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Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Ehemaliger Kreis Wimpfen — Darmstadt, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.18713#0177
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EHEMALIGER KREIS WIMPFEN

Zur Frage, ob der Keller des Steinhauses aus der Palatialzeit stamme, sei
erwähnt, dass die den Ueberresten der älteren Umfassungsmauer analoge Struktur
seines trümmerhaften Rundbogeneinganges die Wahrscheinlichkeit dieses Ursprunges
- für dessen Zeitbestimmung das vorhandene schlichte Tonnengewölbe absolut sichere
stilistische Handhaben nicht darbietet — keineswegs ausschliesst, zumal die Ver-
wüstung der Kaiserpfalz durch andauernden Verfall und schonungslosen Steinraub
mehr auf den Hochbau als auf den Tiefbau sich erstreckt zu haben scheint. Dem
sei wie ihm wolle, gewiss ist, dass der Steinhauskeller, wie anderwärts die Raths-
keller, eines besonderen Ansehens sich zu erfreuen hatte und noch gegen Ende des
vorigen Jahrhunderts in hohen bacchischen Ehren stand. Diess kündet eine bisher
auf der. Wölbung des Kellerhalses angebrachte neuerlich ins Rathhaus übertragene
Rococo-Holztafel durch folgende Reimschrift:

XDeil nichts obn örbnung fann befteheu

So foll es richtig aud) jugcljcn
ju btefem Keicbs--Stabts = K(£££<£K hier

Drum fyöre was icf/ melbe ötr:
Kein ganfen ^ludjen ober Sdjtöören

■Kein gölten = Keif en nrill man tjören
Kein Pfeiffen hier fid) will gebühren

Kein ^af mit Ringern anjurü^ren
Perbtet bas ftrenge K(£££<EH = E<££§C

(Es fei ein fjerr ober nur ein Kned^f
TXlan wkb bir bas 23anb=2Itcffer fchlagen

Das muft bu mit (Bebulb ertragen
©ebft bu befebeiben aus unb ein

So wirft bu aHjeit millfömmen fein.

Ad perpetuam Memoriam hic posuit hanc Tambulam
Karl ^riebrid) Sollmanu p. t. Keller = ZTfeifter.

Bergfriede Die Kaiserpfalz besitzt zwei Bergfriede, rother und blauer Thurm genannt.

Die Bezeichnung der Wehrthürme nach Farben kommt auch an anderen Orten vor
und wird bald aus der Natur des Bausteinmateriales (Buntsandstein, Basalt, bläulicher
Kalkstein), bald aus der Beschaffenheit der Bedachung (Ziegel, Schiefer) erklärt.
Lässt man diese Unterscheidung gelten, so würde einerseits der Name des Wimpfener
rothen Thurmes von dessen verschwundener Ziegelbedachung herrühren, da sein
Baumaterial nicht roth ist, sondern theils aus geblichem Sandstein, theils aus hellem
Kalktuff besteht, während anderseits das Attribut des blauen Thurmes auf dessen
bläuliches Kalksteinmaterial zurückzuführen wäre. Diese Benennung stammt übrigens
nicht aus der Erbauungszeit der beiden Bergfriede, nicht einmal aus dem späteren
 
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