Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

DOI Artikel:
Born, Karl L.: Die schweizerische Kunst auf der Landesausstellung in Genf
DOI Artikel:
Boy-Ed, Ida: Erdrückt, [3]: eine Malergeschichte
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0453
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die schweizerische Kunst auf der Landesausstellung in Genf, von Karl L. vorn.

357

und Gos. Was die beiden ersteren an technischer Geschick-
lichkeit leisten, zeigt außer ihren Bildern das im Verein mit
Burnand hergestellte Panorama der Jungfraugruppe,
welches ein Triumph moderner Gebirgsmalerei genannt
werden darf. Gos wird in besonders kräftigen Farben dem
Matterhorn gerecht. Weniger genial, aber immerhin gut sind
die Hochalpenbilder von Lugardon und A. de Beau-
mont, während Jeanmaire in gediegener, wenn auch
etwas Photographenhafter Weise den Jura verherrlicht.
Burnand ist ein Meister von erstaunlichem Können
und überall zu Hause; seine Porträte, seine Landschaften,
besonders aber seine Tierbilder zeigen alle die gleiche
technische Meisterschaft und Kraft der Darstellungsweise.
Als Historienmaler hat er sich in dem großen Bilde
„Flucht Karls des Kühnen" versucht. Der einst so be-
rühmte Koller kann leider infolge seines hohen Alters
kaum mehr konkurrieren. — Das Gebiet der Genre-
malerei zeigt fast mehr bekannte Namen als gute Werke.
Da sind Ankers köstliches Bild: „Kinderhort", auf
welchem sich zwei Dutzend Kinder von vorzüglicher Charak-
teristik befinden, die Pfahlbauszene von Aerni, farben-
kräftige Bilder aus den Lagunen von de Pury, bäue-
rische und andere Szenen von Grob, Gehri, Leuen-
berger, Bachmann, Vautier, Vigier, Tobler,
Stirnimann, und wie sie alle heißen. Das Bedeutendste
hat hierin wohl Wieland mit seinem „Feldherrn Tod"
geleistet, einem Bild von großer Stimmung. Gute,
wenn auch nicht hervorragende Bilder dieser Gattung
sind da von Leon Gaud, Renevier, Rouge, Girard et,
Ravel; an Wahrheit des Kolorits und Noblesse der
Technik behauptet auch hier Louise Breslau ihre
dominierende Stellung. Frl. Clara von Rappard
erweist sich künstlerisch als ebenso bedeutend wie technisch
frei, Ottilie von Röderstein ist ungenügend ver-
treten. Das Porträtsach zeigt mehrere schöne Leistungen,
so von Ed. Berta, B al m e r - Basel, Beur-
mann, Stockmann, Benziger, Meng-Trimmis
und andern; viele der genannten sind zudem mit Pastellen
vertreten, zu denen Vollenweider, Darier, Sophie
Bovet neben anderen Beiträge geliefert haben. Im
Aquarell wären die gewohnten Namen aufzuzählen, nicht
unerwähnt sollen die vortrefflichen Stilleben Schiders

Line sorgfältige Arbeit, von Mar Kahn.

Jahres-Ausstellung is896 der Aünftlergenossenschaft zu München.

in Basel bleiben. Ferner wären zu nennen flotte Zeich-
nungen von Fritz Burger, hervorragende Radierungen
von A. Welti, von Anner, Piguet, Meyer-Basel,
vorzügliche Holzschnitte von H. Baur, und vor allem
die Handzeichnungen Paul Roberts zu seinen Wand-
gemälden, Arbeiten, die von höchster Meisterschaft zeugen.
In der Gruppe Skulptur endlich finden sich alle bessern
Schweizer Namen, aber leider mit nichts Neuem vertreten,
was Kißling, Lanz, Leu, Reymond, Landry u. a.
geschickt haben, ist meist bekannt. Sehr schön ist Chiat-
tones Grabfigur, allerdings etwas malerisch aufgefaßt,
aber doch originell wirkend.

Erdrückt.

Line Nalergeschichte.

(Schluß aus dem

Sein Atelier blieb seinen Bekannten verschlossen.
Die erzählten sich abends beim Wein, daß Hans nun
ein großes Werk eigenster Konzeption vorhabe. Der
Bayer war etwas zweifelhaft und wußte zu erzählen,
daß die Mutter der bekannten Luigia Hans ganz in
der Macht habe, daß die Frauen seine Börse verwalteten
und sich's wohl sein ließen, daß der Onkel von daheim
reichlich Geld schicke und wie er — der Bayer — von
Münchner Verwandten höre, schon herumprahle mit dem
großen Bild, das Hans bald zur Ausstellung schicken
werde.

Ein anderer Kollege hatte Hans einmal abends
in einem Cafe chantant gesehen. Er habe zum Er-
barmen überanstrengt ausgesehen, die Luigia am Arm
gehabt und kein Auge von ihr verwandt. Und die

von llda Boy-Ed.
vorigen Hefte.)

Luigia habe ein goldenes Armband mit funkelnden
Steinen getragen.

Im Atelier aber entstand auf einer großen, breiten
und mäßig hohen Leinwand ein farbenschönes Bild;
auf goldbraunen Samtkissen lag ein nacktes, wunder-
volles Weib, dessen blaßbräunlicher Hautton beinahe
raffiniert zu dem tiefen Braun des Samtes stimmte.
Das Weib hatte die Arme unter dem Kopf verschränkt
und die brennenden Augen waren wie in leiser Müdig-
keit halb geschlossen. Die herrlichen Beine lagen neben-
einander und das gewagte Unternehmen, so gleiche
gerade Linien zu zeichnen, war völlig geglückt — in
Ruhe und Trägheit schienen die Glieder gelöst. Der
obere Raum des Bildes war von blühendem Glycinien-
gerank erfüllt; die blaßlila Blumen, das matte Grün
 
Annotationen