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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,3): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Buchen und Adelsheim (Kreis Mosbach) — Tübingen [u.a.], 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.1388#0017
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AMT BUCHEN.

Fig> 3' Römischer Ziegdstanpel.

Soldatenbaracken mit Wänden aus Lehmfach werk und mit gestampften Lehmfuss-
böden waren im Lagerraum passend vertheilt.

Kleinere Zwischenkastelle mit nur einem Thor oder mit zweien dienten den
grösseren als detachirte Forts; blosse Erdkastelle mit Erdwällen und Palissaden, in
deren Innerem zum Theil nur Wohngruben statt der Baracken gefunden wurden, sind
einer früheren Periode zuzurechnen.

Ausserhalb eines grösseren Kastells, gewöhnlich wenig entfernt von dem decu-
manischen Thor, findet sich fast immer ein besonderes, feiner eingerichtetes, grösseres
oder kleineres Gebäude, das nach seiner Raumvertheilung und nach gefundenen
Inschriften als Badgebäude angesehen werden
muss. Conrady hat es nicht ohne eine gewisse
Berechtigung mit unseren modernen Offiziers-Casinos
verglichen. Die Untersuchung dieser Gebäude wie
die der Kastelle selbst hat eine grosse Anzahl von
Fundstücken aller Art, von Bild- und Inschrift-
steinen, von Stempeln auf Ziegeln mit Angaben der
Truppentheile (s. Fig. 3), von Waffen, Geräthen
und Schmuckstücken und besonders von Thon-
gefässen und ihren Scherben ergeben, deren Formen

immer schärfere Anhaltspunkte für die genauere Bestimmung der Bauzeit der Kastelle
zu geben geeignet sind.

Endlich bildeten sich in der Nähe eines jeden Kastells durch Zuzug von Händlern,
Handwerkern, Wirthen etc. bürgerliche Niederlassungen aus, wenn nicht solche
schon vorher von der eingeborenen Bevölkerung gegründet waren; sie sind wiederholt
durch Ausgrabungen nachgewiesen worden. Auch Tempel, z. B. die Mithrasheilig-
thümer, erhoben sich in denselben; ferner werden häufig auch Grabstätten mit
Denkmalen oder doch mit Grabbeigaben in der Umgebung gefunden.

Die im bisherigen beschriebene römische Grenzbefestigungslinie ist nun aber nicht
die einzige vorhandene. Im Lauf der letzten Jahrzehnte wurde eine zweite Linie,
18—20 km weiter (westlich) rückwärts liegend, festgestellt, welche den Main bei Wörth
verlässt, um unweit des Flüsschens Mümling (daher »Mümlinglinie«) sich gegen Süden
in gerader Richtung über den Odenwald bis Neckarburken und dann längs des Neckars
über Wimpfen und Böckingen bei Heilbronn bis Cannstatt hinzuziehen. Ob sie am
Neckar (Köngen, Rottenburg) weitergeht, ist unentschieden. Wall und Graben fehlen
derselben; sie besitzt aber Wachthürme und eine Reihe stattlicher Kastelle. Die Länge
dieser Odenwald-Neckar-Linie beträgt von Wörth bis Cannstatt etwa 110 km.

Noch weiter rückwärts liegende Linien, bezeichnet durch Kastelle von Neuenheim
bei Heidelberg, Baden-Baden, und auf dem linken Rheinufer von Speyer, Selz, Strassburg,
sind früherer römischer Occupation zuzuschreiben.

Das mit den römischen Grenzbefestigungsanlagen im Zusammenhang stehende
römische Strassennetz war und ist noch immer Gegenstand der Untersuchungen
der Reichs-Limes-Kommission. Bringt man die gewiss zahlreichen, schon früher vor-
handenen Wege, welche der einheimischen Bevölkerung dienten und in römischer Zeit
weiter benutzt wurden, in Abrechnung, so bleiben römische Strassen von mili-
tärischer Bedeutung übrig, solche, welche den Grenzwall durchschnitten, um ins
 
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