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Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Ehemaliger Kreis Wimpfen — Darmstadt, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.18713#0357
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KÜRNBACH

321

Die Gasthäuser zum Lamm, zur Krone, zum Löwen und zur Sonne Kunstgewerb-
zeichnen sich aus durch kunstreiche schmiedeiserne Firmenschilder des 18. Jahr-
hunderts. Am augenfälligsten ist das Schild des erstgenannten Hauses. Ein ver-
goldetes fast lebensgrosses Lamm, mit der Siegesfahne als christliches Symbol, nimmt
die Mitte ein und ist umgeben von Weinranken in luftiger Durchdringung von
Blättern und Früchten; darüber schwingt ein posaunenblasender Genius einen Lor-
beerkranz ; das Hessische Wappen darunter ist eine moderne Zuthat.

Das Bannkelterhaus ist ein langestreckter scheunenartiger Bau, der zwar Bannkdterhaus
durch die formlose Schlichtheit seines Aeusseren und Inneren wenig künstlerisches
Interesse einflüsst, aber bei den Bewohnern des Marktfleckens desshalb besonderer
Werthschätzung sich erfreut, weil in der grossräumigen Halle die Kürnbacher Traube
von männiglich »gekeltert und gepresst« wird. Zu diesem Zweck sind mehrere
alte Keltern, darunter einige von wuchtiger Struktur und primitivster Einrichtung
auigestellt, denen als heimischen Volksalterthümern eine gewisse Pietät anhaftet.
Eine feuchtfröhliche Winzerpoesie hat diesen Ungethümen Thiernamen gegeben und
sie in gebundener Rede verherrlicht. So ist an der mit der Jahrzahl 1751 versehenen
Riesenkelter und zwar am sogen. Baum, d. i. am wuchtigen oberen Horizontalbalken,
die Figur eines Bären und folgender Reimspruch angebracht:

Den Saum nennt man 6en Schroartjen Bar
Don ihm Kombt ihm öer Zcatnne her.

An einer das Bild des Hessischen Löwen tragenden Kelter zeigt der Baum
nachstehende, als Reim wohl nur im Kraichgau-Idiom zulässige Inschrift :

IDeil mich öer Jürft im Wappen führt
So SibJ IVLan Wem bxe Kelter gehört.

Ein anderer Kelterbaum, der Affe genannt, tritt dem Beschauer in folgender
Reimansprache etwas barsch entgegen:

Was tbuft Du mich hier angaffen
i}aft Du nicht gefeiert 5en alten Ztffen?
jn 6er Kelter fteh Dich umher
Da ftnöft Du meines (Bleichen mehr.

Und auf einer Platte im Gebälke steht als Mahnung für Diejenigen, welche von den
gemeinnützigen Einrichtungen des Bannkelterhauses Gebrauch machen, die Strophe:

IDer feine Crauben roill preffen Sonft möcht (Soft ersörnen

Unb fünftig ihm nicht gönnen
Da0 er an öiffer Statt
(£toas 5U fcf/affen bat.

Kürnbach war ehedem mit einer Befestigung, bestehend aus Mauer, Wall, Befestigung
Graben und Thorthürmen, umgeben. Letztere sind niedergelegt. Dagegen haben
sich mehrere Strecken des Mauerzuges erhalten, auf denen bescheidene kleine An-
siedelungen entstanden sind. Hie und da ist das Gemäuer von Schiessscharten
durchbrochen. Der ansehnlichste Ueberrest der Beringung liegt auf der Westseite

3n biffem Kelterbaus
Der fey auch ohnpergeffen
Die gebuer 5U richten aus
 
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