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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0233
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6. Gefäße aus Edelmetall und anderen kostbaren Stoffen

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der Technik besteht eine außerordentliche Einheitlichkeit. Wohl sind die ärmliche-
ren Gefäße aus sehr viel dünnerem, auch oft minderwertigem Goldblech hergestellt
(die silbernen zeigen ausnahmslos gute Qualität und saubere Arbeit); wohl ist die
Treibarbeit oft so gering, daß man — m. E. allerdings zu Unrecht — an bloße
Grabware denken könnte: aber immer wiederholen sich charakteristische Einzel-
heiten. So entbehrt das Gefäß selbst stets, auch wenn das Goldblech gebrechlich
dünn ist, jeder verstärkenden Einlage, während die Bandhenkel ebenso regel-
mäßig festigende Bronzedrähte in den umgebogenen Rändern tragen. Die Vaphio-
henkel haben durchweg starke Bleche von vortrefflicher Arbeit, die keine verstär-
kenden Drähte brauchen. In völlig gleichartiger Weise sind alle Henkel an der
Gefäßwand oben durch drei, unten durch einen Nagel befestigt (daher die Verjün-
gung des Bandes nach unten!), die stets von innen eingeschlagen wurden, so daß
man hier die sauberen Nagelköpfe, außen die oft sehr roh abgearbeiteten, umge-
bogenen Enden sieht. Dies gilt für die kostbarsten Gefäße genau wie für die ge-
ringsten, übrigens auch für alle anderen Becherformen (unten S. 227 ff.). Niemals
werden hier die ebenso hübschen wie praktischen doppelköpfigen Nägel verwen-
det, die ein so bezeichnendes Merkmal mykenischer Waffen bilden; sie wären an
Gefäßen besonders angebracht, man versteht nicht, warum sie verschmäht wurden;
aber die Tatsache ist unbestreitbar.

Die ältere Henkelform ist wohl der Bandhenkel, ihn weisen die etwas alter-
tümlicher anmutenden Becher mit wagrechter Mittelteilung auf. Bei ihnen ist die
Formgebung durchweg weniger sicher, die Treibarbeit weicher. Die oft unregel-
mäßig profilierte Wandung setzt sich von der Bodenfläche nicht klar und scharf
ab, wie das bei den Bechern des Vaphiotypus die Regel ist. An diesen ist alles klar
und straff: dafür entbehren sie in den Schachtgräbern noch jeder Verzierung und
wirken nur durch die Schönheit ihrer Linien1).

Die Becher mit Bandhenkeln bestehen in weit überwiegender Zahl aus Gold2).
Nur einmal sind Wandung und wagrechte Mittelrippe glatt (441, CVIIf.), meist
tragen beide einfache, getriebene Muster. Beliebt ist eine offenbar altertümliche
Verzierung: unten und in der Mitte der Wandung je ein doppelter Rundstab mit
Strickmustern, zwischen beiden glatte Wandung, über dem oberen ein Spitzbogen-
fries mit quergekerbten „Pfeilern". Ganz gleichartig bieten diesen Schmuck die
kleinen Exemplare 220, CLXX. 627, CXXIII. 912, S. 161 Abb. 78. Der große,
schlankere Becher 628, CXXIV weicht ein wenig von jenen ab: einfache Rund-
stäbe, zwischen ihnen Fischgrätenmuster, oben Rundbögen. Aber es ist doch in
allem Wesentlichen dieselbe Verzierung.

') Grab IV: 517 (daran jetzt der Henkel 476, CXXXIII) und 518, mit einem ganz sonderbaren, auch ungewöhn-
lich tief angenieteten kleinen Henkel, wohl Ersatz für einen verlorenen Vaphiohenkel; beide Becher Taf. CXXVII.
Grab V: 630. 755. 866, CXXIII. 630 golden, sonst alle aus Silber.

■') Aus Bronze mit Silberverkleidung bestand 510, CXXXIII, von dem nur Henkel und ein Stück der Wanduno-
erhalten sind. Zur Technik oben S. 110.
 
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