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Mitten in den Weg sprang ein Daum, hemmte. Fluchend umbog ihn der
Dauer. Der Schein flog auf einen Busch. Gierig stürzte Wulf auf die
Zlveige. Aber der Wind raubte den Schein vor den Fingerspitzen weg.
Blutige Hände riß der Bauer aus eingefchlagenem Geäst. Pfützen spuckten
ihn an, Mulden und Löcher kniffen wie Fallen nach feinem Schritt.
Wulf ließ sich nicht festhalten. Auch, als ihm das Schilf in die Hände
schnitt, hohe Spitzen sein Gesicht zerkratzten, kehrte der Bauer noch nicht
um. Seine ganze Gebärde krümmte sich nach dem blauen Schein. Er
mußte, mußte ihn haschen. Wasser bespritzte schon den Keuchenden, Lehm
umkettete seine Knöchel. Bis zu den Knieen sank er ein. Trotzdem wühlten
seine Hände noch immer nach vorne. Dort, zivei Armlängen entfernt, ruhte
der blaue Schein im braunschwarzen Wasser. E>n neuer Griff — Klat-
schend schlug die Hand des Bauern nach dem Geld. Ein neuer Schritt.
Die Km'ee schwankten; stolpernd brach er ein. Das Sumpfwasser sprang
an ihm empor, umkreiste seine Brust. Voll jäher Bestürzung, wobei ihm
das auffchicßende Blut den Blick trübte, suchte er die Füße wieder zu
straffen. Die glitschige Erde aber st'ng glucksend zu höhnen au; Blasen,
stiere Augen, stiegen ringsum auf und glotzten. Da packte den Bauen,

eine furchtbare Angst, fein Herz schlug gegen die Wasser, Hände und Füße
wehrten sich gegen den Untergang. So aber sank er immer tiefer ein. Sein
Mund spuckte, wütete. Bei allem ließ Wulfs Hand die erhaschte Bank-
note nicht loS. Schließlich ragte nur mehr der Arm, ein schwankender
Pfahl aus der Tiefe, und un,krampfte das Geld.

Unterdessen jagte der Sturmwind die übrigen Scheine unstet fort.
Manchem gelang es, sich in einem Busch festzuhalten oder in einem Loch
Ruhe zu flnden. Keiner blieb beim andern. Die n,eisten fanden ihr Grab
im Morast. Manche wurden zwar von den Erben des Untergegangenen
noch aufgesunden und zum Geld im Leinensack gehäuft.

Doch blieben mehrere verborgen.

Sie lagen lang in ihren Verstecken und Ruhelöchern, bis suchende
Kinder aus Kaltheim sie entdeckten. Jubelnd trugen sie das Geld den
Eltern heim.

Am Sonntag, nach dem Kirchgang, aber legten sie die Scheine auf den
weißen Pudel des Bäckerladens, stellten sich der ungewöhnlichen Brotlast
unter den Armen und achteten des Schweißes nicht, der ihnen beim Tragen
perlend aus den Stirnen brach.


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