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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Relling, J.: Berliner Brief
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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Kunstlitteratur und vervielf. Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0045

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Berliner Brief. — Personal- und Atelier-Nachrichten.

plastische Schmuck, der den Brücken gegeben wird. Die
vier Gelehrten Helmholtz, Siemens, Gauß und Röntgen
sollen in großen, sitzenden Bronzefiguren an den vier
äußeren Enden der Brücke gezeigt werden. Zwei sind
bis jetzt ausgestellt: Helmholtz und Siemens. Daß die
künstlerisch unlösbare Aufgabe, den Physiker und Elektro-
techniker im Standbild bei der Arbeit darzustellen, natür-
lich nicht geglückt ist, trifft nicht den Bildhauer, sondern
den Auftraggeber. Aber auch das bloß Formale, die
Porträtfiguren, sind so erbärmlich. Es giebt noch genug
Leute, die sich an Werners von Siemens vornehme Er-
scheinung erinnern. Und nun sehen sie ihn hier als dürf-
tiges Männchen, in alte Kleider gesteckt, bei einer undeut-
lichen Beschäftigung an der Potsdamer Brücke sitzen. Gerade
die Brücke wurde so schimpfiert, über die jeden Morgen
die Geheimräte und die Kommerzienräte in die Stadt eilen.

Wer von ihnen den Umweg nicht scheut und ein-
mal durch den Tiergarten zur innern Stadt geht, den
mag wohl einmal, wenn er in der Siegesallee die neuen
Markgrafen erblickt, die Vergleichung zwischen höfischer
und städtischer Kunst nicht müßig erscheinen. Diese
neuen Standbilder des Tiergartens sind auf direkte An-
regung des Monarchen entstanden. Die Aufgabe, einen
Markgrafen, Kurfürsten oder König mit Männern seiner
Zeit im Standbild darzustellen und zu einer einheitlichen
Dekoration zusammenzuschließen, ist durchaus künstlerisch
und den Aufgaben verwandt, die in der letzten Zeit der




Denkmalkunst gestellt worden sind. Man sollte meinen,
daß gerade die verlangte dekorative Wirkung die Auf-
gabe erleichtert hätte. Daß bisher keinem die Sache recht
geglückt ist, fällt hier nur den Künstlern zur Last. Der
Auftrag ist künstlerisch lösbar. Die krittlichen Berliner
sind freilich unzufrieden, mit dem stets bereiten Witz
nennen sie es die neue Markgrafenstraße und der zweifel-
los höfische Ursprung dieser Kunstwerke wird ihnen, den
Unentwegten der Bezirksvereine, die Markgrafenbilder
verdächtigen. Die so denken, soll man auf die neue
Potsdamer Brücke verweisen. Als für diese der plastische
Schmuck bestimmt und die ausführenden Künstler gewählt
wurden, waren die liberalen Stadtväterchen ganz unter
sich und höfischem Einfluß gewiß fern. Und ein so herr-
liches Werk ist dann auch entstanden. Ob an städtischer
Kunst einmal etwas Besseres bereitet wird? Ich zweifle.
Bismarcks Büschchen citiert in einem nützlichen neuen
Buch Goethes Meinung: „Es ist nie daran zu denken,
daß die Vernunft populär werde". Rclling.

« . * Berlin. Der Direktor der Königlichen akademischen
Hochschule für die bildenden Künste, Direktor Professor Anton
von Werner, ist auf weitere fünf Jahre zur Führung des
Direktorats berufen werden. Der Meister steht damit in steter
Reihenfolge nahezu 25 Jahre an der Spitze dieser akademischen
Lehranstalt. l^U

D. Budapest. Nachdem sich im Lause der letzteren Jahre
die Räumlichkeiten der unter der Leitung Julius Benczurs
stehenden Meisterschule als unzulänglich erwiesen haben, hat der
Kultusminister Julius Wlassits angeordnet, daß dieselben zweck-
mäßig umgeändert werden. Sämtliche Ateliers werden vergrößert
und erhalten Oberlicht. Für den Umbau, welcher dieser Tage
begonnen wurde, sind 45650 M. angewiesen worden. l«4vüt
 
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