Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ID II IE

1F O T O

§ IE II T IE

eint jetzt ein

Tung meiner

erstenmal in
ßie hast du eS
en und dann

Her

) kten des

lortfischer

*n Sport-

ortfischer“
material
ix auell
drucke

6.-. Man

iger, beim

ERl*®®

qLER'

Ästhetische Belange im Sportbild

Das Olympische Jahr 1936 bringt für die
Amateur-Fotografie eine gewisse Verpflich-
tung, die sich auf eine intensivere Beschäf-
tigung mit der Sportfotografie bezieht. Wir
Amateure sind ja nicht auf bloße Aktualität
angewiesen, sondern wir werden im' Sport-
bild nach anderen Gesichtspunkten werten,
die ihm Vertiefung und Verinnerlichung
bringen. Wir geben also nicht nackten Ab-
klatsch der Wirklichkeit, sondern wir stre-
ben nach Schönheit. Gerade hier kommt
der Sportfotografie noch eine Notwendigkeit
zu wesentlicher Arbeit zu, indem der Foto-
grafie mehr auf den Grund ihrer spezifischen
Wesenseigenheiten gegangen wird.

Uns fesseln am Sportbild Schönheit von
Bewegung und räumlicher Orientierung.
Wir werden nach einer dominierenden For-
mulierung vitaler und dynamischer Momente
streben. Dynamik als Zeichen für Linien-
aufbau und Richtung, Vitalität als Ausdruck
innerer Kraft und inneren Strebens.

Dynamik ist für die Fotografie ein heute
geläufiger Begriff. Seinen klarsten, aber
auch trockensten Ausdruck findet er in dia-
gonaler Richtung, die vielfach rezeptartig
als Mittel lebendiger Bildauffassung emp-
fohlen wird.

Wenn wir in der Sportfotografie einen
Lauf darstellen, so ist die Bewegungsrich-
tung in diagonaler Führung über das Bild-
feld durch entsprechende Wahl des Auf-
nahmestandpunktes ohne weiteres so aus-
drückbar, daß ihr formal höchste Lebendig-
keit zukommt. Beim Turnen finden wir in
der Körperhaltung, insbesondere in der
Richtung der Gliedmaßen des Darzustellen-
den ein äußeres Ausdrucksmittel für Dynamik
als einen Inhalt des Sportes; hier kommt es
auf Wiedergabe des günstigen Augenblickes
an, und Schußbereitschaft wird zum tech-
nischen Erfordernis.

Hatte man bisher diese Belange dynami-
scher Darstellungsform als das A und O
gestalterischer Bestrebungen in der Foto-
grafie gesehen und ausschließlich auch auf
das Sportbild bezogen, so wird eine Er-
weiterung dieser Gesichtspunkte infolge einer
heute mehr verinnerlichten Auffassung foto-
grafischer Darstellung notwendig, indem

wir hinter der Form eine belebende Kraft
sehen, die überhaupt erst Formwerdung zu-
läßt. Dieser Motor des Ganzen bedeutet für
uns Vitalität.

Vitalität ist Lebenswille mit gestaltender
Tendenz. Uber ihr liegt eine bestimmte
Aufgabe, die notwendig wird, um dem
Formalen Richtung zu weisen. Diese Ziel-
strebigkeit ist letzten Endes die Führung,
unter der ein Chaos verhindert wird.

Wir sind in der Fotografie und insbeson-
dere im Sportbild an die Form gebunden.
Wir nehmen sie als Repräsentant aller
Innerlichkeit, indem in ihrer Gestalt Sprache
von Harmonie und Schönheit, Empfinden von
Rhythmik und Ausdruck liegen. Der Form
im Sportbilde kommt insbesondere die
Eigenschaft größter Veränderlichkeit zu.
Hier hilft die schußbereite Kamera zu erfolg-
reicher Wiedergabe günstiger Momente aus
einer langen Kette verschiedenster Bewe-
gungsphasen, aus der wir auszuwählen
haben. Doch allein mit der dadurch beding-
ten schnellen Arbeitsweise ist es noch nicht
getan, wenn wir im wesentlichen foto-
grafisch-gestalterische Gesichtspunkte den
rein reproduktiven voranstellen. Fotografisch
gesehen entstehen ja alle Formen erst durch
das Licht. Die Menge ist dabei ausschlag-
gebend, und von ihr aus schließen wir auf
die Form und den Stoff, aus dem sie auf-
gebaut wird. Zugleich aber bedeutet das
Licht für die Form eine grundlegende Ver-
mittlerin von Gestalt und Körperlichkeit. Das
Licht also ist Schöpfer von Plastik, Aus-
sehen, Tracht und damit des Lebens über-
haupt.

Lebensvoll fotografieren bedeutet also,
daß wir das Licht in seiner Richtung so
wählen, daß es in möglichst starkem Maße
unser Objekt zur Geltung kommen läßt. Bei
der Sportfotografie kommen wir so not-
wendig zu seitlicher Beleuchtung. Seiten-
licht schafft hier auf dem Körper des Dar-
zustellenden eine reiche Skala verschieden-
ster Tonwerte und rückt dadurch das
eigentliche Motiv unbedingt in den Vorder-
grund.

Es ist nicht gleichgültig, von welcher
Seite her das Licht einfällt. Wenn wir Hell
und Dunkel nebeneinander vorfinden, so wird

unser Auge beim Betrachten dieser Kombi-
nation stets vom Dunkeln zum Hellen wan-
dern. So erkennen wir, daß durch die Ton-
abstufung bereits eine ganz bestimmte
Richtung bedingt ist.

Diese Richtung bleibt auch bei unseren
Sportaufnahmen im Seitenlicht bestehen.
Das Auge strebt dem Lichte zu. Neben
dieser unabhängig von Linie und Inhalt vor-
handenen Richtung ist eine zweite durch die
Bewegung im Motiv selbst gegeben. Im
Interesse einer geschlossenen Wirkung haben
beide einander identisch zu sein, dürfen sich
aber nicht gegenseitig stoßen. Wir werden
also z. B. einen Läufer so fotografieren, daß
ihn das Sonnenlicht von vorn trifft. Dann
liegen die lichten Partien in der Richtung
seiner Bewegung und weisen ihm gleichsam
vorauseilend den Weg.

Um diese formalen Beziehungen, hinter
denen im Grunde jedoch zu empfindende
Innerlichkeit ruht, klar und sprechend zu
geben, wird eine reine Formwiedergabe
erstrebenswert. Der Mensch muß für sich
allein im Raume stehen; wir werden höch-
stens die Wiedergabe der notwendigsten
Gegenstände zulassen, zu denen er in un-
mittelbarer Beziehung steht. Aber auch sie
sollen sich nicht vordrängen, sondern es
genügt vielmehr eine Andeutung. Alles
andere ist nach Möglichkeit auszuschließen.

Das bezieht sich im besonderen auf den
Hintergrund. Wir werden ihn teilweise
durch Unschärfe zurückdrängen, kommen
aber noch besser zum Ziele, wenn wir ihn
möglichst ganz und gar ausschließen. Das
gelingt am besten durch Wahl eines tiefen
Aufnahmestandpunktes, wobei der Himmel
zum Hintergrund wird.

So sehen wir, wie im Sportfoto nicht
allein das reproduktive Moment ausschließ-
liche Bedeutung gewinnt, sondern gerade
hier gestalterische Belange in den Vorder-
grund rücken, die einer Betonung von
Vitalität und Dynamik als wesentliche In-
halte des sportlichen Motivs dienen. Neben
kühler Technik kommt auch Innerlichkeit zu
ihrem Recht, und erst beides schafft die
fotografische Leistung.

Fotografieren, wie unser Auge empfindet

Man liest es in Lehrbüchern: Die Kamera
muß waagerecht gehalten werden. Sonst
entstehen „stürzende Linien“, das heißt die
Senkrechten laufen nicht mehr parallel.

Von dieser „Regel“ müssen wir uns frei
machen! Richtet sich etwa unser Auge auch
darnach? Und warum sollten wir nicht
auch so fotografieren können, wie unser
Auge empfindet? Fotografieren Sie einmal
ein Porträt, indem Sie die Kamera unter
Augenhöhe aufstellen und etwas nach oben
neigen oder stellen Sie einen Turm dar,
indem die Kamera schräg nach oben gerichtet
wird. So entstehen neue Wirkungen. Das
Abgebildete erscheint gewaltiger und ent-
spricht zugleich unserem eigenen Empfinden,
das ja auch keine „Regeln“ kennt, sondern
sich den Gegebenheiten anpaßt.

Die Fotografie verlangt also ein ganz
bestimmtes Sehen. Licht und Schatten sind
die wesentlichen Komponenten. Sie werden
an den Dingen unserer Umwelt aktiviert,
und indem wir relativ wenig darstellen, uns
ganz auf «ein Motiv beschränken, es aus
seiner Umgebung herausschälen, gelingt
eine sprechende Wiedergabe dieser Hell-
Dunkel-Werte. Dieses „Geheimnis“ der
Fotografie — hier so einfach formuliert —
will durch ausdauernde Übung verstanden
sein. Kritische Bildbetrachtungen und eige-
nes Schaffen sind die besten Mittel dazu.
Die Technik gibt das Grundgerüst.

1936 / JUGEND NR. 29 / 14. Juli 1936

Viertel] ahres-Pr eis 7 Mark, Heft-Preis 60 Pfennig

Begründer: Dr. GEORG HI RTH. — Verantwortlich für die Schriftleitung: ARNOLD WEISS-RÜTHEL; für die Anzeigen: GEORG POSSELT. München. —
Verlag: G. H I RTH VERLAG AG., München. — Für Herausgabe und Redaktion in Österreich verantwortlich: Dr. EMMERICH MORA WA, i. Fa. Morawa & Co., Wien I, Wollzeile 11.
— Alle Rechte Vorbehalten. — Nachdruck strengstens verboten. — Copyright by G. HIRTH VERLAG AG.. München. — Druck: G. HIRTH VERLAG AG.. Buch- und Kunst-Druckerei,
München, Herrnstraße 10. — D.-A. I. V.J. 5700. — Entered as second dass matter, Postoffice New York, N. Y. — Manuskripte sind nur an die Redaktion der „Jugend“, München, Herrnstr. 10.

zu senden; Rücksendung kann nur erfolgen, wenn Rückporto beiliegt.
Register
Redaktioneller Beitrag: Die Foto-Seite
 
Annotationen