Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 30

JUGEND

1908

I.

föertti a

Suttner

Der neue 'Cannbäuser im Venusberg

Das vertrauen des Auslandes auf die Harmlosigkeit des Lheruskers, den man im Berge des

Friedens wähnt, geht doch — etwas weitl

Bism arch - Plutarcb

Als Bismarck J$35 am Berliner Stadt-
gericht als Auskultator beschäftigt war, hatte
er die Termine in Ehescheidungen zu be-
handeln. Eines Tages trat ein sehr merk-
würdiges paar vor die Schranken: der Mann
kohlpechrabenschwarz an Haar und Ge-
wand, die Frau feuerrot, „wir haben uns
nur aus Zweckmaßigkeitsgründen geheiratet I"
erklärte sie. „Jetzt haben wir genug von unserer
Ehel Trennen Sie uns!"

„Ach was!" erklärte Bismarck kurz und
bündig. „Euch Beide kenn' ich! Bei der
nächsten bayrischen Landtagswahl oder
Reichstagswahl geht Ihr ja doch
wieder zusammen!"

Ein flotter S ursch

Zur Zeichnung „Bismarck in Göttingen" von
A. Schön mann, auf S. <599 dieser Rümmer

So legt nur, ihr gestrengen Alten,

Nicht gleich die Stirn in grimme Falten,
Als stünd' die Welt am Untergang,

Wenn mal ein Bursch, ein strammer, fester.
Verjubelt hat ein paar Semester
Am Kneiptisch und bei Schlägerklang!

Ich weiß von einem solchen Jungen —
Der hat den Hieber wild geschwungen
Und schwänzte die Collegia;

Hat manches Burschen Fell durchlöchert
Und manche heiße Nacht durchbechcrt
Mit Göttingens „Hannovera".

Cr hatte dutzendweis' Duelle,

Die Professoren und Pedelle
Und Herrn Philister grollten schwer.
Wenn der, mit Andern losgelassen.

Des Musen-Nests verschlafne Gassen
Durchtollte gleich dem wilden Heer.

Und wenn einmal die Zunft der Basen
Ob solchem gottvergefs'nen Rasen

Die Hände bang zusammen schlug,

Dann trieb er's wilder nur und stärker
Getreu dem alten Spruch der Märker
Der heißt: Noch lange nicht genug!

Nur mühsam und „in Gottesnamen"

Kam er zuletzt durch sein Examen,

Zum Doctor juris bracht' er's nicht -
Und ist denn doch ein Mann geworden,
Bon dem im Süden, wie im Norden
Sein Volk mit stolzer Ehrfurcht spricht!

Und der so ohne Federlesen,

So überschäumend jung gewesen
In ungehemmter Frohnatnr:

Das war Herr Bismarck von

Schönhausen -

Stieg oft noch zu der Feinde Grausen
Pro patria auf die Mensur!

Litt keinen Tusch je fromm-geduldig,
Blieb keinen Hieb dem Gegner schuldig,
Der ihn im Uebermut gestellt.

Hat Abfuhr nie davongetragen.
Gefürchtet in den schlimmsten Tagen
Bloß Gott — sonst nichts auf dieser Welt!

Der Wildfang und verwegne Sünder
Ward unscrs Reiches Hort und Gründer,
Den ewig grüner Lorbeer kränzt —

Ihr seht: mitunter kann auf Erden
Sogar aus dem was Rechtes werden,
Der fröhlich das Colleg geschwänzt!

Hanns

»

Der Realpolitiker

„Nun, Herr Gymnasialrektor, wie verlief
gestern die Versammlung?

„Danke; die Rede, in der ich die Notwendig-
keit einer taktisch geschickten Realpolitik nachwies,
schlug mächtig ein. Leider habe ich im Versamm-
lungslokal meinen Regenschirm stehen und meinen
Hut hängen lassen, auch die Bezahlung meines
Bieres vergaß ich."

Bismarck - Plutarcb

In seinen „Gedanken und Erinnerungen"
erzählt Bismarck, daß er gern getanzt habe,
obwohl Kaiser Wilhelm I. es nicht gerne sah
und für nicht ganz der würde entsprechend
hielt.

„Sie tanzen nicht gerade sehr graziös!
spottete einst windthorst.

„Ich weiß!" gab Bismarck zurück. „Aber
so, wie Sie wollen, wird hoffentlich nie ein
deutscher Kanzler tanzen!"

706
Register
Plutarch [Pseud.]: Bismarck-Plutarch
[nicht signierter Beitrag]: Der Realpolitiker
Hanns (Hans): Ein flotter Bursch
Monogrammist Frosch: Illustrationen zu den Texten "Bismarck-Plutarch"
Monogrammist Hammer: Der neue Tannhäuser im Venusberg
 
Annotationen