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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Heilbut, Emil: Ein französisches Provinzial-Museum, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0159
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Lin französisches Provinzial-Nuscum. von Her in an Helfer ich


Wilderer, von !v. Lei bl

Lin französische^ Vrodmzial-
Museum

von Dermal! Delicrich

(Fortsetzung.) ^ ^ ^ ^

ie Kunst, deren Vertreter jetzt in einem
reiferen Alter stehen, hat einige ihrer
besten Werke hier. Ich nenne eine Land-
schaft von Harpignies, 1866 gemalt, die un-
endlich besser ist, als die etwas steifen und
zu harten Landschaften, mit denen er uns
später vertrant gemacht hat, und die doch
mit ihrer wohlabgewogenen Komposition noch
immer einen Rang über den mittelmäßigen
behaupten. Die Landschaft von 1866, der
„Vesuv", ist weit besser als das Bild, das
Harpignies im Luxembourg vertritt. Es zeigt
den ersten Plan von Bäumen beschattet und
einen jungen Burschen, am Rande eines
Weges sitzend, über den zwei Frauen schrei-
ten, im zweiten Plan sieht man eine Gruppe
von Häusern mit Terrassen und einigen Per-
sonen, in der Ferne das azurne Blau des
Golfs von Neapel, entzückenden der farbigen
Einfassung des Grüns des Vordergrundes,
welches auch den Vesuv, der über dem
Wasser auftaucht, in der schönsten Weise ein-
rahmt. Dann eine vorzügliche Skizze von.

Bonnat, den Vicomte de Tauzia, vomLouvre-
mnsenm, darstellend: mehr als sonst in den
Porträts weich und vermittelt, und selbst
der Hintergrund tritt nicht einer dunklen Wand
gleich dicht an den Dargestellten heran, son-
dern entfernt sich von ihm, so wie es recht ist.

Ich weiß nicht, ob die Kunst des Eugene Carriöre
schon in Deutschland bekannter geworden ist. Dieser
Maler hat das Prinzip, das Wesentliche zu zeigen, das
Unwesentliche zu verhüllen, zur Manier erhoben; ans
seinen Genrescenen, wenn z. B. im morgendlichen Kinder-
zimmer die Sonne durch die Gardinen dringt und die
Mutter das Kind ans dem Schooß hat, sieht man in
solchem Fall nicht so sehr den Tisch, an dem die Mutter
sitzt und den Lehnstuhl und die Figur und das Fenster,
als man den Lichtstrahl wahrnimmt und das Lächeln der
Mutter; und das Angenehme dieser Stunde wird, ich
weiß nicht wie, zart und intim, empfunden, während das
Körperliche entschieden zu kurz kommt und man nicht den
Eindruck gewinnt, für immer durch diesen Maler gefesselt
zu werden, der übrigens auch etwas monoton ist. Von
einem seiner Nachahmer, Tournss, sieht man hier ein
gutes Beispiel der Richtung: lebensgroß ein Modell-
mädchen, das im Hintergrund eines Ateliers sich zur
Sitzung zurecht macht; man empfindet diesen Atelierwinkel
im Bilde, wie man ihn vor der Natur selbst empfinden
würde, obgleich nichts von dem Winkel veranschaulicht ist
als das Licht ans dem durch eine Gardine verhüllten,
vom Maler nicht benutzten kleinen Seitenfenster, wie es
das Mädchen in ungewissen Halbtönen trifft und an dem
Stuhle vorbeistreift, auf dem ihre Sachen liegen. Ein
Meisterwerk ist die kleine Reiterstatnette von dem Bildhauer
ersten Ranges, Barye; gut ist ein Troyon mit weißen

Ochsen. Cogniet's Tintoretto, der seine Tochter malt
(Tintorctto würde nie Cogniet gemalt haben) stimmt
in der nächtlichen Beleuchtung auffällig mit Gallait's Bild
in der Berliner Nationalgalerie überein: die letzten
Stunden der Grafen Horn und Egmont.

An dem kleinen Bilde von Baudry, die Toilette der
Venns genannt, ist die Zeit nicht ohne Kritik vorüber-
gegangen; während Venns und besonders der kleine Amor
noch gefallen, erscheint die Landschaft, ersch int der un-
mögliche Himmel und der Baumschlag und erscheinen
die Tauben schon antiquiert und mit dem Hauch von
Dekorationen des zweiten Kaiserreichs muten diese Teile
an, während der kleine Amor von zwar raffinierter und
verderbert, aber ganz enorm gesteigerter feiner Grazie
des Formen- und Farbensinns Kunde giebt. Baudrys
Zeitgenosse Görome ist mit einem Werke von geringerer
Bedeutung vertreten, Ziem und der jüngere Benjamin
Constant beide gut. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß
auch von unserm Andreas Achenbach ein Bild, eine
Marine, die nicht zu Achenbachs besten Schönfungen ge-
hört, auch, wie es scheint, gelitten hat, von seiten der
Stadt 1855 angekauft und dem Museum von Bordeaux
einverleibt worden ist. Und von Interesse siäd mehrere
Bilder von Roll, unter ihnen ein Selbstporträt, wie ich
vermute, von der bei diesem Maler großen Energie und
vollem Streben nach Wahrheit, etwas blechern und müh-
sam durch diesen Aufwand von Arbeit geworden.

(Der Schluß im nächsten Hefte.)

Die Aunst für Alle VII.

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