Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

DOI article:
Pecht, Friedrich: Künstlerische Weihnachtsgaben, [1]
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0107
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Aünstlerische Wcihiiachtsgabeii. Von Fr. Pecht

75

etchuicklichcn Frische dmh auSgebackcu, uicht halbfertig, wie
so vicle audere, ja cinzelue, Ivie die betende Hadunwth
vou Mar, vder Liezenmayers Hadewig, die von Ekke-
hard durch dic Klosterpforte getrageu wird, geradezu geuial.
Eine sehr wertvolle Zugabe bildet bei dieser neuen Aus-
gabe der Text, in welchem Ludwig Fulda den Charakter
Schefsels und die Stelle, die er iu unserer nativnaleu
Dichtnug eiunimmt, sehr geistvoll und treffend darlegt.
4iur der herrlicheu Gestalt der Frnu Hadwig scheint er
uns spciter uicht gauz gerecht zu werden und die tiefe
Tragik ihres Schicksals zu übersehen, das sie ihrer Um-
gebung geistig so hoch überlegen sein nnd sie selbst in ihrer

Böckliu wahre Meisterstücke genannt wcrdeu, wo der ivilde
Hnnwr uud die großartige Poesie des Malers so Vvrtrefs-
lich nachgefühlt siud, daß man meiut, er müsse sie glcich
Rembrandt selber radiert haben. Nur ein Blatt, das die
Geschichte von Hadwig und Ekkehard ins Antike über-
setzende köstliche Bild des Böcklin, vou Daphnis uud
Amaryllis, ist leider nicht völlig gelungen, da man wedcr
die schalkhafte Ruhe der Göttin, noch die Jugendeselei des
sehnsüchtigen Knaben so getroffen sieht, wie im Original.
Wertlos ist indes keiu eiuziger der Stiche, wenn auch alle
in Kartonmauier nach Schwiud, Genelli u. a. aus-
gefiihrten die frei uud malerisch behaudelten Radierungen


Illustrationsprobe aus der Prachtausgabe vou Lichendorsss „Ilus drm Trbru rinrs clluugrnichts"

Hossuung, bei Ekkehard mehr Verstündnis zu finden, ge-
tüuscht werden lüßt, da er sie ebensowenig begriff, als andere.
Diese geistige Überlegenheit der hohen Frau und ihre daraus
eutspriugende Vereinsaniung ist aber vom Dichter so deut-
lich als wuuderbar reizvoll geschildert, daß sein Werk eigent-
lich Hadwig uud uicht Ekkehard heißen müßte.
Eine der künstlerisch interessantesteu all dieser Pro-
duktionen rst unstreitig die von der Wiener Gesellschaft für
vervielfültigende Kunst in einem großen Albuni heraus-
gegebene „Zlusivahl vou Gemäldeu der Galerie Schack".
(Gesellschaft für vervielfültg. Kunst in Wien. Pr. 30 M.)
— Sind die meist aus Radieruugen W. Hechts, Kraus,
kopfs u. a. besteheudeu Stiche von verschiedenem Wert
so müsseu doch eiue Auzahl Blätter des ersteren nach

nicht erreichen. Das Ganze ist aber eine Gabe vou wahr-
haft seltener Bedeutung auch darum, weil sie unsere nwderne
Kiinst gar wohk berechtigt der alten gegenüber erweist.
Natürlich würe es unbillig, bei den nun folgendeu
Produktioneu flüchtige Jmprovisationen mit solch ausgereiften
Meisterwerken zu vergleichen, wie sie in der Galerie Schack
versammelt sind, die ihresgleichen nicht einmal in der neueu
Piuakothek sinden. So hütte man z. B. das „Vater unser"
(Leipzig, Titze, Pr. 12 M. resp. 20 M.) dieses keruigste Gebet,
welches die religiöse Poesie kennt, gerne ernsthafteren Hündeu,
alsdenen Paul Thumanns anvertraut gesehen, der graziös
und aiimutig überall, doch des wuchtigen Ernstes und der Tiefe
entbehrt, die zu dieser Aufgabe nötig sind. So ist deun das
Buch ein Vaterunser für Backfische geblieben, deren Ge-
 
Annotationen