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Rübezahl und das ungetreue Schneiderlein

fies Robert Engels „Rübezahl"

[Ucrlsg v. Jos. Scholz, Mainz]

nichts zu suchen und fühlte sich höchst unbehag-
lich unter vergoldeten Möbeln und knisternder
beide, die ihn an seine Fabrik erinnerte. Aber
er langweilte sich gerade. — Jeanne saß am Tisch
und las.

Zmn erstenmal sah er den Schreibtisch genauer
an; eine Erinnerung stieg in ihm auf, die ihn
lachen machte. . .

„Aomisch," sagte er und strich mit der breiten
l?and über die eingelegte Platte, „der Tisch . . .
Moher hast Du den eigentlich?"

„Von Gnkel 6eym," antwortete Jeanne gleich-
giltlg und klappte resigniert ihr Luch zu.

.. sa. Na — ich hätte fast schwören

mögen . . entgegnete er und setzte sich auf
Taburett, das unter seiner Last aufseufzte.
ttMie ich so'n Bengel von acht Jahren war, stand
bei uns von Großmama allerhand so altes Zeug
?eunn. Auch so ein Schreibtisch — gerade so
^1Ier* i^upa hat dann alles verkauft — denn so
^aaieit sind totes Kapital und bringen ein schönes
~tucF* - Da ist mir was Köstliches passiert. Ich
war damals mit meinem Flobert höllisch hinter
en Spatzen her und das litt Großmama nicht,
a nahm sie mir dann heimlich die Patronen
V und sperrte sie in ihren alten Schreibtisch,
-pch heulte, aber die Grete, unser Stubenmädchen,
mg e mrr, wo die Dinger seien. Na — ich wartete
^ie alte Dame zum Gottesdienst ging
darin war sie genau — und dann nahm ich
en von den alten Degen, die da waren und

stöberte an der Lade heruin. Sie ging auch
glücklich auf, aber der Degen brach ab und ich
schnitt in ich gehörig daran. Die patroneii hatte
ich. Aber setzt hörte ich jeniand kommen . . .
wie iiian so als Junge ist, hatte ich mir seelen-
ruhig eins von Großmama's ganz feinen Spitzen-
taschentüchern um die Pfote gewickelt und das
war nun voll Blut und auf dein Tisch lag 'n
ganzes Ende von dein Degen, wie ich also die
Schritte höre, zieh' ich in ineiner Todesaiigst die
Lade ganz 'raus, stopfe alles tief hinten hinein,
hinter eiil loies Brettchen, das nmftel imb dailn
fir die Schublade drauf. — Den Degeil versteckte
ich — wo, weiß ich selbst ilicht mehr. Es fehlte
ja die ganze Spitze, die lag beim Tuch. — Groß-
mama kam nun ganz elend aus der Airche, legte
sich gleich hin und stand auch nicht inehr auf. —
Ist das nicht komisch? Das war fast genau fo'il
(Lisch — wie der da. . . laß mal sehen. — Aber
was hast Du denn, Mäuschen?"

Jeanne hatte sich aufgerichtet. . . ganz blaß
uiid mit funkelnden Augen, die iin palbdunkel
grün leuchteten . ..

„Laß mich, Du . . ."

„Na nu?l"

Er spraiig iiiehr erftauilt als ärgerlich auf.
Aber sie bezwang sich augenblicklich und sagte mit
matter Stimme und gezwungen lächelnd:

„Entschuldige — aber ich habe schreckliche Mi--
graine. Jedes Wort, das Du sprichst, tut mir weh."

Und sie log wahrhaftig nicht.

„Ach so — ach so l" brummte er. „Na —
Du, da geh' ich lieber. Da bist Du mir zu kratz-
bürstig — das kenne ich."

Mit fettem, geärgertem Lachen verschwand er.

Jeanne hielt den Tisch mit breiten Armen
umfaßt und ihre Tränen fielen auf das duftende
polz . . . Ach, noch einmal allein sein können,
allein — ohne diesen Menschen, der mit plumpen
Füßen alles zertrat... seit zwei Jahren... oder
jemanden finden, der sie tröstete . .., ihr gute,
sanfte Worte sagte. . .

hastig nahm sie eines ihrer Louis- seize-
Papiere und schrieb . . .:

„Lieber Guy! Ich bin morgen Nachmittag nur
für Sie zu brause — kommen Sie zu Ihrer
Jeanne —." Und die schöne Lamballe neigte sich
grüßend und lächelte zufrieden .. .

Raul Bussen

Rindermund

„Großmutti, darf ich ein Stück Pfefferkuchen
haben?"

„Nein, Elschen, heute nicht."

„wann denn?"

„wenn Du mal sehr artig bistl"

„Acht — Bis dahin wird er ja alt!"

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[nicht signierter Beitrag]: Kindermund
 
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