlich um eine Verständigung
bemüht hätte. Genug, der Bruch trat ein, und
Eckmann gieng mit Begeisterung unter die Klein
künstler und Illustratoren, ja unter die Töpser,
Buchbinder und Tapezierer. 1896 führte uns die
„Jugend" wieder zusammen, zu deren besten För-
derern und Mitarbeitern Ott o Eckmann von allem
Anfang an gehörte. Dann kam seine Berufung
als Professor an die Kunstgewerbeschule in Berlin,
— in München konnte man damals einen so patenten
und moderne», durch und durch künstlerischen llni-
versalpoöten offiziell nicht brauchen!
Otto Eckmann gehörte zu den Hochbegabten,
in deren Händen Alles, was sie berühren, künst-
lerischen Sinn bekommt. An ihm habe ich wie an
wenig anderen bewahrheitet gefunden, daß das
spezifisch Künstlerische keineswegs — wie
Manche glauben — durch die angelernte Beherrsch-
ung der Natur und die Erweckung von Illusionen
der Natürlichkeit erschöpft ivird, sondern mehr noch
in seelischen Spannkräften und rein subjektiven Ge-
staltungstrieben begründet ist, welche von den
Phänomenen der Natur bis zu einem gewissen
Grade unabhängig sind. Mit anderen Worten:
Nicht die Natur verleiht dem geborenen Künstler
seinen Rhythmus, sondern sie muß sich umgekehrt
gefallen lassen, vom Künstler in seiner Weise be
seelt und stilisirt zu werden. Auch die bildende
Kunst hat, wie die Musik, ihre frei erfundenen
Melodien; in diesem Sinne war Otto Eckmann
ans dem besten Wege, ein großer Komponist zu
werden. Er wird uns unvergeßlich bleiben.
Georg Hirth.
Der neue ZZlutarch
„Schau, schau", sagte dev schwarzeAujust
gerührt zum schamhaften 2ldolf, „bist
halt doch a guata Aerl! Hab Di allweil an
lurhrischen Zipst g'schimpfk, und bei derSimul-
tanschulgschichr bist halt do wieder mci Spezll"
44o
Arpad Schmidhammer: Illustration zum Text "Der neue Plutarch"
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
Cri-Cri: An den Abgeordneten Dr. Deinhard
Monogrammist Frosch: Das Brunnenvergiftungs-Laus-Buberl
Georg Hirth: Otto Eckmann †
Frido: Ich schwenke!
Karl Ettlinger: Ilse
Monogrammist Pfeilspitze: Populus niger - populus nigra
[nicht signierter Beitrag]: Ein Sieg der katholischen Presse
Plutarch [Pseud.]: Der neue Plutarch
Cri-Cri: An den Abgeordneten Dr. Deinhard
Monogrammist Frosch: Das Brunnenvergiftungs-Laus-Buberl
Georg Hirth: Otto Eckmann †
Frido: Ich schwenke!
Karl Ettlinger: Ilse
Monogrammist Pfeilspitze: Populus niger - populus nigra
[nicht signierter Beitrag]: Ein Sieg der katholischen Presse