Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 53

1907

JUGEND

Gyronasiatlebrer Max rta»en (München)

.Von Shakespeare weiß man heute noch nicht, ob er in Italien war! Bei uns darf man nur das Gepäck anfchaun,

dann weiß man gleich, wie man dran ist!"

Bülows Sündenregister

Auf dsm jüngsten Delegiertentag der konser-
vativen Partei wurde trotz allen guten Willens,
die Blockmajorität zu erhalten, darüber geklagt,
daß der Kanzler lediglich zum Linksabmarsch kom-
mandiere und sich vor der großen Masse verbeuge;
für die Rechte habe er nichts übrig, die Vorteile
der Blockpolitik heimse nur die Linke ein-

Auf den Versammlungen der Linken wird trotz
allen guten Willens, die Blockmajorität zu er-
halten, darüber geklagt, daß der Kanzler lediglich
zum Rechtsabmarsch kommandiere und sich vor
den Agrariern verbeuge; für die Linke habe er
nichts übrig, die Vorteile der Blockpolitik heimse
nur die Rechte ein.

Aber das sind der Sünden noch nicht genug,
die der Kanzler auf seinem schwarzen Gewissen
hat. Freiherr von Manteuffel hat ihn noch aus
einem anderen Grunde gerüffelt. Der Kanzler
habe durch seine Besprechungen die Einigkeit der

Blockparteien, die in die Brüche zu gehen drohte,
wieder hergestellt, aber um welchen Preis? Er
habe mit seinem Rücktritt gedroht! Mit seinem
Rücktritt nicht wegen der Ungnade seines kaiser-
lichen Herrn, sondern wegen der Ungnade des
Parlaments! Was wir im Parlament sagen, so
meinen die Konservativen, das muß einem Kanzler
ganz schnuppe sein; nach uns hat er sich nicht zu
richten. Er hat seine Flöte von seinem kaiserlichen
Herrn bekommen, nicht um sie unseretwegen still
hinzulegen, sondern um auf uns zu pfeifen!

Rönigssorgen

König Leopold von Belgien hat auf seine alten
Tage viele Sorgen. Er wird immer reicher und
reicher. Run ist Reichtum an sich schon eine große
Unbequemlichkeit und eine schwere Sorge; für
König Leopold ist er dies aber noch mehr als für
jeden anderen, denn er muß sich seinen schönen

Greisenkopf darüber zerbrechen, wie er den Reich-
tum nach seinem Tode seinen Töchtern und ihren
Manichäern entziehen kann. Da kommt ihm nun
die unerschöpfliche Liebe zu statten, die er zu seinem
Lande hegt, eine Liebe, die um so größer ist, je
seltener er sein Land sieht. Er hat zuerst den Ge-
danken gehabt, seinen großen und herrlichen, in
Frankreich gelegenen Landbesitz nach dem Kongo-
staate zu schaffen, wo er sich eine Krondomäne
reserviert hat; aber die französische Regierung hat
ihm mitgeteilt, daß in Frankreich der Export von
Grundbesitz verboten sei. Nun will er seinen
Grundbesitz seinem Lande zu einer Stiftung für
unglückliche Frauen und Jungfrauen ver-
machen; in das zu errichtende Stift sollen nur
ausgenommen werden:

1. Frauen, die von ihren Männern betrogen
werden,

2. Töchter, die von ihren Vätern enterbt oder
verflucht werden.

12^8
Register
[nicht signierter Beitrag]: Königssorgen
Max Hagen: Gymnasiallehrer
[nicht signierter Beitrag]: Bülows Sündenregister
 
Annotationen