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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Ausstellungen und Sammlungen - Personal- u. Atelier-Nachrichten - Denkmäler - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur u. vervielf. Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0205
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Ausstellungen und Sammlungen.

„Secessionen" wiederum auf diejenigen zurück, von denen sie
sich trennten — der Kunst unserer Zeit kommt dies doppelt zu
gute. Der Secessionismus ist nicht das eigentliche Ziel des Karls-
ruher Künstlerbundes, aber die Treue gegen sich selbst, welche
die Mitglieder in ihren Werken niederlegen, macht ihre künst-
lerische Stärke aus. Dafür sind wir ihnen zu Dank verpflichtet.
Die ernste Ueberzeugungskraft ihrer Kunst hat das Publikum auch
hier empfinden und anerkennen müssen, so daß die Karlsruher mit
ihrem Erfolg zufrieden sein können. Ohne auf Einzelheiten ein-
zugehen, seien die Namen derjenigen kurz erwähnt, die zu den
Stützen der Ausstellung gehören, ohne indessen aus dem durchweg
künstlerischen Niveau besonders herauszutreten. Voran Graf v.
Kalckreuth mit seinen Lithographien, Plakaten und Radierungen;
ihm reihten sich Schönleber, Hans v. Volkmann, der vor-
erwähnte E. R. We'.ijß, Wilhelm Wulff, Franz Hein, Otto

Aartoffelschälerin. B. Alb ach (Amsterdam) phot.

Fikentscher, Fr. Hoch, W. Conz, Heinrich Heyne, Carlos
Grethe (mit Aguarellstudien von seinen Seereisen), Carl Hoff,
Gustav Kampmann (mit Kohlenzeichnungen), Pötzelberger
und Fr. Kallmorgen an. Alles hat seine persönliche Note iu
dieser Vereinigung, während der einheitliche Gesamttvn gewahrt
bleibt. l787ii

Königsberg. Im Januar d. I. brachten uns die
hiesigen Kunsthandlungen an ausgestellten Kunstwerken manches
Beachtenswerte. Bei Teichert sahen wir nach langer Zeit einmal
wieder etwas von unserem in München lebenden Landsmanne
Max Rentel. Er brachte uns mehrere Bilder kleinen und
kleinsten Formates. Da ist zuerst „In Erwartung der Boote".
Ein Fischer und dessen Frau lagern am Strande und schauen,
nach der See hinaus, nach ihren Angehörigen und Berussgenossen,
ob dieselben noch nicht bald glücklich und mit reichem Fange
heimkehren. Ein anderes Bildchen heißt: „Schmeichelkätzchen".
Ein kleines Mädchen möchte die Großmutter gern überreden,
endlich die schweren Leseübungen einzustellcn. Ferner zwei
Studienköpfe „Der Raucher" und „Lesendes Mütterchen". Alle
diese Bilder zeigen eine scharfe Beobachtung des Charakteristischen,
vor allem in den Köpfen. In dem Fischerbild dokumentiert sich
ein feines Gesühl für landschaftliche Stimmung. Im ganzen ist
Rentel nach diesen Bildern ein tüchtiger, fleißiger Kleinmeister,

welcher Zeichnung und Technik voll beherrscht. In derselben
Kunsthandlung sahen wir noch zwei Pferdebilder von Alice
Gassner, einer begabten Pferdemalerin, welche aber in der
Behandlung, wahrscheinlich um modern sein zu wollen, des
Flotten etwas zu viel thut. Besonders macht das Landschaftliche
einen etwas wüsten Eindruck. Bei Hübner L Matz fanden wir
ein männliches Pastellporträt von R. Mauer, des Inspektors
unserer Kunstakademie, ausgestellt, der neben den Pflichten seines
Amtes noch die Zeit findet, seine Studien fortzusetzen. Der
Künstler hat sich schon seit längerer Zeit außer dem Schwarz-
Weiß der Kreidezeichnung und der vervielfältigenden Kunst mit
Stichel und Nadel, der farbigen Wiedergabe der Natur zu-
gewendet. Das neueste, zugleich das größte Bild Mauers in
Pastell weist ein technisches Können und eine koloristische Kraft
auf, die sehr bemerkenswert ist. Auch befinden sich in derselben
Kunsthandlung noch eine größere Anzahl landschaftlicher Oel-
studien kleinsten Formates des Königsbergers M. Gscheidel
in Berlin. Kleine Augenblicksaufnahmen von allerlei Gegenden,
die den Maler in dieser oder jener Weise interessierten, daß er
sie im Bilde festhalten zu müssen glaubte. Sie fesseln den Be-
schauer durch ihre Mannigfaltigkeit und flotten Vortrag. 17875)

* Dresden. Dem Albertinum welches von jeher
unter der gegenwärtigen Leitung der modernen Plastik große
Aufmerksamkeit gewidmet hat und das wohl die umfänglichste
Sammlung von Originalen und Abgüssen moderner Bild-
werke besitzt, sind neuerdings wieder einige derartige Bildwerke
zugegangen. Die Tiedge-Sliftung in Dresden hat auf der ver-
flossenen Internationalen Kunstausstellung das Brunnenrelief
Arthur Bolkmanns aus bemaltem Marmor, darstellend eine
Amazone neben ihrem Pferd, angekauft und der genannten Samm-
lung zum Geschenk gemacht. Ebenso hat der Schatzmeister der
gedachten Ausstellung, Bankier Viktor Hahn, die Bronze „Nach
dem Ball" von Paolo Troubetzkoy in Mailand geschenkt. —
Die kgl. Gemäldegalerie hat ein Gemälde von Sir Henry
Raeburn (1756—1823), einem der großen englischen Bildnis-
maler des letzten Viertels des vorigen Jahrhunderts, in Halb-
sigur einen englischen Bischof darstellend, angekauft. 17864)
vr. li. Berlin. Als noch die akademische Böcklin-Ausstel-
lung währte, hatte Franz Stuck zur Besichtigung seiner Bilder
bei Schulte eingeladen. Wenn er von der Gleichzeitigkeit wußte,
wird man das gewollte Nebeneinander für eine mutige That oder,
wie man hierorts gerne, und gewöhnlich unpassend, sagt, für
schneidig halten müssen und man mag daraus erkennen, wie
hoch Stuck die eigene Kunst bewertete. Die Hiesigen, die den
Zeitungen die neuesten Kunstnachrichten zutragen und sie aller-
neuest auch gern mit hämischen Spitzen versehen, leugnen frisch-
weg die Vergleichsmöglichkeit der Stuckschen Kunst mit der
Böcklinschen. Nicht bloß äußerlich verbunden, meine ich, geht
Stuck hinter Böcklin her. Böcklin allein hat Stuck befruchtet
und ohne ihn ist er gar nicht zu denken. Die Kunsterscheinungen
mechanisch zu erklären, ist gewiß nicht meine Neigung. Aber ich
vermag mich da nicht billiger Erkenntnis zu verschließen, wo sie
so flach am Tage liegt und aus dem Grunde zuletzt nicht, um
Trivialitäten zu vermeiden. Manchmal ist es nützlich, Triviales
zu sagen und bei Stuck kommt's von selbst. Denn er hat uns,
wenigstens immer, wenn er nicht posierte, Triviales gesagt. Er
konnte anfangs imponieren, als er um das Jahr SO herum
zum erstenmale in Berlin bei Schulte ausstellte. Die damals ihn
lobten, sprechen jetzt wieder von Entwicklung, die anders als berechnet
verlaufen sei. Ich meine, Stuck ist sich in den wenigen Jahren
leidlich gleich geblieben und den Irrtum in der Schätzung gestehe ich
gern ein und empfinde ihn nicht einmal als große Blamage. Das
Positive seiner Bilder lockte uns damals zu begeisterter Preisung
und das, was wir für naturwüchsig und frisch hielten. Wir
waren an feine und feinste Regungen des Empfindens gewöhnt, au
geistreiches Spiel und Tändeln. Da kam uns der robuste Stuck
als gesunder Gegenpart vor, als Kraftmensch mit derben Fäusten,
die zuzupacken verstehen. Viel davon mag heute noch gelten.
Jetzt aber erkenne ich doch, daß die Stucksche Kunst duftlos ist
und verletzend ungedanklich. An das Dämonische in seinen Bildern
glaube ich nicht, ich muß es für Pose halten. Es bleibt brutale
und ungezügelte Sinnlichkeit, oft bis zum Unflätigen. Schwüle
Brunst und immer bereiter Paarungstrieb. Mit einem Centauren
hat Muther Stuck verglichen und neulich las ich wieder ihn so
nennen. Ich vermag's für keinen glücklichen Vergleich zu halten,
und zu mir spricht aus den Bildern kein solch unheimliches
Fabeltier, sondern ein derb zutappender Mann von offenem und
unersättlichem Begehrt», eine ganz plane und ohne weiteres ver-
ständliche Natur, die von den komplizierten Modernen weitab
 
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