Marian Kornecki
Krakau
Gotische Holzarchitektur io Polen
Bemerkungen über deren Stellung in der
Synthese der Kunstgeschichte
In der bisherigen Synthese der Kunstgeschichte in Polen ist die Problematik der
gotischen Holzbauten marginal behandelt. Als Ursache hierfür gilt vor allem der geringe
Bestand der Denkmäler aus dem Spätmittelalter, aber auch der verkommende Zweifel
über die stilistische Qualifizierung hinsichtlich der Kriterien, die die Gotik in der Sphäre
der Ideen, Formen und Konstruktionen differenzieren. Meistens wird also die stilistische
Kennzeichnung vermieden und in solchen Gebäuden werden höchstens die Ressexe des
Stils bemerkt, die sporadisch und oberflächlich im bodenständigen Bauwesen er-
scheinen, die sonst eine slawische Genese besitzt und von eigenen Regeln, Erfahrungen
und Tradition beherrscht wird.
In der neueren polnischen Fachliteratur haben sich einige Autoren — in der
Zwischenkriegszeit Oskar Sosnowski und Jerzy Raczynski — und letztens u.a. Gerard
Ciolek, Witold Krassowski, Wojciech Kalinowski und Adam Milob?dzki, dieser
Anschauung widersetzt1. Sie richten die Aufmerksamkeit auf den Einfluss der univer-
salistischen Faktoren, auf deren Grund die Gotik auch auf die Holzarchitektur in ihrem
kulturellen Kreis sich erstreckt. Milob^dzki zittiert (in einer der neuesten Publikationen)
sogar eine Anschauung über den Einfluss der Holzkonstruktion „auf die räumliche und
konstruktive Denkweise einer gewissen Generation der Architekten der Gotik” (Geo-
metriesierung, Jochensystem usw.)2. Derartige Konstatierungen sind selbstverständlich
für sie englischen Beispiele zutreffend und besonders auch für die Beziehung der Gotik
zur Ständer- und Fachwerkarchitektur.
Wie bekannt, reicht die Holzbauweise in den polnischen Ländern tief in die
Vorgeschichte und verbindet sich mit den Anfängen der Besiedlung. Ihre Entwicklung
und Aufbewahrung sind durch die ethnischen und geophysischen Eigenschaften des
Landes bedingt. Im weiten Kulturbereich der Westslawen verbreiteten sich die Block-
bauten, obgleich auch die anderen Konstruktionsabarten hier zahlreich angewandt
wurden. Doch bereits im Mittelalter überwog die Blockbaukonstruktion, und auch
später — bis ins 19. Jh. — versteilte sich der Bereich ihres Vorhandeseins in den
polnischen Ländern im Kontext mit der Dominanz des slawischen Elementes im
Widerstand gegen den Andrang der westlichen Tendenzen. Erst jetzt beginnt derartige
einheimische Architektur total zu Verschwinden.
* * *
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Krakau
Gotische Holzarchitektur io Polen
Bemerkungen über deren Stellung in der
Synthese der Kunstgeschichte
In der bisherigen Synthese der Kunstgeschichte in Polen ist die Problematik der
gotischen Holzbauten marginal behandelt. Als Ursache hierfür gilt vor allem der geringe
Bestand der Denkmäler aus dem Spätmittelalter, aber auch der verkommende Zweifel
über die stilistische Qualifizierung hinsichtlich der Kriterien, die die Gotik in der Sphäre
der Ideen, Formen und Konstruktionen differenzieren. Meistens wird also die stilistische
Kennzeichnung vermieden und in solchen Gebäuden werden höchstens die Ressexe des
Stils bemerkt, die sporadisch und oberflächlich im bodenständigen Bauwesen er-
scheinen, die sonst eine slawische Genese besitzt und von eigenen Regeln, Erfahrungen
und Tradition beherrscht wird.
In der neueren polnischen Fachliteratur haben sich einige Autoren — in der
Zwischenkriegszeit Oskar Sosnowski und Jerzy Raczynski — und letztens u.a. Gerard
Ciolek, Witold Krassowski, Wojciech Kalinowski und Adam Milob?dzki, dieser
Anschauung widersetzt1. Sie richten die Aufmerksamkeit auf den Einfluss der univer-
salistischen Faktoren, auf deren Grund die Gotik auch auf die Holzarchitektur in ihrem
kulturellen Kreis sich erstreckt. Milob^dzki zittiert (in einer der neuesten Publikationen)
sogar eine Anschauung über den Einfluss der Holzkonstruktion „auf die räumliche und
konstruktive Denkweise einer gewissen Generation der Architekten der Gotik” (Geo-
metriesierung, Jochensystem usw.)2. Derartige Konstatierungen sind selbstverständlich
für sie englischen Beispiele zutreffend und besonders auch für die Beziehung der Gotik
zur Ständer- und Fachwerkarchitektur.
Wie bekannt, reicht die Holzbauweise in den polnischen Ländern tief in die
Vorgeschichte und verbindet sich mit den Anfängen der Besiedlung. Ihre Entwicklung
und Aufbewahrung sind durch die ethnischen und geophysischen Eigenschaften des
Landes bedingt. Im weiten Kulturbereich der Westslawen verbreiteten sich die Block-
bauten, obgleich auch die anderen Konstruktionsabarten hier zahlreich angewandt
wurden. Doch bereits im Mittelalter überwog die Blockbaukonstruktion, und auch
später — bis ins 19. Jh. — versteilte sich der Bereich ihres Vorhandeseins in den
polnischen Ländern im Kontext mit der Dominanz des slawischen Elementes im
Widerstand gegen den Andrang der westlichen Tendenzen. Erst jetzt beginnt derartige
einheimische Architektur total zu Verschwinden.
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