6. Die Voranstellung und der Bedingungssatz
6.1 Grammatische Eigenheiten des jr-Satzes
6.1.1 Die Selbständigkeit des Nachsatzes
Die sog. Antizipation durch jr (Gardiner 1957, § 149) ist allem Anschein nach nur ein
Spezialfall der Voranstellung einer adverbiellen Bestimmung (a. a. O., § 148,5), die ja, wenn sie
eine „freie" ist (Schenkel 1965/A,3) und gewisse äußere Bedingungen gegeben sind, den
strengen Stellungsregeln des ägyptischen Satzes nicht in dem Maße unterliegt wie andere Glieder
des Satzes. Es muß sich allerdings durchaus schon wieder um ein festes Konstruktionsschema
handeln mit — wie man im folgenden sehen wird - eigener Stellungsregel und Besetzung und
einer allgemeinen Funktion, die von Callender (1971, 5 u. passim) dem konturlosen Bereich
der „Emphase" entzogen und der „Topikalisierung" („topicalization") zugeordnet worden ist
(die mit Gegenstand seiner Überlegungen war). „Topikalisierung" ist ein Ausdruck, der sich
zwar auf den gleichen Begriff „Topos" zurückführt, aber einer, sagen wir: irreguläreren Sub-
jektsbeziehung gilt als der hier grammatisch wohl definierten als Subjekt des Matrixsatzes:
Herausstellen eines Wortes aus dem Satzverband, über das dann gesprochen wird. -
Verglichen mit dem oben behandelten (Abschnitt 4) Adverbialsatz mit voranstehendem
Subjektsnomen und folgendem sdm=f fällt im jr-Satz die in der Regel größere Selbständigkeit
der „Apodosis" auf: Grammatisch unabhängige Sätze einschließlich solcher - und über-
raschend häufig — mit Imperativ, selten mit emphatischen sdm=f-Formen (etwa Adm. 12,13—
14; eine Aufzählung der Formen der Apodosis bringt Westendorf 1962, §§421—424, s. ins-
besondere: Pseudoverbalsatz, pw-Satz, gem. sdm=f, jw=f sdm=f). Das Gegenüber zweier Teile,
nämlich „Protasis" mit jr und „Apodosis" wird noch deutlicher dann, wenn nach jr eine Form
des sdm=f steht: In der Übersetzung wird dieser vorangestellte Teil regelmäßig als vollständiger
(Neben-)Satz wiedergegeben (etwas Ähnliches war ja schon beim pw-Satz zu beobachten, s.
dort); eine Tendenz zur Selbständigkeit scheint sich nicht nur semasiologisch auszuwirken,
sondern vielleicht auch grammatisch: Im Neuägyptischen jedenfalls (Groll 1967, 60f.) soll
die Phrase jr + N + Relativphrase Suppletivfunktionen als Cleft Sentence ausüben(??).
Ein weiterer Unterschied zum entsprechenden Adverbialsatz ist, daß ein Rückweis nicht
das voranstehende Nomen direkt aufnehmen muß und ganz allgemein kontextbezogen sein
kann
- Pt. 175 jr hzj=k sms z jqr „Wenn Du gering bist, folge einem hervorragenden Manne."
Die Verklammerung ist also schwächer als im Adverbialsatz. Am Rückweis lassen sich jedoch
zwei Gruppen trennen: Einerseits die, deren „Apodosis" ein Nominalsatz mit pw ist, anderer-
seits die übrigen.
Bei einem Nachsatz mit pw ist der Rückweis gewissermaßen unvermeidlich; betrachtet man
ihn als eine Abart des „prädizierenden" Nominalsatzes, hat er Eigenheiten von sowohl zwei-
wie dreigliedrigem pw-Satz (vgl. die Abschnitte 5.2.2; 5.2.4): Wo der dreigliedrige die Deixis
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6.1 Grammatische Eigenheiten des jr-Satzes
6.1.1 Die Selbständigkeit des Nachsatzes
Die sog. Antizipation durch jr (Gardiner 1957, § 149) ist allem Anschein nach nur ein
Spezialfall der Voranstellung einer adverbiellen Bestimmung (a. a. O., § 148,5), die ja, wenn sie
eine „freie" ist (Schenkel 1965/A,3) und gewisse äußere Bedingungen gegeben sind, den
strengen Stellungsregeln des ägyptischen Satzes nicht in dem Maße unterliegt wie andere Glieder
des Satzes. Es muß sich allerdings durchaus schon wieder um ein festes Konstruktionsschema
handeln mit — wie man im folgenden sehen wird - eigener Stellungsregel und Besetzung und
einer allgemeinen Funktion, die von Callender (1971, 5 u. passim) dem konturlosen Bereich
der „Emphase" entzogen und der „Topikalisierung" („topicalization") zugeordnet worden ist
(die mit Gegenstand seiner Überlegungen war). „Topikalisierung" ist ein Ausdruck, der sich
zwar auf den gleichen Begriff „Topos" zurückführt, aber einer, sagen wir: irreguläreren Sub-
jektsbeziehung gilt als der hier grammatisch wohl definierten als Subjekt des Matrixsatzes:
Herausstellen eines Wortes aus dem Satzverband, über das dann gesprochen wird. -
Verglichen mit dem oben behandelten (Abschnitt 4) Adverbialsatz mit voranstehendem
Subjektsnomen und folgendem sdm=f fällt im jr-Satz die in der Regel größere Selbständigkeit
der „Apodosis" auf: Grammatisch unabhängige Sätze einschließlich solcher - und über-
raschend häufig — mit Imperativ, selten mit emphatischen sdm=f-Formen (etwa Adm. 12,13—
14; eine Aufzählung der Formen der Apodosis bringt Westendorf 1962, §§421—424, s. ins-
besondere: Pseudoverbalsatz, pw-Satz, gem. sdm=f, jw=f sdm=f). Das Gegenüber zweier Teile,
nämlich „Protasis" mit jr und „Apodosis" wird noch deutlicher dann, wenn nach jr eine Form
des sdm=f steht: In der Übersetzung wird dieser vorangestellte Teil regelmäßig als vollständiger
(Neben-)Satz wiedergegeben (etwas Ähnliches war ja schon beim pw-Satz zu beobachten, s.
dort); eine Tendenz zur Selbständigkeit scheint sich nicht nur semasiologisch auszuwirken,
sondern vielleicht auch grammatisch: Im Neuägyptischen jedenfalls (Groll 1967, 60f.) soll
die Phrase jr + N + Relativphrase Suppletivfunktionen als Cleft Sentence ausüben(??).
Ein weiterer Unterschied zum entsprechenden Adverbialsatz ist, daß ein Rückweis nicht
das voranstehende Nomen direkt aufnehmen muß und ganz allgemein kontextbezogen sein
kann
- Pt. 175 jr hzj=k sms z jqr „Wenn Du gering bist, folge einem hervorragenden Manne."
Die Verklammerung ist also schwächer als im Adverbialsatz. Am Rückweis lassen sich jedoch
zwei Gruppen trennen: Einerseits die, deren „Apodosis" ein Nominalsatz mit pw ist, anderer-
seits die übrigen.
Bei einem Nachsatz mit pw ist der Rückweis gewissermaßen unvermeidlich; betrachtet man
ihn als eine Abart des „prädizierenden" Nominalsatzes, hat er Eigenheiten von sowohl zwei-
wie dreigliedrigem pw-Satz (vgl. die Abschnitte 5.2.2; 5.2.4): Wo der dreigliedrige die Deixis
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