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Aus'mWeerth, Ernst [Hrsg.]
Kunstdenkmäler des christlichen Mittelalters in den Rheinlanden (3. Band): Bildnerei — Leipzig: T. O. Weigel, 1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.18499#0060
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56

OBERWESEL.

Taf. LIV.
1.

Mitlelstück des gemäss eines inschriftlichen Zeugnisses3 im Jahre 1331 geweihten
Hochaltares der Frauenkirche. Derselbe ist ein Flügelaltar, welcher geschlossen auf der
Aussenseite seiner beiden Flügel zwölf in Goldgrund handwerksmässig gemalte einzelne Hei-
ligenfiguren in zwei Reihen übereinander enthält, im Innern aus stilvollem , flachem Holz-
schnitzwerk besteht. Aufgeschlagen zeigt die Mitteltafel sieben, jeder Flügel vier in
reichem vergoldeten gothischen Masswerk hergestellte Bogenstellungen, welche einerseits ho-
rizontal in zwei Etagen, andrerseits, mit Ausnahme des obern Mittelbogens wie des
schmälern letzten Bogens jedes Flügels, in zwei Nischen getheilt sind. In den obern Nischen
der Mitteltafel befinden sich in der Mitte die sitzenden Gestalten des segnenden Heilandes und
der Gottesmutter, und jederseits sechs stehende Apostel. Unten entsprechen diesen in vierzehn
Nischen, links vom Beschauer beginnend: Johannes der Täufer, die Verkündigung, die drei
Könige ; rechts vom Beschauer anfangend : Christus am Oelberg, Christi Verspottung, die Geis-
seiung, Kreuztragung, Kreuzigung, Kreuzabnahme, Grablegung und Auferstehung.4 Die Nischen
der Flügel nehmen in den obern Reihen links sieben Kirchenlehrer und Päpste, rechts
sieben heilige Frauen auf, und zeigen unten an jedem Ende zwei musicirende Engel, dann Adam,
Eva mit der Schlange , Abraham Isaak opfernd, Abraham nochmals oder vielleicht Abel auf
flachen Händen ein kleines auf dem Rücken liegendes Lamm zum Opfer haltend, Melchisedek
gekrönt zwei Brote darbringend,5 Moses mit den Gesetzestafeln und drei Profeten. Die Predelle
der innern Tafeln besteht aus kleinen Gehäusen mit vorgestelltem, durchbrochenem Masswerk
zur Aufbewahrung von Reliquien. Der ganze Altar ist vergoldet, die Figuren polycbroinirt.
Die Grösse der Mitteltafel beträgt 12', der Flügel 6' in der Länge, beider ungefähr 8' in
der Höhe. Ausgezeichnet ist dieses Werk durch die stilvolle Behandlung des reichen variiren-
den, oben durchbrochenen, unten aufgelegten Masswerkes und der charakteristisch ge-
arbeiteten Figuren.6

3. Ein rechts des Altares in der Chorwand unter Glas eingemauertes Pergament enthält die
Worte: Anno domini . MCCC Tricesimoprimo . In die . Assumpcionis . gloriose . virginis .
Marie . Istud . Sumum altare fuit consecratum. In Honore gloriosissime virginis Marie .
et Anne matris ipsius. Cum eodem Summo choro.

4. Die Figuren des auferstehenden Heilandes, der Kreuzigung, der Eva und des ersten der
drei Könige fehlen nunmehr, der Zeichner stellte an des letztern Stelle irregeleitet eine
Engelgestalt. Auch fehlt eine der 7 h. Frauen u. ist dieselbe durch eine nicht dahin
gehörende sitzende Figur ersetzt.

5. Das gleiche Vorkommen Abrahams mit dem Lamme auf den Armen, als Parallele Melchisedeks
zeigen Taf. XVII. 4. u. Taf. XXXI., wo auch die Opferung Isaaks neben an steht; als
Abel ist eine gleiche Figur auf einem Tragaltar zu Brüssel (Jahrb. XLIV. d. Ver. v.
Alterthumsfr.) bezeichnet; m. vergl. auch Taf. Uli. 2. Die ungewöhnliche Form der beiden
Brote, welche Melchisedek darbringt, entspricht den in Oberwesel üblichen „Spitzwecken."

6. Ein Compartiment des Masswerks hat Hope, an historical essay ou Architecture. 3. Edit.
1840. II. Taf. 86. 1.
 
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