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^ 'crt Meier also, wie wir wissen,

EA Hat bald der Strudel fortgerissen,

Als er in München arriviert,
wo man so gut sich amüsiert.

Er schlief des Morgens bis nach Zehne,
That sich beim „Franziskaner" bene
Bei weiß-, Schweins-, Brat- und

wiener Würsten,

• JUGEND .

Aff

Mit Lackstiefletten, Chapeau Claque,

Mit weißer Nelke — keiner rothen! —
Mit Dogskin-Gloves an den Pfoten
Und einem frischgestärkten Hemd
Hat er poussiert dort und geschlemmt
Und, sozusagen, flaschenweis
versoff er dort des Volkes Schweiß.

Er trank den Schampus, der moussierte,
Er fraß das Roastbeef, das garnierte,
Und nachher Hummermayonnaise,

Er hüpfte keck in der Fran^gise,


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Nr. 42

Ein Volksbedrücker war, ein feister -
ward Meier ohne Spur von Scham
Der Bürgerstochter Bräutigam!

Da war's natürlich ganz vorbei
Mit seiner Sozialisterei:

Stets abwärts ging es jetzt mit Maxen,
Schon morgens aß er zwei, drei Haxen,
Trank außer Bier auch theure weine,
Hielt sich zwei Traber, aber feine,
verbrauchte Aisten voll Havannah
Und soutenirte eine — Anna!

An Umfang wuchs er fürchterlich,

Der Arbeit ganz enthielt er sich

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ders die im West«!,

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ine Hocus-PocrS!
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auf meine» Mii!"


worauf er speiste, wie die Fürsten:

Fisch, Braten Mehlspeis. Käs und Obst;
Dann ging er in das Cafe Probst,

Um dort dem Billard zu fröhnen

Mit wohlgenährten Bürgersöhnen.
Geld gab er aus, als hieß' er Krupp,
war auch bei einem Radlerklub
Und Schützenbund — und überhaupt,
Lin jeder Spaß schien ihm erlaubt.

In Tingeltangels, auf Paraden,


Kam Meier immer mehr zu Schaden,
Ging schamlos in das Hoftheater,
(Subventioniert vom Landesvater!)
Kurz, er genoß in vollen Zügen
Das hier gebotene Vergnügen.
Undach! wenn die Red outen kamen -
Mit riesig ausgeschnittnen Damen
Trieb's Meier auf dem Bai pare,
wie Einer aus der Haute volee!

Er ging in breitgeschwänztem Frack,

Er koste mit dem Domino
viel inniger, als comme il faut

Na, kurz, auf solchem Bai parö
Benahm er sich wie ein Roue,
Lapitalistenstammentsprossen,

Doch nicht wie einer der Genossen!
Auch in Loncerten und auf Bällen
Sah man den windigen Gesellen —
Er nahms bei diesem Lebenslauf
Mit einem jeden Leutnant auf.

Und siehe: eines schönen Tags
Ließ sich mit diesem Meier Max
Lin reiches Bürgertöchterlein

Halt in ein Techtelmechtel ein!

Der Myrthenkranz ging in die Binsen,
Und Meier, mit frivolem Grinsen,
Gestand dem Vater, dem unseligen,

Ls wär' die höchste Zeit, zu ehlichen,
Obwohl das Mägdlein krumm und schief
Und ihr Papa conservativ
Und obendrein ein Metzgermeister,

Und Meier, vordem so bescheiden,
war jetzt zu faul, Coupons zu schneiden.
Den Armen gönnt' er keine Mark,

Blos im Tarocken war er stark!

Und als der Schwiegervater starb
Und Meier das Geschäft erwarb,

Hat er die Wurst gleich schnöderweise
vertheuert, ob der Schweinepreise.

Er pflegte jegliche Partei gern
Als Hausherr zu Neujahr zu steigern,
ward grob und rauh, wie 'Stacheldraht,
Gemeinde- und Lommerzienrath!

So ist im Laxrra der Gemüther
Des Sozialismus strammster Hüter,

Des Proletarierstandes Säule
Geborsten endlich durch die Fäule,
weil München ihm zu wohl behagt —
Ganz wie es August Bebel sagt.

Genosse! Schau' Dir diesen Mann
Als warnendes Exempel an!

Zieh' nicht zu den entnervten Bayern,
Sonst geht es Dir einmal, wie Meiern,
Und wenn Du standhaft nicht verharrst,
So berstest Du, wie dieser barst!


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Register
Pips: Genosse Meier in Capua oder die geborstene Säule
Arpad Schmidhammer: Illustrationen zum Text "Genosse Meier in Capua"
 
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