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Adamy, Rudolf
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Oberhessen: Kreis Friedberg — Darmstadt, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.18723#0269
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222

KREIS FRIEDBERG


XXX. N1EDER-WE1SEL


1FARRD0RF, ^4 Stunde von Butzbach gelegen, wird im 8. Jahrhundert
als ') im iß. und 14. als und
erwähnt; 1367 wird es 4Vy&7zL?2 und 1403
genannt,^) im Gegensätze zu Hochweisel, welches ursprünglich
ATbyzzwzgzZtz, Hofweisel, hiess.3) 1271 Anden wir den Ort als Münzenberg'sches Erbe
im Besitze der Herren von Falkenstein, von denen ihn die Herren von Eppstein
durch Erbschaft erhielten. Bei der I4ßß vorgenommenen Theilung kam er an die
Königstein'sche Linie dieses Hauses und 1479 durch Kauf an Solms-Lich. Diesem
Hause verblieb der Ort nach mehrmaligen Verpfändungen bis zu seiner Mediatisirung
im Jahre 1806. Kirchlich gehörte Nieder-Weisel zum Landcapitel Friedberg und dem
Archidiakonate beatae Mariae virginis ad gradus in Mainz. Es hatte sein eigenes
Schöffengericht, welches nach einer Urkunde von Iß4ß »vor dem Kirchhofen, später
aber im Rathhause tagte und dessen Vorsitz der fürstliche Amtmann führte.*)
Die dem hl. Nicolaus geweihte Pfarrkirche (Fig. 143) gehört zwei zeitlich
weit auseinander liegenden Bauperioden an : Der Thurm mit quadratischer Grundform
ist romanisch und stammt aus dem 12. Jahrhundert, wahrscheinlich aus der ersten
Hälfte. Das Langhaus desselben ist ein schlichter rechteckiger Bau, der aus Um-
bauten um die Jahre 1545 und 1616 hervorgegangen ist. Der durch Restaurationen
mehrfach verunstaltete mächtige Thurm steht an der Westseite. Sein Aeusseres ist
durch vier Reihen, zum Theil zerstörter, Rundbogenfriese zwischen Lisenen belebt;
sein aus Holz erbauter und mit Schiefer bedeckter Helm ist achteckig und hat ein
Zwiebeldach mit Laterne. Im untersten Stockwerke ist über der in das Langhaus
führenden Thüröffnung noch der alte Rundbogen aus romanischer Zeit vorhanden;
er ist an der inneren Thurmseite abwechselnd aus Lung- und. Ziegelsteinen her-
gestellt. Im zweiten Stockwerke behndet sich in der Ostmauer eine halbkreisförmige
Nische, die noch Spuren von Malereien zeigt; erkennbar von letzteren ist noch eine
Figur mit langem Gewände. Hier war offenbar eine Kapelle, die wohl, wie gewöhnlich
in den Thürmen, dem hl. Michael geweiht war. Ein rundbogiges Fenster führt das
Licht ein. In diesem Raum liegen 2 romanische Zwergsäulen nebst zugehörigem
Kämpferaufsatz, die man vor einiger Zeit bei einer Restauration ausgebrochen hat.
Thurm und Langhaus sind aus Basalt und Sandstein erbaut.
Das Langhaus ist ein schlichter Saalbau ohne Chor, der eine Aache von zwei
schlanken Holzsäulen unter zwei Unterzügen gestützte Decke hat. Im Westen, Norden
und Osten sind Emporen angebracht, letztere für die Orgel. Die Fenster sind
spitzbogig und ihre Wandungen an den Aussenecken gekehlt. Die drei Portale,

4)Kaysera. a. O. S. 355.
 
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