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Kern, Otto [Hrsg.]
Die Gründungsgeschichte von Magnesia am Maiandros: eine neue Urkunde — Berlin, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.4607#0023
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auch ihr Stolz, dafs es das Gebiet von dem späteren Magnesia war, auf
welchem die Europäer zuerst asiatisches Land betreten haben. In den Mocvrij-
Ttxot des Possis wird schwerlich die Gründung von Kretinaion behandelt
worden sein, oder wenn in ihr davon die Rede war, hat der Magnet gewifs
gegen diese Ansicht polemisiert, als deren Urheber uns Hermesianax von
Kolophon gelten mag1).

Sehr viel wichtiger ist die Erwähnung der Leukophryne. Der neue
Stein berichtet nicht von ihr; leider bricht unsere Urkunde ja mit dem Orakel
ab, welches Leukippos nach dem Gebiet des Mandrolytos in die Gegend des
Berg'es Thorax und des Flusses Amanthios weist. Aber von einer Heroine
Leukophryne fehlen uns auch sonst die Nachrichten nicht. Zeno von Myndos
hat nach dem Zeugnisse des Clemens Alexandrinus (Protrept. S. 29 C Sylb., daraus
Theodoret. graec. äff. cur. VIII p. 115, 48, wo X'jxoooovyjv die Lesart der Hdss. ist
und Arnobius adv. nation. VI 6 p. 219, 1 Pfeiffersch.) überliefert, dafs sich im
Heiligtum der Artemis zu Magnesia das Grabmal der Leukophryne befinde.
Es kann nicht zweifelhaft sein, dafs diese im Heiligtum der Artemis begrabene
Jungfrau mit der Geliebten des Leukippos identisch ist, die in derselben
Weise wie manche andere Heldin der Sage ihre Vaterstadt dem Landesfeinde
verrät, und als wahrscheinlich wird es g'elten können, dafs sie dann auch den
anderen Heldinnen gleich freiwillig in den Tod geht oder ihn zur Strafe ihres
Frevels erleidet2). Jedesfalls ist Leukophryne, mag man sie sich nun als
Priesterin der Artemis oder mit E. Curtius Gesammelte Abhandlungen II S. 11
(Studien zur Geschichte der Artemis) als Nymphe3) denken, eine Hypostase
der Artemis Leukophryene genau so wie Iphigeneia die Hypostase der Artemis
Iphig'eneia ist, deren Grab sich im Tempel von Brauron befand4). Ob auch
die von den Magneten anerkannte Gründungssage ihrer Stadt von der Heroine
Leukophryne erzählte, mufs unentschieden bleiben.

Das Resultat der Vergleichung des Parthenios mit der Steinurkunde
ist also, dafs die Grundzüge der Wanderungssage in beiden Erzählungen die-
selben sind, nämlich die Beschreibung des Weges von Thessalien über Kreta
nach Kleinasien; ihr Geleiter ist der delphische Apoll. Das ist der historische
Kern der Sage, den wir dann auch bei Konon c. 29 (Westermann Mythogr.
p. 136; Hoefer Konon S. 16) wiederfinden:

ax> Mdf/Tjfze^ ol Mayv7;s-'.av zrty sv Acta vüv cixoOvTe; x6 rcporepov ~zo\ Ehjveiöv
7:oxa;j.öv y.al to IItjXoov oooz, dr/.yjo-av, y.al o-uvcaxpaxeucrav Äyatoi, xcnra Tpoia;
Tj-pu'jivcj aöxwv ripoö'öo'j, y.al sy.aÄoOviro Mayv^xss. slxa oey.äin; Mayv7JT0)v
ävay.o;x^o'i£vcov aüräv a~ö Tpola; obw^et xar' iby^ ei; AeX^oug. jastqc y_p6vov
os ävasxavxsc, tcj ltoo\) y.al y.axwvxs; eid {JaXaiTcrav s-spawöß^o-av sie, KpjTJjv.

') Über die Randbemerkungen bei Parthenios vgl. E. Rohde Griech. Roman S. 115.

2) Vgl. K. Dilthey Analecta Callimachea (Bonn 1865) p- 12.

3) Dafs aus der Notiz des Zenon die Nymphennatur der Artemis nicht unmittelbar hervorgellt,
bemerkt richtig \V. Drexler Roschers myth. Lex. II 200z.

*) Preller-Robert I< 314. An Kallisto erinnert Drexler a. a. O.
 
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