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Keller, Erwin; Ziegelmayer, Gerfried; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Mitarb.]
Das spätrömische Gräberfeld von Neuburg an der Donau — Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Band 40: Kallmünz/​Opf.: Lassleben, 1979

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https://doi.org/10.11588/diglit.70705#0075
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DIE SPÄTRÖMISCHE BEFESTIGUNG AUF DEM STADTBERG

Der aus Weißjura aufgebaute Stadtberg, auf dessen
Gipfelfläche der alte Kern Neuburgs liegt, überragt
den Wasserspiegel der seinen Nordfuß begleitenden
Donau um 20—25 m (Taf. 1 a, 4; 17; Abb. 6 a).
Mit den im Norden und Süden steilen, in den Ge-
genrichtungen etwas flacher einfallenden Seiten bot
er dem vor- und frühgeschichtlichen Festungsbau
ideales Terrain, dessen strategische Vorzüge auch in
spätrömischer Zeit genutzt wurden. Die Garnison
des 4. Jahrhunderts, deren Name nicht bekannt ist,
und der ihr angeschlossene vicus nahmen, soweit
man das heute beurteilen kann, nur die Westspitze
des Berges bis etwa in Höhe von St. Peter ein (Abb.
6 a), so daß die siedlungsmäßig genutzte Fläche
rund 0,8 ha groß gewesen sein dürfte.
Wenngleich noch kaum sichere Spuren des Stütz-
punktes nachgewiesen sind und auch Grab- und Vo-
tivsteine, die vermutlich aus dem mittelrömischen
vicus bei der Jacob Balde-Schule (Taf. 1 a, 18) in
die spätrömische Kastell- und von dort in die mit-
telalterlicher Stadtmauer gelangten 367, keine unan-
fechtbaren Indizien für die Existenz eines spätrömi-
schen Militärpostens darstellen, so gibt es doch un-
ter den Kleinfunden bereits Stücke, die unabhängig
von den Befunden im Seminargartengräberfeld auf
die Anwesenheit von Truppen auf dieser Höhe hin-
weisen.
Am Anfang der noch recht kurzen Reihe spätrömi-
scher Kleinaltertümer und Baureste steht eine schon
1820 beim Graben eines Brunnens im Vorderen
Pfarrgarten südlich von St. Peter (Abb. 6 a, 6) zu-
tage gekommene Zwiebelknopffibel aus Bronze
(Taf. 12, 2), die wegen ihres fragmentarischen Er-
haltungszustandes nur allgemein in die erste Hälfte
des 4. Jahrhunderts gesetzt werden kann 358. Seit
etwa 1821 ist die Sigillataschale mit Rädchenver-

zierung (Taf. 12, 6) bekannt, die sich am „Nacht-
berg" unterhalb von St. Peter im Nordhang des
Stadtberges fand (Abb. 6 a, 2) 359. Ebenfalls vom
„Nachtberg" stammt ein 1960 gefundener Follis
Constantins I. für Diocletian aus den Jahren 306/
308 (Abb. 6 a, 1) 36°. 1963 deckte M. Eckstein im
Rahmen von Notbergungen westlich von St. Peter
am nördlichen Plateaurand ein 2 m starkes Mauer-
fundament auf, das aus stratigraphischen Gründen
in die spätrömische Zeit gehören dürfte (Abb. 6 a,
3) 361. 1967 (Abb. 6 a, 8), 1968 (Abb. 6 a, 9), 1973
(Abb. 6 a, 7) und zuletzt 1974 (Abb. 6 a, 5) un-
ternahm W. Sage zwischen St. Peter und der süd-
lichen Hangkante des Stadtberges sondierende
Schürfungen in vier kleinen Arealen, aus welchen
die Fundauswahl Taf. 12, 1.3—5 stammt 362. Die
bronzene Zwiebelknopffibel (Taf. 12, 1) aus dem
1967 östlich der ehemaligen Münze vor dem süd-
lichen Abbruch des Stadtberges angelegten Schnitt
(Abb. 6 a, 8), der auch eine 346/350 geprägte
Maiorina des Constans erbrachte, bezeichnet eine
aus meinen Typen 3 und 4 gebildete Zwischenform,
die somit in die Mitte und beginnende zweite Hälfte
des 4. Jahrhunderts gehört "3. Der zweiten Jahr-
hunderthälfte ist die 1973 im Vorderen Pfarrgarten
südlich von St. Peter (Abb. 6 a, 7) erhobene bron-
zene Versteifungsleiste eines 9 cm breiten „Militär-
gürtels" zuzuordnen (Taf. 12, 3), während das mit
scharfkantigen linsenförmigen Schulterdellen ver-
sehene Tongefäßfragment (Taf. 12, 4) und der knö-
cherne Dreilagenkamm mit Glockengriff (Taf. 12,
5) die ebenfalls 1973 geborgen wurden, Formen des
späten 4. oder des frühen 5. Jahrhunderts darstel-
len. Schließlich konnte M. Eckstein 1974 in der
Amalienstraße vor St. Peter im Profil eines Kana-
lisationsgrabens die Verfüllung eines spätrömischen

357) NKbl. 109, 1955, 58.

358) NKbl. 1821, 111. Nach dem Längenverhältnis von Bügel und Fuß kann es sich sowohl um meinen Typ 1 als
auch um meinen Typ 2 handeln. Vgl. Keller 1971, 34 Abb. 11, 1—3.

359) NKbl. 71/72, 1907/08, 42. W. Unverzagt, Terra sigillata mit Rädchenverzierung. Materialien z. röm.-germ.
Keramik 3 (1919) Taf. 2, 21.

360) BVbl. 25, 1960, 266.

361) BVbl. 30, 1965, 144 ff.; NKbl. 122, 1969, 36 und 62 f.

362) Für das Entgegenkommen, diese Objekte hier vorlegen zu können, bin ich W. Sage zu besonderem Dank ver-
pflichtet.

363) Vgl. Keller, 1971 Abb. 11, 7.9.

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