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Kalinowski, Lech [Editor]; Niedzica Seminar <7, 1991> [Editor]
Gothic architectures in Poland, Bohemia, Slovakia, and Hungary: Niedzica Seminars, 7, October 11 - 13, 1991 — Niedzica seminars, Band 7: Cracow, 1992

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.41589#0053
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Sändor Töth
Budapest

Kaschau, Elisabethkirche, von der Westfassade
her betrachtet*

In den wenigen Worten, die in Ungarn über die Kirchenfassaden der Gotik
geschrieben worden sind, ist wohl die Lage und Anzahl der Türme berücksichtigt, nicht
aber die der Portale. So hat man bisher auch jene Tatsache nicht wahr genommen, daß
die Hauptfront der Kaschauer Elisabethkirche, der sonst bei der Erörterung von
Fassadenproblemen eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird, in der ganzen
Architektur des mittelalterlichen Ungarns das einzige nachweisbare Beispiel einer
westlichen Dreiportalanlage in sich faßt (Abb. 44).
Das Erscheinen solcher Anlagen ist auch in der Nachbarschaft außerhalb der
Karpaten nicht häufig. In Mähren, Böhmen, Kleinpolen gibt es anscheinend gar kein
Beispiel, in Niederösterreich wäre die Minoritenkirche in Wien, in Schlesien die
Pfarrkirche in Schweidnitz, in den nächsten Provinzen nach Westen etwa der Dom zu
Regensburg zu erwähnen. Diese sind aber entweder turmlos gebaut oder mit einem auch
die Seitenportale aufnehmenden Turmpaar, während in Kaschau alle drei Portale
zwischen den Türmen sind.
Die wenigen Vertreter dieses Fassadentyps — drei Portale auf drei Schilfe und zwei
seitlich davon aufragende Türme — befinden sich größtenteils im entferntesten Süden
und Westen Europas. Hierher gehören zuerst die Fassaden zweier großen romanischen
Pilgerkirchen, St. Jakob in Compostela und St. Nikolaus in Bari, dann einer dritten in
Saint-Gilles, wo eine später in Borgo San Donnino und Vercelli (S. Andrea), ferner um
1300 in Siena und Orvieto (Dome) weiterentwickelte Variante verkörpert ist. Zwei
großartige Kathedralenfassaden aus dem 13. Jh., in Westfrankreich zu Poitiers und in
Nordwestspanien zu Leon, zeigen weitere Varianten des Types. In England endlich
treten wieder mehrere Beispiele an Kathedralen auf, wie in Norwich aus dem 12., in
Salisbury und Wells aus dem 13. Jh. In den beiden letzteren Fällen und in Leon stehen
die Türme in der Flanke der Nebenschiffe.
Den Zusammenhang der zwischen 1378—1402 geplanten Kaschauer Anlage mit
jenen viel älteren könnte man bezweifeln, wenn mit dieser verknüpft ein anderer Fall der
Verwendung eines Typs vom 12—13. Jh., nämlich des der Diagonalkapellen zwischen
Chor und Querhaus, nicht schon längst bekannt sein würde (Abb. 45). Dieser Typ

* Kurzsassung des in Niedzica am 12.19.1991 vorgetragenen Textes, der etwa zwei drittel eines
noch unbeendeten Artikels umsaßt. Das Erscheinen des vollständigen Artikels ist vorläufig nicht zu
erwarten.

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