Am Anfang diente die Gotik der Kirche und den feudalen Schichten. Erst in der
zweiten Phase ist die Gotik in den Städten aufgeblüht, im Zusammenhang mit der
Entwicklung ihrer gesellschaftlich-ökonomischen Strukturen, die im Westen, auch in
technischer Hinsicht, ausgebildet wurden. Diese Eigenschaften entschieden über den
Charakter und Universalismus der Gotik.
Ob und wie weit sich die Gotik in Polen vor der Herrschaft des Königs Kasimir des
Grossen kenntlich machte — selbstverständlich ausserhalb der Ordens- und
Hofinitiativen — ist schwer zu beurteilen. Sie war ein Stil der Elite. Und erst im Staat des
oben genannten Königs beginnt dieser Stil vorherrschend zu werden. Aber als Import
im „polnischen Holz” findet er seine Wieder Spiegelung vor allem in den Sakralbauten,
insbesondere im Dienst des wachsenden Pfarreinetzes. Über Hunderte von Holzkirchen
zeugen die geschichtlichen, leider hauptsächlich nur statistischen Quellen aus dem 14.
und besonders aus dem 15. Jh.
Hochinterressant war für die Forscher immer die Frage: wie sahen die „ersten
Kirchen” aus, wenn die ältesten, die uns bekannt sind, nicht früher als um die Hälfte des
15. Jhs. erbaut wurden. Sogar in dieser Hinsicht haben die archeologischen Forschun-
gen bis jetzt keine erforderliche Informationen gebracht3. Wir wissen also nicht, ob hier
anfänglich die Kirchen in Pfahl-, Stabwand- und ähnlichen verwandten Konstruktionen
gebaut wurden (wie in West- und Nordeuropa — vide Veröffentlichungen von Claus
Ahrens, 1979), oder ob importierte Ideen, sowie Raum- und Funktionsprogramme auf
die übliche und auf unserem Gebiet herrschende Blockkonstruktion schon vom Anfang
an aufgelegt wurden4. Der totale Schwund der Kirchen der „ersten Generation” kann
mit der allgemein angenommenen durchschnittlichen Haltbarkeit des Baumaterials (ca
200 Jahre) begründet werden. Man darf aber nicht ausschliessen, dass die Einführung
eines neuen Musters und einer neuen Technik, die in berussicher Werkstatt auf der Basis
der universalistischen Erfahrungen erarbeitet wurden, die alten, primitiven Aus-
führungen eliminierte. Dazu soll man noch vermerken, dass in den polnischen Ländern
ein solcher Prozess nicht unmittelbar nach dem westlichen Vorbild vorging, wo sich
stufenweise die Abarten der Fachwerkkonstruktionen entwickelten.
Infolgedessen hat die polnische Holzkirche ihre Blockkonstruktion aufbewahrt; sie
war aber weitaus vollkommener als ihre urslawischen Vorbilder, die teilweise in der
Volksbauweise erhalten blieben. Die spätmittelalterliche Zunftwerkstatt erarbeitete neue
Balkenverbände und „massive” Wände aus Kantholz. „Gotisch” ist das Sparrendach,
das in unseren Raum — worüber sich alle einig sind — vom Westen kam. Hier aber und
besonders in Südpolen, wurden optimale und perfekte Lösungen erarbeitet, die in ihrer
Struktur kompliziert zweifelsohne Ergebnisse der Nachforschungen und lokalen Erfah-
rungen waren. Als Beispiel kann hierfür der kleinpolnische Typ einer einschiffigen
Kirche gelten, der eine komplizierte, besonders wiederstandsfähige Lösungsart be-
züglich des Dachverbandes in Verbindung mit den Wänden besitzt (poln.: system
wi§zbowo-zaskrzynieniowy)5. Solch eine Kirche ist zugleich ein stilvolles Objekt, wovon
die Raumeinteilung und die Holzbearbeitungstechnik zeugen, vergleichbar mit der
höchsten Qualität der Holzbearbeitung, die für die besten europäischen Baumilieurs
kennzeichnend war. Ebenso zeugt davon das konsequent eingefügte stilistische Detail,
ähnlich wie in den Steinmetzwerken, was ein Ergebnis der Zusammenarbeit von
Zimmerern und Steinmetzen in gemeinsamen Zunftverbänden und grossen Bauunter-
nehmen gewesen ist (Abb. 77, 78, 79, 80).
Das Repertoire der Stilformen kann bei der chronologischen Einordnung behilflich
sein, aber auch bei der Festlegung der Werkstättenverbindungen und regionalen
Abarten. Selbstverständlich wurde der Stilcharakter der Kirchen durch die Elemente
der Ausstattung ergänzt, wie: Malereien, Skulpturen, Altäre usw. (Abb. 81)6.
In den anderen Regionen des damaligen Polens lassen sich auch weitere typische
Varianten der kirchlichen Konstruktionslösungen unterscheiden, z. B. in Grosspolen7.
Auch vereinzelte Bauwerke, die von der damaligen Typisierung abzuweichen scheinen;
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zweiten Phase ist die Gotik in den Städten aufgeblüht, im Zusammenhang mit der
Entwicklung ihrer gesellschaftlich-ökonomischen Strukturen, die im Westen, auch in
technischer Hinsicht, ausgebildet wurden. Diese Eigenschaften entschieden über den
Charakter und Universalismus der Gotik.
Ob und wie weit sich die Gotik in Polen vor der Herrschaft des Königs Kasimir des
Grossen kenntlich machte — selbstverständlich ausserhalb der Ordens- und
Hofinitiativen — ist schwer zu beurteilen. Sie war ein Stil der Elite. Und erst im Staat des
oben genannten Königs beginnt dieser Stil vorherrschend zu werden. Aber als Import
im „polnischen Holz” findet er seine Wieder Spiegelung vor allem in den Sakralbauten,
insbesondere im Dienst des wachsenden Pfarreinetzes. Über Hunderte von Holzkirchen
zeugen die geschichtlichen, leider hauptsächlich nur statistischen Quellen aus dem 14.
und besonders aus dem 15. Jh.
Hochinterressant war für die Forscher immer die Frage: wie sahen die „ersten
Kirchen” aus, wenn die ältesten, die uns bekannt sind, nicht früher als um die Hälfte des
15. Jhs. erbaut wurden. Sogar in dieser Hinsicht haben die archeologischen Forschun-
gen bis jetzt keine erforderliche Informationen gebracht3. Wir wissen also nicht, ob hier
anfänglich die Kirchen in Pfahl-, Stabwand- und ähnlichen verwandten Konstruktionen
gebaut wurden (wie in West- und Nordeuropa — vide Veröffentlichungen von Claus
Ahrens, 1979), oder ob importierte Ideen, sowie Raum- und Funktionsprogramme auf
die übliche und auf unserem Gebiet herrschende Blockkonstruktion schon vom Anfang
an aufgelegt wurden4. Der totale Schwund der Kirchen der „ersten Generation” kann
mit der allgemein angenommenen durchschnittlichen Haltbarkeit des Baumaterials (ca
200 Jahre) begründet werden. Man darf aber nicht ausschliessen, dass die Einführung
eines neuen Musters und einer neuen Technik, die in berussicher Werkstatt auf der Basis
der universalistischen Erfahrungen erarbeitet wurden, die alten, primitiven Aus-
führungen eliminierte. Dazu soll man noch vermerken, dass in den polnischen Ländern
ein solcher Prozess nicht unmittelbar nach dem westlichen Vorbild vorging, wo sich
stufenweise die Abarten der Fachwerkkonstruktionen entwickelten.
Infolgedessen hat die polnische Holzkirche ihre Blockkonstruktion aufbewahrt; sie
war aber weitaus vollkommener als ihre urslawischen Vorbilder, die teilweise in der
Volksbauweise erhalten blieben. Die spätmittelalterliche Zunftwerkstatt erarbeitete neue
Balkenverbände und „massive” Wände aus Kantholz. „Gotisch” ist das Sparrendach,
das in unseren Raum — worüber sich alle einig sind — vom Westen kam. Hier aber und
besonders in Südpolen, wurden optimale und perfekte Lösungen erarbeitet, die in ihrer
Struktur kompliziert zweifelsohne Ergebnisse der Nachforschungen und lokalen Erfah-
rungen waren. Als Beispiel kann hierfür der kleinpolnische Typ einer einschiffigen
Kirche gelten, der eine komplizierte, besonders wiederstandsfähige Lösungsart be-
züglich des Dachverbandes in Verbindung mit den Wänden besitzt (poln.: system
wi§zbowo-zaskrzynieniowy)5. Solch eine Kirche ist zugleich ein stilvolles Objekt, wovon
die Raumeinteilung und die Holzbearbeitungstechnik zeugen, vergleichbar mit der
höchsten Qualität der Holzbearbeitung, die für die besten europäischen Baumilieurs
kennzeichnend war. Ebenso zeugt davon das konsequent eingefügte stilistische Detail,
ähnlich wie in den Steinmetzwerken, was ein Ergebnis der Zusammenarbeit von
Zimmerern und Steinmetzen in gemeinsamen Zunftverbänden und grossen Bauunter-
nehmen gewesen ist (Abb. 77, 78, 79, 80).
Das Repertoire der Stilformen kann bei der chronologischen Einordnung behilflich
sein, aber auch bei der Festlegung der Werkstättenverbindungen und regionalen
Abarten. Selbstverständlich wurde der Stilcharakter der Kirchen durch die Elemente
der Ausstattung ergänzt, wie: Malereien, Skulpturen, Altäre usw. (Abb. 81)6.
In den anderen Regionen des damaligen Polens lassen sich auch weitere typische
Varianten der kirchlichen Konstruktionslösungen unterscheiden, z. B. in Grosspolen7.
Auch vereinzelte Bauwerke, die von der damaligen Typisierung abzuweichen scheinen;
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