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Gedichte

Dort Paul Weber (München)

Strafgericht

Aber du Bösxr, wo warst du gestern?!
Nein, ich habe mich heiß gewartet
Nur nach dir, du Böser, gestern!

Aber heute bist du mein.

Ganz allein
Mein!

Hin und her Hab ich gewartet,

Hab die ganze Zeit zerpflückt
Wie ein großes, großes Maßliebchen
Hab mich immer ins Fenster gebückt:
Ja oder nein?

Nein!

Komm! Da gibt es keine Verzeihung!
Soll dir wohl ein Haar ausreißen?

Soll dir in die Lippen beißen?!

Nein! Da gibt es keine Verzeihung,
Strafe muß sein!

Nein!

Still, jetzt müssen wir fleißig sein
Müssen für heut und gestern lachen,

All den lieben Unfug machen.

Küsse mich! Heute bin ich dein,

Gaitz allein
Dein!

Erinnerung

Die Abendsonne legt die Hand im Scheiden
Auf ein Schneeland, daß es leuchtet
Wie ein ruhender Frauenleib.

Feierlich steht der Wald und schweigt.

Die Abendsonne tastet über die Hügel,

Die schimmern in stiller Lust.

Still und träumerisch wird das Land ...

So ruhte einmal meine Hand.

Paul Rieth (München!

Gerhcrrt

Erzählung von UJilly Speyer (TOünd)en-0reif$wa!d)

fls Gerhart eines Abends mit den Kameraden
durch die Wälder eilte, legte er wie vor
sich selbst mit heftigen Worten und Gebärden
Rechenschaft ab von dem Plan, der seine Seele
in den letzten Wochen erfüllt hatte. Die Knaben
schritten begeistert und erregt in einer langen
Reihe gegen den Frühlingssturm an, der in
ihrem Haar und ihren Krawatten wühlte. Mit
entzücktem Schweigen wanderten sie, da der
Sprecher geendigt hatte, an den Fichtenstämmen
vorbei; ihre feuchten Lippen waren geöffnet
wie bei Propheten, die ihre Häupter dem
flüsternden Erzengel geneigt haben. Dann aber
brachen wie Feuerstrahlen aus ihrem Munde die
Fragen. Als sie endlich gesättigt von Ger-
harts Antworten stehen, blieben, wandten sie
sich trauernd über etwas Unbegreifliches dem
See zu, der mit Gelassenheit die Schatten der
Nacht zu sammeln begann.
Register
Paul Rieth: Der Reigen
Paul Weber: Strafgericht
Paul Weber: Erinnerung
Wilhelm Speyer: Gerhart
 
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