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Rubens, Peter Paul; Kehrer, Hugo [Bearb.]
Peter Paul Rubens: mit 80 Abbildungen, Briefen des Künstlers und seiner Schrift "Über die Nachahmung antiker Statuen" — München: Huo Schmidt Verlag, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.63502#0095
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Rubens' Schrift:
„Über die Nachahmung (antiker) Statuen')"
Dem einen ist sie äußerst nützlich, dem anderen schädlich
bis zur Vernichtung der Kunst. Ich komme zu dem
Schluß, daß zu ihrer höchsten Vollendung notwendig
ist, sie zu kennen und sie in sich aufzusaugen. Allein
man muß mit Artcil von ihnen Gebrauch machen, und
überhaupt muß man diesseits des Steines bleiben (vom
Stein absehen). Denn viel unerfahrene und selbst er-
fahrene Künstler unterscheiden nicht den Stoff von der
Form, den Stein von der Figur, noch den Zwang, den
der Marmor ausübt, vou dem Kunstwerk selbst. Das
aber ist erster Grundsatz, daß die besten Statuen sehr
nützlich wie die geringwertigen unnütz, ja sogar schädlich
sind; denn die „Rekruten" meinen, es weit gebracht zu
haben, wenn sie aus den Statuen etwas Grobes, Be-
grenztes und schwer Lösbares und schwierige Probleme
der Anatomie herausziehen. Allein es geschieht zur
Verunglimpfung der Natur, wenn sie anstatt Fleisch
nur Marmor mit ihren Farben darstellcn. Vieles Zu-
fällige muß jedoch der Maler einerseits berücksichtigen,
andererseits meiden, selbst den besten Statuen gegenüber,
wofür der Künstler nicht verantwortlich zu machen ist,
vor allen Dingen handelt es sich um den Unterschied iir
den Schatten; denn das Fleisch unter der Laut und
der Knorpel lindern durch ihre Durchsichtigkeit viele von
den Schroffheiten der Schwärze und des Schattens, die
an den Statuen sind, welche der unerbittlich hinderliche
Stein durch seine Dichte verdoppelt. Füge nun noch

st Ich übersetze nach dem lateinischen Artext; vgl. Mr.
de Piles „Lours cke keinture par principes". Paris 1708,
S. 139-147.

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