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Keller, Harald [Hrsg.]
Der Engelspfeiler im Straßburger Münster — Der Kunstbrief, Band 10: Berlin: Verlag Gebr. Mann, 1947

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https://doi.org/10.11588/diglit.61248#0050
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bau entstanden sein, dessen geplante turmartige Bekrö-
nung über der Mitte nicht ausgeführt wurde. Zum Glück
für die Wirkung des Ganzen haben dann noch zwei
Meister von hohem Rang ihr Bestes an die Vollendung
der Münsterfassade gewendet, rücksichtslos Erwins Ab-
sichten verlassend, an Kühnheit der Planung aber kaum
hinter ihm zurückstehend: seit 1399 führt Ulrich von
Ensingen, der Ulmer Dombaumeister, asymmetrisch den
Turm der Nordseite steil aufwärts, und 1439 vollendet
der Kölner Johann Hültz die wiederum einer ganz ande-
ren künstlerischen Formphantasie entstammende, höchst
originelle bekrönende Treppenpyramide.
Die Katharinenkapelle vor dem Ostende des südlichen
Seitenschiffs ist 1331—1349 entstanden, ihr Gegenstück,
die Martinskapelle am Nordschiff, erst 1520. Die dritte
Kapelle, dem heiligen Laurentius geweiht — „ein letzter
Schritt auf dem Wege der Gotik zur Entmaterialisierung,
zur Entschwerung des Steins“ —, ist 1495—1509 zwischen
den Eckstreben des nördlichen Querhausflügels von Jakob
von Landshut eingebaut.
GOETHES MÜNSTERBESTEIGUNG AM 13. JULI 1775
Der berühmte Hymnus „Von deutscher Baukunst“, den Manen Erwin
von Steinbachs gewidmet, war 1773 als selbständige Broschüre er-
schienen. Zweimal hat Goethe das Straßburger Münster wieder-
gesehen, im Mai und im Juli 1775. Während er auf den Gefährten,
den Dichter Lenz, warten muß, schreibt er auf der Plattform des
Münsters die „Dritte Wallfahrt nach Erwins Grabe im Juli 1775“.
Vorbereitung

Wieder an deinem Grabe und dem Denkmal des ewigen
Lebens in dir über deinem Grabe, heiliger Erwin! fühle
ich, Gott sey Dank, daß ich bin wie ich war, noch immer
so kräftig gerührt von dem Grosen, und o Wonne, noch
einziger, ausschließender gerührt von dem Wahren, als
ehemals, da ich oft aus kindlicher Ergebenheit das zu

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