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Kees, Hermann
Ägyptische Kunst — Jedermanns Bücherei: Breslau: Hirt, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.67249#0009
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VORBEMERKUNG

Die folgende kurze Skizze der ägyptischen Kunstgeschichte will
denen dienen, die sich ohne Fachkenntnis zu besitzen einen
Überblick über die Entwicklung der ägyptischen Kunst, ihre Auf-
gaben und Ziele und die Mittel, mit denen man ihnen nahezu-
kommen strebte, verschaffen wollen. Sie ist also nicht für Jünger
eines philosophierenden Ästhetentums bestimmt, das zeitlose Wert-
urteile fällt. Für sie genügen Bilderbücher. Für uns heißt es, die
ägyptische Kunst aus ihrer Zeit zu verstehen, dann tritt sie in Ver-
bindung mit dem geschichtlichen Leben des Volkes, wird bedingte
Erscheinung der Zeitkultur, wir erkennen die Art der Probleme,
die dem Künstler gestellt waren, die Bedingungen, unter denen er
schuf, ohne daß uns solches Wissen den reinen Genuß an ewigen
Kunstwerken zu schmälern braucht. Aber das frische bewegte Le-
ben redet zugleich aus den Werken, die fühlende Menschen schufen,
nicht klügelnde Theoretiker.
Es ist nicht unwesentlich festzustellen, wie stark gerade in Ägyp-
ten die Natur des Landes gleichartig auf den Volkscharakter und die
Kunstrichtung einwirkt, wie das Land, das allezeit Blüte nur unter
der Zentralgewalt eines starken Königtums erlebte, überall zur
Typisierung neigt, zur festen Ausprägung gewonnener Begriffe und
Erfahrungen. Das einigende Band des Nils läßt Fortschritte schnell
Gemeingut werden. Es war kein Boden für Ausbildung von Son-
derschulen mit reichem Eigenleben, wie etwa Deutschland, dafür
ist die Bedeutung der geistigen und politischen Führung der Re-
sidenz umso entscheidender. Auch die Beschränkung der Aufgaben
der bildenden Künste ist für ihr Verständnis wichtig. Da das
Königtum, die Verkörperung des Staatsgedankens, allezeit der
erste Auftraggeber war, ist die große Kunst wesentlich Zweck-
kunst geblieben, der Vornehme folgt ihm darin. Viele Aufgaben
scheiden damit von selbst aus, die große Masse aller Bildwerke
stammt aus Tempeln und Gräbern. Auch die strengen orienta-
lischen Anstandsregeln, die das öffentliche Auftreten des göttlichen
 
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