Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

DOI Artikel:
Lange, Julius Henrik: Karl Bloch: gestorben am 22. Februar 1890
DOI Artikel:
Unsre Bilder
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0307
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
23,

Karl Block, von Julius Lange — Unsre Bilder, vom Herausgeber


Dir Krruzabnahme. von Karl Bloch

seinem Verstände zur Ehre; der Glaube aber, daß cs
einem Kinde unsrer Zeit niemals vergönnt sein könnte
die Alten zu erreichen, ist eine für den ausübenden
Künstler gefährliche Weisheit, namentlich für einen Künstler
wie Bloch, der eben einen gewaltigen Schaffensdrang,
eine in diesen Tagen ungewöhnliche Fähigkeit, das Höchste
zu erreichen, besaß.
Kopenhagen, im April 1890.
Julius Lange

Unsre Bilder
Vom Herausgeber
aß Beyschlag bei seiner „Quelle" das berühmte Bild
Ingres vorgeschwebt ist, leidet wohl keinen Zweifel,
so wenig, als daß der deutsche Meister sein Vorbild in der
Feinheit der Modellierung des jungfräulichen Körpers nicht
ganz erreichte. Dafür hat er es nach jeder andern Seite,
besonders aber nach der der Komposition hin, entschieden
übertroffen, die bei Ingres ziemlich leblos und steif ist,
als wenn die holde Jungfrau aus Marmor, und nicht
aus Fleisch und Bein bestünde. Hier aber tritt sie aller-
liebst frisch und neckisch aus der Felsspalte hervor, mit
blumendurchflochtencm Haar und überall neues Leben aus
dem starren Fels hervorlockend, wo sie hintritt. Wie sie
das sich über ihr wölbende Blätterdach zurückschiebt und

neugierig schalkhaft darunter hervorblickt, das ist nicht
nur an sich reizvoll, sondern auch weit poetischer und
mehr dem Begriff der Quelle entsprechend, als bei dem
Franzosen, der sein im übrigen wunderliebliches Mädchen
sehr gesucht erst einen Krug tragen läßt, als wenn es
damals schon Töpfer gegeben hätte. Selbst der ziemlich
durchsichtige Schleier, der die untere Hälfte von Beyschlags
Figur verhüllt, paßt besser zum Begriff, da eine Quelle
nicht wie ein Brunnen gleichmäßig sichtbar ist, sondern
sich gerne versteckt. Auch das Kolorit unsres Bildes ist
dem erdigen des Ingres durch das wie Elfenbein leuch-
tende Weiß der Karnation, wie die Tiefe und Kraft in
der Färbung der Landschaft, entschieden überlegen, so daß
hier einmal eine Entlehnung zu wirklicher Verbesserung
geführt hat. — Das Leihen ist aber in der Kunst durchaus
gestattet, wenn man das Geliehene so frei benutzt wie hier.
Ganz selbständig, ja eine der schönsten Inspirationen
unsrer letzten großen Münchener Ausstellung war die
„Madonna" mit dem kleinen Heiland, die der Musik
dreier Engel zuhörcn. Das ist von Dürr jun. so an-
mutsvoll gedacht, daß die Erfindung dem Gian Bellin
selber zur Ehre gereicht hätte. Wie der kleine Christus
den seligen Tönen lauscht, die den Instrumenten der Engel
entquellen — die himmlischen Musikschulen sind offenbar
den irdischen weit voraus — wie diese Engel, selbst
halbe Kinder, so ganz bei der Sache sind und nur der
pausierende Oboenbläser mit frommem Entzücken die
Augen zur Mutter mit dem göttlichen Knaben aufschlägt,
 
Annotationen