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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Adelmann, Alfred: Des Genius Flug: Novellette
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Voss, Georg: Der letzte Cornelianer
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0441
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34k Des Genius Flug. von Alfre d Graf vo n Ad el
treues, hingebendes, pflichtstarkes Weib wollte sie sein:
nichts anderes! Das gelobte sie hier in heiligem
Schwure.
Sehnend, als vermöge sie die Erfüllung herabzu-
ziehen, streckte sie die Arme mit den gefalteten Händen
nach oben, — — da, — ein stammendes Zncken durch
die nächtliche Alpenlandschaft, ein lichter Schimmer auf
den Spitzen, Kuppen und Graten der Bergriesen, — eiu
goldiger Streifen am östlichen Himmel, — ein rosiges
Licht da und dort an den Hängen, — — plötziich ein
mattroter, duftiger Glanz, erzitternd über die Firste der
Schneeberge — und in wunderbarer, mit dem Worte
nicht darzustellender Schönheit und Herrlichkeit leuchtete
das silbern schillernde Haupt der „seit Ewigkeit ver-
schleierten" Jnngfrau durch das erbleichende, eutschwindende
Dunkel der Nacht. ....

ann — Der letzte Lornelianer. von Georg voß
Die Beteude erhob sich: — ihr war, als sei ihr
Flehen erhört.
„Dank Dir, großer Gott! Der rosige Lichtstrahl
des beginnenden Tages sei mir ein Zeichen gewährter
Hoffnung!"
So sprach das Mädchen, vom Wiederscheiu des crsten
Morgenrots anmutig umstrahlk.
Margot schritt zum Lager des Geliebtcu, beugte sich
über ihn und küßte ihn auf den Muud.
Es war eiu langer, heißer Kuß. Margot war, als
müsse sie die warme Lebenskraft, welche ihren jungen
Leib in diesem Augeublick durchströmte, dem Körper dcs
Geliebten eiuhauchen, — als müsse die große, heilige uud
doch irdischglntvolle Liebe ihres Herzens dcn Keim der
Gcnesung, der Erwcckuug zu gesundem Leben in ihn ver-
senken. —-—


C. G. Pstmnschmidt

waren mit einemmale die Schlagworte, welche in die Welt hin-
ausgerufen wurden. Die Hoheit des Gedankens und der
Adel der Komposition, welche Cornelius stets vertreteu
hatte, hatten ihre Bedeutung für dcn Künstler verloren.
Jn Berliu war Pfannschmidt fast der einzige, welcher
Cornelius treu blieb. So hat er, unbeirrt durch die an-
deren Ziele, denen die Künstlerschaft ringsum zustrebte,
Jahrzehnte hindurch im Sinne seines Meisters geschaffen.
Trotzdem ihn diese Art zu schaffen, von seinen Fach-
genossen trennte, hat er die höchste Anerkennung derselben
erworben. Seine Werke waren vou einer Kraft des Aus-
drucks und einer Schönheit der Komposition, daß auch
die Gegner seiner Anschauung sich der Bedeutung dieser
Schöpfungen nicht verschließen konnten. Die Berliner Hoch-
schule berief ihn zum Lehrer der Kornpositioiisklasse. Zm

Der letzte Cornelianer
von Georg voß
^i^it Karl Gottfried Pfanuschmidt ist der letzte künstlerische Ver-
treter jener Weltanschauung aus dem Lebeu geschieden, welcher die
schwärmerische Verehrung ihrer Anhänger deu Namcu des „dtazareuertums"
gegeben hatte. Der Enthusiasmns, welcher den Werken dieser Schnle cnt-
gegengebracht wnrde, galt nicht allein dem künstlerijcheu Streben, sondern
vor allem dem Jnhalt ihrcr Bilder. Jhre Kunst war ein Gottesdienst.
Sie begnügte sich nicht daniit, das Leben zn schmücken uud zu erfrcuen,
sondern fast alle ihre Gemälde sollten in erster Linie den Beschauer kirch-
lich erbaueu. Von allen Wänden sollten dicse Werke zum Herzen dcs
Volkes sprechen und eine neue Reiuheit dcs Volkslebeus erstchen lassen.
Ein halbes Jahrhundert hindurch ist diese Richtung bei uns in Dentsch-
land gefeiert worden wie keine andere Künstlerschnle u»d in der Kunst-
litteratur fand sie ihre beredtesten und geistvollsten Vertreter, als die
Künstler schon längst den Glauben an die Prinzipien der Nazarener ver-
loren hatten. Das Vertrauen, welches die Künstler den führeudcn Mcistern
des Nazarenertums entgcgengebracht hatten, war bereits heftig erschüttert,
als Pfannschmidt sich an Cornelius anschloß. Es war ini Jahre 1840.
Pfannschmidt war damals 21 Jahre alt. Cornelius war, nachdem nch
Müncheu von ihm abgewendet hatte, dem Rnfe Friedrich Wilhelms IV.
nach Berlin gefolgt. Dort mit den höchsten Ehren empfangen, welche die
Stadt wohl jemals einem Künstler zu teil werden ließ, mußte er es erleben,
daß er nach wenigen Jahren vergessen wurde. Die Bilder der belgischen
Maler, welche seit der Mitte der vierziger Jahre auf ihren Triumphzügen
durch Europa auch uach Bcrliu gckommen waren, hatten andere Kunst-
anschauungen verbreitet. Wahrheit des Lebens und Schönheit der Farbe
Jahre 1882 erhielt er die höchste akademische Auszcich-
nung, die große goldene Medaille, merkwürdigerweise auf
derselben Ausstellung, welche Fritz von Uhdes Bild
„Lasset die Kindlein zu mir kommen", prämiierte. Das
Werk, welches Pfannschmidt ausgestellt hatte, waren seine
großen Zeichnungen zum Vaterunser. Die Blätter zeigen
eine Kraft und Schönheit, die sie den Werken eines Cor-
nelius und Führich gleichstellen. Kurz darauf ernannte
ihu die philosophische Fakultät der Berliner Universität
zum Ehrendoktor der Theologie. Die kirchlichen Kreise
hingen an ihm mit der innigsten Verehrung und schätzten
in seinen Werken nicht allein die künstlerische Bedeutung,
sondern vor allem die Tiefe des Gedankens. Umfassende
kunstgeschichtliche Kenntnisse befähigten ihn, die Traditionen
der kirchlichen Kunst iu seinen Werken auf das Treueste
 
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