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Aus'mWeerth, Ernst [Hrsg.]
Kunstdenkmäler des christlichen Mittelalters in den Rheinlanden (2. Band): Bildnerei — Leipzig: T. O. Weigel, 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.18498#0062
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ßO AACHEN.

wickelung eines solchen Kunstwerkes finden, da wo dieselbe ausgeschlossener bleibt, ein Zu-
rücktreten bemerken. Demgcrnäss waren die Aussenbauten der Ileiligthümer bei den Juden,
Phöniziern, Egyptern und Franken schlicht und arm, die Innenbauten derselben viel ent-
wickelter, prächtig und kostbar, während bei dem Volke der grössten Formenschönheit, den
Griechen, aus demselben Grunde der Aussenbau den Innenbau überragt, weil dem Ideale des
Innenbaues der Formenschmuck nicht genügte, sondern er jener beweglichen Decoration der
Farben und Stoffe des Goldes und der Pracht bedarf, welche die Griechen mehr als die weit
unter ihnen stehenden Völker ausschlössen. Das Ideal der Gleichmässigkeit30 künstlerischer
Gestaltung von Aussenbau und Innenbau erreichten erst die Kirchen des späteren romanischen
und die des gothischen Stils. Die Pracht der Ausschmückung seiner Pfalzcapelle muss Carl
mit grosser Neigung betrieben haben; denn Rom und Ravenna31, Trier32 und Cöln33 gaben
Marmor und Mosaiken dazu her; Werkleute aller Künste rief er aus fremden Ländern herzu.34
In der Weise der byzantinischen und italischen Kirchen waren die Kuppel, die Absis und
die Fensterwölbungen wahrscheinlich mit Darstellungen in bunter und goldener Glasmosaik
geschmückt35, die Fussböden mit figurirtem Steinmosaik.36 Die Rogenstellungen des Um-
ganges sind noch heute in der Brüstung mit den herrlichen ehernen Gittern versehen, welche
beweisen, dass in antikem Kunstgeschmack gebildete Meister sie wie die ehernen Thüren an Ort
und Stelle schufen.37 Auch ein Theil der ursprünglichen Säulen edlen Gesteines prangt
in der Weise der ersten Anlage in den Rogenöffnungen derselben Emporen.38 Und wenn
wir weiter vernehmen, dass er die Kirche beschenkte mit goldenen und silbernen Gefässen
und mit so vielen und reichen Gewändern, dass selbst die Thürsteber nicht ungeschmückt
erschienen39, und wir dazu die schönsten und kostbarsten Teppiche und Vorhänge uns ausge-
breitet denken, welche durch Handelsverbindungen der Orient herzu brachte und in Garl's Testa-

30. Der Grund der ungleichen Entwicklung von Innen- und Aussenbau der goltesdienstlichen Lokale

bei allen Völkern und deren Ausgleichung liegt natürlich im Wesen der Goltesanschauung
begründet und veränderte sich mit dieser, wie wir in einer besonderen Abhandlung ausführen
werden.

31. Einhard, Leben Carl d. Gr. c. 26. Brief Hadrians bei Bouquet, T. V. p. 581. No. 36, Miräus in

Notit. Eccles. Belg. c. 11. p. 643.

32. Gesta Trevir. I. p. 81.

33. Gelenius de sacra et civili magnitud. Col. 1642. p. 261.

34. Monach. S. Galt. I. c. 28.

35. Mertens, p. 146. Vergl. Text zu Taf. XXXII.

36. Nolten, p. 23 Noppius. p. 25.

37. Dass die ehernen Gilter und Thüren von Carl's Einrichtung herrühren, bezeugt Einhard: Leben

Carl d. Gr. c. 26, und das genaue Einpassen an die Grössenverhä'llnisse beweist, dass die
Gusswerke für die betreffenden Stellen gegossen wurden.

38. Napoleon schleppte in seinem bekannten Ausplünderungssystem diese Säulen nach Paris, woher

sie nur theilweise zurückkamen. Mertens, p. 142. Prof. Bock in s. Abhandig. in d. rhein.
Jahrb., p. 13, nimmt an, die Säulen seien nicht aus Italien gekommen und erst nach Vollen-
dung des Baues aufgerichtet worden. Nöggerath über diese Säulen in Lersch's Niederrhein.
Jahrbuch.

39. Einhard, Leben Carl d. Gr. c. 26.
 
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