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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 18.1913, Band 1 (Nr. 1-27)

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https://doi.org/10.11588/diglit.4209#0016
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Die BarbieriaÖe

Ein Heldensang

Sei mir gegrüßt, du Becken aus golden blitzendem Messing,

Sei, o Barbier, mir gegrüßt, der es so sauber geputzt.

Dich auch grüß' ich, belebter Saal, du gastliche Stätte,

Und der Gesellen Schar, die sich da emsig bemüh'».

Da und dort sitzt gähnend ein Gast im geschweifeten Lehnstuhl;

Willenlos ist er gebannt unter dein schabeirden Stahl.

Andere stehen umher. Die rennen wie zornige Tiger
Ln der Stube herum, harrend der bald'geir Rasur.

Jene stöbern nervös iir Zeitungen oder Kalendern,

Dieser raucht wie ein Sehlot, bis ihn das Messer ereilt.
Ruhvoll steht an der Kasse uird lächelnd die Herrin des Hauses,
Als ein ruhender Pol irr der Erscheinungen Flucht.

Streng und ernst überwacht sie die Reihenfolge der Gäste,

Daß, wer später erschien, später auch werde bedient.

Warten nruß Graf und Fürst, wemr der schweinemordende Metzger
Vorher trat ins Lokal: also gebietet's der Brauch.

Wohl erhebet zuweilen der Geist der Zwietracht die Tatzen,
Maßet den Bortritt einmal kühnlich ein Frecher sich an.

Aber da fleht der Barbier: „O Kindlein, liebet einander;

Wappnet euch doch mit Geduld! Jeglichem nahet der Stahl."
Und dem vortrefflichen Manne gelingt die Beschwörung

des Streites,

Seinenr gewichtigen Wort schweiget des Grimmes Gewalt.
Eirdlich iraht der Moment, da der Letzte zum Ersten geworden,
Und der geschweifte Stuhl nimnrt meinen Leichnam jetzt auf.
Freundlich drückt der Barbier die „Jugend" mir in die Hände,
Daiin umschmiegt er den Hals mir mit dem reinlichen Tuch.
Und danir tritt er heran mit der schaumgefülleten Schüssel
Und niit dem Pinsel vonr Haar unseres nützlichen Schweins.
Run bemalt er mit Fleiß imb mit Seifenschaum mir die Waiigen,
Auch den oberen Hals und das gedoppelte Kinn.

Wie der geschäftige Hafner beinr Baue des häuslichen Herdes
Mächtige Truhen voll Lehm nützet zu löblichem Werk:

Immer voii neuem er türmet die zähen, gelblichen Massen,
Sorglich ist er bemüht, daß sie verbinden den Stein:

Also häuft der Barbier die weißlich schäumenden Massen
Mir auf Wangen rmd Kinn, decket die Stoppeln mir zu.
Oftmals schweifet voll Sehnsucht das Arige zum Deriter der

Zeit hin:

Ist es denn noch nicht genug endlich des grausamen Spiels?
Aber wie jegliches Ding, so hat auch das Schmieren ein Ende,
Und unr mein halbes Gesicht starrt eine Wolke von Schauin.
Run ist der Meister befriedigt. Da drüben iir lauschiger Ecke
Gibt er dem schimmernden Stahl letzten geschmeidigen Schliff.
Jetzo tritt er heran mit liebenswürdigstem Schmriiizelir:

„Darf ich bitten, mein Herr?" Also mm schabt er mit Macht,
Dreht nach seinem Belieben den Kopf mir zur Rechten,

zur Linken;

Gleich einer Puppe aris Gips komme ich Dulder mir vor.
Ihnr aber fließt aus dem Zaun der Zähne die Fülle der Rede:
Kuiist rnid Literatur, Bühne, Musik, Politik —

Alles ist ihm geläufig, iir Keinem versaget fein Urteil,

Und Meteorologie ist sein besonderes Fach.

Rechtsauskünfte erteilt er trotz einem Rechtskonsulenteir;

Einzig von Religion spricht er gemeiniglich nicht.

So ist der Redegewandte auf allen Gebieten zu Hause;

Aber sein liebstes Gebiet ist ihm der neu'ste Skandal.

Denn von den Schwächen der Menschen weiß er sich — gottlob

— ja so ferne;

Drum wer wäre da mehr rirteilsberechtigt als er?

Wie er intimste Kenntnis mit Liebe zur Sache verbindet,

Licht und Schatten verteilt, auch mit Entrüstung nicht spart,

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meinen Mut wachsen und
meine Kräfte machtvoll
herausquellen. Allen kör-
perlichen und geistigen
Strapazen gehe ich fröh-
lich entgegen, und ich
überwinde sie mit Hilfe

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Bel etwaigen Bestellungen l>lttet;

man auf <lle Münchner „.JÜGT

1ND“ Bezug zu nehmen. —.

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Hugo Feeß: Die Barbieriade
 
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