Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Ehemaliger Kreis Wimpfen — Darmstadt, 1898

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.18713#0175
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
150

EHEMALIGER KREIS WIMPFEN

niedergebrochen worden wäre. — Die Mauertechnik dieses wuchtigen Geschosses
(Fig. 74) zeigt die in der romanischen Epoche nicht ungewöhnliche Mischung von
Bruchstein- und Ziegelmaterial. Die Stärke der Umfassungswand ist so bedeutend,
dass die Laibungen der daselbst befindlichen sechs engen, nach aussen sich er-
weiternden Rundbogenlenster oder vielmehr Rundbogenluken von beträchtlicher,
sichtlich auf Vertheidigung berechneter Tiefe sind. Auch liegen diese Oeffnungen,
die in keinem Zuge den streng romanischen Ursprung verläugnen, nicht in gleicher
Flucht, sondern zwei mittlere Luken sind in höherer Lage angebracht als die seit-
lichen Oeffnungen. — Darüber beginnt in geregelterem Steinwerk der um starke
Handbreite eingerückte, mithin weniger massenschwere Oberbau mit viereckig ge-
stalteten Fenstern und zwei Ausgusserkern, deren Formgebung und Struktur ebenso

zweifellos die Entstehung in gothischer
Zeit erkennen lässt wie der Treppen-
giebel, welcher den hochragenden Ab-
schluss des Bautheiles bildet.

Die breit hingelagerte Westfront
erhebt sich auf spärlichen, sockelartig
vorstehenden Ueberresten des verschwun-
denen vorgothischen Gebäudes. Die Mo-
notonie der Hochwand wird nur durch
die mit Heilbronner Quadern gesäumten
Mauerkanten und durch den in einiger
Entfernung von der Dachschwelle hin-
ziehenden Sims unterbrochen, der die
ganze Ausdehnung der Breitseite be-
gleitet. An diesem Sims verdient die
Wasserschlaggliederung mit Hohlkehlen-
Unterschneidung als entschieden gothi-
Fis. 75- Wimpfen a. B. Kaiserpfalz. sches Wahrzeichen unter baugeschicht-

Stcinhaus. Wehrhafte Lichtöffnung im Erd- ... ^ • ■ . i. i j r> i
J hchem Gesichtspunkt besondere Beach-

geschoss der Südfront.

tung. — Unweit der Südwestecke des
Erdgeschosses zeigt ein gekuppeltes Fenster romanisches Gewände und Bogen-
bildung. — Ein im Stichbogen konstruirtes, modern anmuthendes Thor führt zu
einem abgegrenzten Theil des Erdgeschosses. Hindurchgeschritten bemerkt man
zwei mit Eisenthüren verwahrte und durch theils rundbogige, theils quadratische
Fensterpaare auch von der Südseite her erhellte, nicht im Spitzbogen, sondern
renaissancemässig in Tonnenform gewölbte Gelasse, von denen das eine in früherer
Zeit als reichsstädtische Schatzkammer, das andere noch im gegenwärtigen Jahr-
hundert als Stadtarchiv diente, bis zu dessen Uebertragung in das moderne
Rathhaus.

Als Hauptfassade ist die Süd front (vergl. Fig. 72) zu betrachten. Sie stimmt
mit der Nordfront durch gleiche Höhenabmessung und gleiche Abstufung des Treppen-
giebels überein. Das Erdgeschoss ist von einer gekuppelten romanischen Lichtöffnung
durchbrochen, deren Mittelpfeiler an seiner Innenseite stark ausladet und eine nicht
 
Annotationen