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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0018
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10

I. Die Schachtgräber und der

Plattenring

S. 29). Sehr bedauerlich ist dagegen das Verschwinden des altarähnlichen Rund-
baus über Grab IV, ohne daß von dieser so. bedeutsamen Anlage mehr als wie
es scheint nachträglich hergestellte Zeichnungen erhalten sind (Mykenae Plan F,
danach unsere Abb. 1). Immerhin geben diese das Wesentliche wohl einigermaßen
richtig wieder.

Schliemanns Darstellung, in die seine Tagebücher hineingearbeitet sind, läßt
sofort erkennen, daß den Plattenring Schutt bedeckte, der vom Abhang darüber
herabgewaschen war1). Das beweisen allein schon einige Architekturfragmente
(Mykenae S. 109 f. Abb. 151—154), sowie die „kurze Säule" unter dem eben er-
wähnten Altar (S. 246), offenbar die steinerne Basis einer hölzernen Säule. Im
Schutt über Grab V lagen sogar griechische Scherben mit mykenischen und miny-
schen vermengt (S. 179). Wir können hier den Mangel genauer Beobachtung seit
den musterhaften Forschungen der Engländer in der unmittelbaren Umgebung
eher verschmerzen2).

Auf andere wichtige Fragen werden wir freilich nie schlüssige Antworten er-
halten.

Wie es sich mit den nach Schliemann in den höheren Schichten häufigen An-
sammlungen von Tierknochen und Asche verhält, ob sie etwa von Totenopfern
stammten, läßt sich nicht mehr entscheiden. Er bezeugt ausdrücklich, daß solche
Häufchen „am Fuße der meisten Grabsteine" vorkämen (S. 104). Die Menge mensch-
licher Skelette, „ungefähr 9 Fuß oberhalb der Öffnung des Grabes [III], neben
demselben, auf dem Abhänge des Felsens" (S. 190) können wir nach Waces Funden
(a. a. O. 76 ff.) jetzt als Reste mittelhelladischer Gräber deuten; Obsidianmesser
und 5 handgemachte Väschen (unsere Tafel CLXVI) lagen dabei. Bei dem Aus-
schachten der fürstlichen Gruft mögen jene bescheidenen Bestattungen zerstört
worden sein.

Im Schutt über den Grüften fanden sich mehrfach dieselben Gegenstände
wie in jenen selbst; auch kleine Goldsachen fehlten nicht. Man wird sie kaum für
nachträgliche Weihegaben halten; sie mögen bei Nachbestattungen oder Beraubung,
wie diese für Grab V höchst wahrscheinlich ist, aus den Schächten herausgeworfen
oder verloren gegangen sein.

Sobald er zu der eigentlichen Fundschicht der einzelnen Gräber hinabge-
drungen war, änderte Schliemann notgedrungen seine Arbeitsweise. Man kann
solche Kostbarkeiten nicht mit zahlreichen Arbeitern heben. „Von da ab haben
wir die Arbeit selbst zu verrichten und diese ist äußerst schwierig und mühsam,

') Tsuntas, Muxtjvai 98 schätzt die ursprüngliche Verschüttung im Osten des Gebietes auf 2,70—3 m, im Westen auf
knapp 1 m. Von jenen 3 m sei die oberste Schicht (0,90 m) hellenistisch-römisch, darunter- hätte eigens aufgeschüttete
Erde gelegen, was kaum glaublich ist. Vgl. S. 22.

2) A. J. B. Wace, British School Annual XXV 17 ff. Schon der Schliemann beigegebene griechische Ephoros
P. Stamatakis, dessen Tagebücher mir leider nicht zugänglich gewesen sind, hat eine Menge Scherben geborgen. Es ist
das Verdienst von Wace, sie im Museum von Nauplia wieder entdeckt zu haben (BSA. XXV 114 ff.): sie reichen bis zum
Frühhelladischen (III. Jahrtausend v. Chr.) hinauf. Man darf natürlich nicht vergessen, dali alles Aegaeisehe und Mykenische
zu Scldiemanus 2Jeit imbekanntes Neuland war*
 
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