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sich an, empfing Aufmerksamkeiten, nannte sich kein, Namen
und es konnte nicht fehlen, daß auch die Liebe ihre Fäden zu
spinnen begann.

So weit hatte sich die Sache ganz schön angelassen! Aber
die fatale Lage ihres Ortes zwischen den beiden Fronten brachte
die Vnlsuganerinnen mit der Zeit in eine recht mißliche
Lage, die es mit sich brachte, daß sie ihre Freundschaft
und Liebesgunst auf Freund und Feind ausdehnen niuß-
tsn. Wären sie Heldinnen gewesen, so würden sie wohl
den Feind abgewiesen haben. Sie waren aber bloß arme, ver-
schüchterte Frauenzimmer, die, so gut es ging, sich durch die
Gefahren des Krieges fretten wollten. Es kam da gar oft
vor, daß die österreichische Patrouille aus dem Dorfe zog und
die wällische hintenher hineinschlich, so daß so mancher Italiener
aus einem Kruge trank, aus dem eben noch ein Tiroler ge-
trunken hatte oder daß er einen Mund küßte, der zuvor von
einen, Österreicher geküßt worden war. Anfangs wußten die
Gegner nichts von diesem Doppelspiele der Liebe, aber schließ-
lich sickerte die Kenntnis dieser Dinge doch durch, denn Miß-
gunst, Neid und Eifersucht lassen die Weiber nicht schweigen.
Es währte nicht lange, so wußte Jeder, wer sein Nebenbuhler
im feindlichen Lager war. Damit war dem Kriege mit einem
Male sein unpersönlicher Charakter genommen, denn nun besaß
Jeder seinen eigenen Feind auf der Gegenseite, an dessen Hin-
wegschaffung ihm gelegen sein mußte.

» *

*

Auf den Zugsführer Patscheider kam in diesem Spiele
der Liebe auf der wällischen Seite der Alpinileutnant Giuseppe.
Patscheider erfuhr es von seiner Cornelia selbst, die aber wohl
verschwieg, daß sie sich durch dieses Geständnis für die fallweisen
Treulosigkeiten Giuseppes rächen wollte, der auch bei der schönen
Barberine öfters Liebesrast hielt. Patscheider verzieh in Hin-
blick auf die Schwierigkeit der Situation seiner Cornelia, faßte
aber den festen Entschluß, dem Alpinileutnant bei einer günstigen
Gelegenheit sein galantes Handwerk zu legen. Eimnal war er
auch bei einem Patrouillengange schon nahe daran, den Giuseppe
unschädlich zu machen. Da kam ein Flankenschuß und traf
Patscheider in den Schenkel. Giuseppe entkam und Patscheider
mußte ins Spital.

Biel mehr als seine Wunde schmerzte ihn der Gedanke,
daß nun vielleicht ein anderer „seinen" Feind unschädlich machen
könnte. Patscheider hatte in dem Pustertalerspiial unten nicht
viel Ruhe. Er beschäftigte sich immer mit seinem Gegner und
wie er ihm am besten beikonimen könne, wenn er wieder oben
in der Stellung sein werde.

Als Patscheider endlich wieder zur Konipagnie zurllck-
konnte, galt seine erste Frage dem Giuseppe. Gott sei Dank —
er lebte noch und trieb weiter seine Schandtaten mit den Weibern
in der Ortschaft. Jetzt wäre die Maria Bnttistini dran.

Patscheider nahm die näheren Details abends, als nian
im Unterstände gemütlich beisammen saß, mit großer Befrie-
digung zur Kenntnis.

„Net zum Erwischen ischt halt der Bazi," berichtete ein
Unterjäger, „der muaß rein mit 'n Tuifel verbandest sein!"

Patscheider lachte, spuckte aus, was bei ihm stets die
Vorbereitung zu einer wichtigen rhetorischen Unternehmung war,
und sagte: „Und i derpack ’n do noch!" Da er das so über-
legen und gewiß behauptete, fragte alles neugierig, wie er Das
anstellen wolle.

„Den trifft schier koan Kugel, den Malefizalpini," betonte
einer aus den, Kreise, um die kühne Behauptung Patscheiders
zu erschüttern.

„Mit st. Schiaßen," ergriff Patscheider wieder das Wort,
„mit Schiaßen ischt dem aa net leicht beiz'küma. Aber i
will Enk sagen, Mander, wia ma den Alpin! derpackcn „maß:
Mit 'n Vastand — —."

Nun kannte das Verwundern und Neugierigtun erst recht
keine Grenze, denn Niemand konnte sich vorstellen, wie Pat-
scheider den Wällischen mit dem Verstände unschädlich machen

Albert Lang (München)
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